Betretene Blicke im Hilsbacher Eschenwald: So wie auf dem rechten Bild wird es künftig auf einer Gesamtfläche von rund 40 Hektar aussehen. Ein Großteil der starken Eschen wird notgefällt. Fotos: Kegel
Von Tim Kegel
Sinsheim-Hilsbach. Der "Todesstoß von unten" begann vermeintlich harmlos: "Massenhaft Hallimasch-Pilze" waren Revierleiter Dietmar Weiland bei Rundgängen im Oktober aufgefallen. Erst vereinzelt, waren die Fruchtkörper plötzlich überall. Tausende Pilze wucherten aus dem Holz im Fußbereich der Eschen.
Vorzeichen einer unheilvollen Entwicklung, die sich für den erfahrenen Förster da ankündigte: Die Hilsbacher Eschenbestände – einzigartig im Stadtwald – waren bereits vom Eschentriebsterben geschwächt, und sie hatten durch die Trockensommer 2018 und 2019 zusätzlich gelitten. Der Regen im Herbst und Winter überzog den Kraichgau mit einer regelrechten Pilzschwemme. Weiland und Forstbezirksleiter Philipp Schweigler sind sich sicher, dass die Hilsbacher Eschen wegen des Pilzbefalls nicht zu retten sind.
Braune, unregelmäßige Flecken sind Anzeichen für den Pilzbefall. Fotos: KegelDie Bäume wirken nur auf den ersten Blick gesund. In Wahrheit ist das Hallimasch-Myzel schon tief in sie eingedrungen, das Holz im Bereich des Wurzelstocks ist nass und morsch, lässt sich bisweilen mit dem Daumen eindrücken und mit den bloßen Händen einreißen. Ein graubrauner, unregelmäßiger Schleier zieht sich ins Kernholz hinein, oft bis auf Knie-, bisweilen auf Brusthöhe. Spuren des Pilzes; wo sie auftreten, ist das Holz wertlos. Dass etwas nicht stimmt, spürt man auch beim Blick in die Baumkronen: Die wenigen noch gesunden Eschen sind stark verästelt; aber fehlt dieses "Feinreisig", ist parallel das Triebsterben in vollem Gang, ebenfalls von einem Pilz ausgelöst. Und Pilze, sagen Förster, bedeuten "Siechtum". Um wenigstens den Holzwert zu retten, läuft gerade ein Notprogramm. In einem Ausmaß, wie man es im Sinsheimer Stadtwald bislang noch nicht gesehen hat.
Das Zweitaktmotorengeräusch der Kettensägen liegt über dem Hilsbacher Wald; im Zehn-Minuten-Rhythmus unterbrochen durch ein Krachen, wenn wieder einer der starken Stämme umgelegt wird. Mehrere Hundert Eschen werden zur Zeit gefällt, betroffen ist ein Bereich von 40 Hektar zwischen dem Schützenhaus von Hilsbach und dem Lichthölzlweg.
"Besonders bitter" fühle sich das für Weiland und Schweigler an, zumal es sich um "die schönsten und stärksten Eschen" handle. Um etwa 110 Jahre alte Exemplare, die eigentlich kommende Förstergenerationen hätten ernten sollen. Solches "Tafelsilber" zu nutzen, lasse einen "ohnmächtig dastehen", räumt Schweigler ein. Spaziergänger würden künftig mit massiven Stämmen konfrontiert sein, die sich über Hunderte Meter am Weg entlang türmen. "Besonders bedrückend": Auch das Naherholungsgebiet am Hilsbacher See ist betroffen. Ein Großteil der umstehenden Bäume sind Eschen. Die meisten sind stark vom Pilz gezeichnet.
Das Ausmaß der Schäden lässt sich auch angesichts des Fassungsvermögens des Sinsheimer Wertholzplatzes veranschaulichen: Normalerweise liegen rund 60 Festmeter Holz aus den besten Stämmen der Region im "Fröschgrund". Das aktuelle Aufkommen notgefällter Eschen liegt in Kategorien von 200 oder mehr Festmetern. Von "Kälbermord", zu dem man gezwungen sei, spricht Revierleiter Weiland.
Sorgen bereitet Weiland und Schweigler auch eine typische Eigenschaft des Hallimasch-Pilzes: Die Art bildet ein unterirdisches Myzel-Geflecht aus, das bis zu mehrere Quadratkilometer groß, hunderte Tonnen schwer und viele hundert Jahre alt werden kann. Es kann – und hier zeigt sich die Tragweite des Problems – "verschiedene geschwächte Baumarten angreifen, nicht nur die Esche".
Fest steht: Wegen des Eschensterbens dürfte der Wald in Hilsbach auf Dauer deutlich lichter werden. Schweigler und Weiland hoffen darauf, "dass sich Resistenzen" bilden, doch die Hoffnung sei eher ein schwaches Pflänzlein. Dass der Hilsbacher See irgendwann gänzlich ohne Baumbestand da steht, werde von anderen Baumarten – etwa Ahornen, Eichen und Buchen – abgemildert. In den zusammenhängenden Fichtenbeständen, die gefällt werden müssen, habe sich stellenweise auch Ahorn "recht gut verjüngt", wenn auch unsicher ist, wie viele Jung- die Fällung der Altbäume überstehen. Erst danach könne über Neupflanzungen nachgedacht werden.