Von Tim Kegel
Sinsheim. Das Gerüst steht seit Juli. Äußerlich getan hat sich seither nichts. Nun verdichten sich Hinweise, dass es um das sogenannte "Einsturz-Haus" in der Hauptstraße schlimmer steht als lange angenommen. Auch ein Abriss der Immobilie scheint mittlerweile denkbar.
Das zwischenzeitlich montierte Gerüst, sagte Oberbürgermeister Jörg Albrecht jetzt auf Nachfrage, sei "eine Vorstufe der Sicherung" des jetzt noch stehenden Gebäudes Nummer 82 gewesen. Inzwischen seien genauere Untersuchungen des Hauses erfolgt, dessen Einsturzgefahr im Zuge von Abbrucharbeiten auf dem Nachbargrundstück vor knapp zwei Jahren festgestellt wurde. Das bei neuerlichen Tests vorgefundene Schadensbild deute jetzt allerdings darauf hin, "dass eventuell auch ein Abbruch erfolgen könnte", bleibt Albrecht vage.
In der öffentlichen Wahrnehmung ist die Situation unverändert, der Zustand untragbar und nicht auf Dauer hinnehmbar. Mehrfach mahnten Stadträte die Situation auf den beiden Grundstücken 82 und 84 an. Nach wie vor kann der Gehweg vor den beiden Grundstücken nicht genutzt werden: Es huschen Fußgänger auf der Fahrbahn an der Stelle vorbei, anstatt auf das gegenüberliegende Trottoir zu wechseln. Und es sei, wie Beobachter schildern, "zu lebensgefährlichen Situationen gekommen". Auch von Passanten entsorgter Papier- und Verpackungsmüll und wucherndes Unkraut auf der Brache sorgen für Unbill bei der Bevölkerung. Vor Kurzem hat dort ein Sommerflieder geblüht, durch Samenflug ging er auf und wuchs zu beachtlicher Größe heran.
Tatsache ist allerdings auch: Die Beschilderung, die die städtische Verkehrsbehörde an der Baustelle angebracht hat, "ist eindeutig", sagt Albrecht. Viel mehr könne das Rathaus zur Verbesserung der Situation nicht tun, hieß es immer wieder, da sich die Grundstücke im Besitz von Privatleuten befinden. Allenfalls könne man moderieren und habe ein Interesse an einer für alle direkt und indirekt beteiligten Parteien zufriedenstellenden, möglichst zeitnahen Lösung der Angelegenheit. Immer wieder wird betont, dass alle Beteiligten "lösungsorientiert" und "sachlich" zusammenarbeiten würden, die Gespräche "konstruktiv" seien.
Das "Einsturz-Haus" – eine offenbar höchstsensible Angelegenheit, zu der alle lieber schweigen. Die Eigentümer zu sprechen und zu befragen, erwies sich in den vergangenen Wochen und Monaten als faktisch unmöglich.
Update: Dienstag, 8. September 2020, 19.35 Uhr
"Einsturz-Haus" wird gesichert
Sinsheim. (tk) Da ist es: das Gerüst. Die Sicherung des sogenannten "Einsturz-Hauses" in der Hauptstraße 84 hat, wie zuletzt von der Stadtverwaltung angekündigt, am Dienstag dieser Woche mit Vorarbeiten und der Baustelleneinrichtung begonnen. Seit Donnerstagvormittag fertiggestellt ist auch ein Gerüst an der Gebäudeseite, die der Baulücke zugewandt ist.
Vom Baugerüst aus werden Sicherungsarbeiten vorgenommen. Foto: Alexander BeckerMit der Maßnahme endet auch das lange Warten vieler Sinsheimer auf geordnete Verhältnisse und ein Ende der Provisorien an einem zentralen Punkt der Sinsheimer Innenstadt. Der Gehweg entlang der Baustelle werde "im Lauf der kommenden zwei Wochen wieder begehbar sein", sagte Oberbürgermeister Jörg Albrecht. Die Stadtverwaltung und auch Albrecht selbst waren während des knapp zwei Jahre dauernden Rechtsstreits der beiden Immobilienbesitzer-Parteien als Vermittler aufgetreten. Zwischenzeitlich gab es teils harte Kritik an den im Clinch liegenden Eigentümern aus dem Gemeinderat.
"Haus in der Hauptstraße droht einzustürzen" hieß es am 29. August 2018 in der RNZ. Ein Abbruch des ersten Gebäudes sei ursprünglich nicht beabsichtigt gewesen, allerdings seien im Zuge der Arbeiten "gravierende statische Mängel" festgestellt worden. Die Bewohner wurden damals in einem Sinsheimer Hotel untergebracht.
Update: Donnerstag, 2. Juli 2020, 18.35 Uhr
Sicherung des beschädigten Hauses soll Dienstag beginnen
Von Christian Beck
Sinsheim. So mancher in der Stadt dürfte sich ein wenig an den Anblick gewöhnt haben, schließlich hat sich seit Sommer 2018 dort nichts mehr verändert: Im August war ein Gebäude in der Hauptstraße abgerissen worden. Es erwies sich dabei, dass das nebenstehende Haus nicht alleine standsicher war und der Einsturz drohte. Seitdem ziert das Stadtzentrum eine Baulücke, auf dem Gehweg steht ein Bauzaun. Doch nun soll sich dort offenbar etwas bewegen: Diesen Dienstag beginnen laut Oberbürgermeister Jörg Albrecht dort Sicherungsarbeiten.
Wie ein herausgebrochener Zahn ziert die Baulücke seit August 2018 die Hauptstraße. Foto: Stadt Sinsheim"Für uns und einen großen Teil der Bevölkerung sieht es so aus, als würde eine ganze Stadt an der Nase herumgeführt", wurde Harald Gmelin, Sprecher der Freien Wähler, in der jüngsten Gemeinderatssitzung deutlich. Viel zu lange sei nichts passiert. Er forderte, "maximalen Druck" auf die Eigentümer auszuüben. Diese müssten doch auch wissen, dass es um ihr Renommee geht. Zustimmend klopften daraufhin zahlreiche Gemeinderäte auf den Tisch.
Deutlich gelassener sieht dies der OB: Von "sehr guten Verhandlungen" berichtete er. Immer wieder hatte die Stadtverwaltung kommuniziert, dass es sich um eine private Angelegenheit handelt und die Stadt keinen direkten Einfluss hat. Der OB konnte sich eigenen Angaben zu Folge aber positiv in die Verhandlungen einbringen. Eigentlich sei man sich vor etwa drei Monaten einig gewesen, dann hätte aber das Corona-Virus das Fortkommen verzögert. Er zeigt sich zuversichtlich, dass das verbliebene Gebäude innerhalb von etwa drei Wochen gesichert werden kann. Dann könne auch der Bauzaun auf dem Bürgersteig weggeräumt werden.
Weshalb es beinahe zwei Jahre gedauert hat, bis sich vor Ort wieder etwas bewegen dürfte, ist nicht ganz klar. Tagelang und hartnäckig versuchte die RNZ, die beiden Eigentümer der Grundstücke zu sprechen, ohne Erfolg. Klar ist jedoch, dass Gutachten angefertigt wurden und über Anwälte kommuniziert wurde. Dabei dürfte es um die Frage gegangen sein, wer für den Schaden aufkommen muss. Und zuvor natürlich um die Frage, wer verantwortlich ist, dass beim Abriss des Gebäudes Nummer 84 das nebenstehende Gebäude 82 unbewohnbar wurde.
Mehrere Personen hatten unabhängig voneinander berichtet, dass bei jenem Haus, das noch steht, einige Außenwände fehlen. Teilweise sei die Tapete auf die Außenwand des abgerissenen Gebäudes geklebt worden. Ob das beschädigte Gebäude saniert werden kann, war lange unklar. Mehrfach wurde von schlechter Bausubstanz berichtet.
Dort, wo das Gebäude Nummer 84 stand, wurde die Bodenplatte des alten Hauses noch nicht herausgerissen. Die Abbruchfirma hatte davon abgesehen, da so entstehende Erschütterungen das nebenstehende Haus weiter in Mitleidenschaft hätten ziehen können. Der Besitzer des Grundstücks Nummer 84 hatte das alte Haus abreißen lassen, weil der Bereich im Erdgeschoss nicht den Wünschen einer Firma entsprochen hatte, an die er vermieten wollte. In einem neuen Haus sollte ein Laden in einem großen Geschäftsraum einziehen. Fest steht: Bis es soweit ist, dürfte noch Zeit vergehen.