Karl Rapp berichtet vom Tumult, der in Eschelbach herrschte. Foto: Christiane Barth
Sinsheim-Eschelbach. (cba) Ein sonniger Nachmittag in einem Garten in Eschelbach. Kaffee steht auf dem Tisch, es wird gelacht, und ganz besonders beschäftigt die Runde ein Vorfall, der wenige Tage zurückliegt und sich zum Dorfgespräch ausgeweitet haben soll. Der Hausherr Karl Rapp lädt Nachbarn und Freunde ein, die diesen Vorfall beobachtet haben oder etwas dazu beitragen können. Die Presse ist auch eingeladen, man will, dass die Geschichte publik wird. Immerhin spreche inzwischen jeder davon. Weitere Namen sollen nicht erwähnt werden.
Es muss kurz nach 9 Uhr gewesen sein, als plötzlich zwei Feuerwehrautos mit Drehleiter, Rettungsdienst, Notarzt und Polizei eintrafen. Dieses Großaufgebot sei dem Umstand geschuldet gewesen, dass ein Eschelbacher morgens, 8 Uhr etwa, seinen Nachbarn – coronakonform von Fenster zu Fenster – gefragt habe, ob dieser denn mit einer Gasflasche aushelfen könne. Da dieser verneinte, soll der Fragende beharrlich nachgehakt haben, ob er kein Schweißgerät mit Gasflasche habe. Der Bewohner ließ nicht locker. Er forschte weiter nach Informationen, ob möglicherweise ein anderer Nachbar oder weitere Bürger ein Schweißgerät und eine Gasflasche verleihen könnten. Einer der Angerufenen soll dann auch den Grund erfahren haben: "Er sagte, er habe Corona-Symptome und brauche dringend eine Sauerstoffflasche", berichtet dieser nun.
Die Angefragten kamen jedoch nicht dazu, sich lange über den Gesundheitszustand ihres Mitbürgers Gedanken zu machen: "Plötzlich war da ein riesengroßer Aufruhr", wird nun über das bereits genannte Aufgebot berichtet. "Die ganze Straße war blockiert vor lauter Autos und Theater", erinnert man sich. Dann habe sich das Problem herauskristallisiert: Der Bewohner, der dieses Großaufgebot verursacht hatte, ließ offenbar niemanden ins Haus.
Schließlich hätten sich die Einsatzkräfte mit einer Leiter über ein geöffnetes Fenster im Erdgeschoss Zutritt ins Innere verschafft. Da der Mann jedoch im oberen Stock wohne, sei noch eine verschlossene Tür zu überwinden gewesen: "Die haben sie dann mit Gewalt aufgebrochen", wissen die Beobachter. Den Corona-Abstrich habe der Bewohner verweigert, sei auf Abstand gegangen und habe niemanden an sich rangelassen.
Michael Hess, Kommandant der Sinsheimer Feuerwehr, berichtet vom Einsatz: "Wir sind von einer hilflosen Lage ausgegangen. Die Info lief wohl über den Hausarzt." Es habe sich um eine Standard-Alarmierung gehandelt. Die örtliche Abteilung sowie die Sinsheimer Feuerwehr seien verständigt worden, anzurücken. Auch sei das Stichwort Corona gefallen, also habe man sich auf entsprechende Hygienemaßnahmen vorbereitet. Der Patient habe sich telefonisch beim Hausarzt gemeldet und von gesundheitlichen Problemen gesprochen, die den Verdacht auf Covid-19 hätten aufkommen lassen, berichtet Hess. Der Patient sei angehalten worden, sich testen zu lassen. "Offenbar hat er das verweigert. Wir wollten noch mal Kontakt mit ihm aufnehmen. Da er sich aber nicht gemeldet hat, sind wir von einer hilflosen Lage ausgegangen", berichtet Hess. Dennoch habe es sich um einen Standard-Einsatz gehandelt. Die Feuerwehr habe noch die Tür zum Zimmer aufgebrochen und dann wieder "zurückgebaut".
"Es hat wohl nach viel ausgesehen", meint der Kommandant, der das Einsatzprozedere näher erklärt: "Wenn wir anrücken, ist die Polizei immer vor Ort." Betreten werde die Wohnung von den Feuerwehrmännern nicht. "Wir machen nur den technischen Part." Hess erwähnt das Grundrecht auf Eigentum. Polizeisprecher Norbert Schätzle teilt mit: "Auch wir haben die Wohnung nicht betreten." Lediglich der Notarzt sei in die Wohnung gegangen. Alles weitere sei Sache des Gesundheitsamtes gewesen.
Wer trägt die Kosten des Einsatzes? "Das Feuerwehrgesetz besagt: Wenn Gefahr in Verzug ist, dann handelt es sich um einen kostenfreien Einsatz." Im vorliegenden Fall habe man von einer lebensbedrohlichen Lage ausgehen müssen. Also trage die Kosten die Allgemeinheit.
Die Runde teilt ihre Beobachtungen mit: "Es waren so viele Leute auf der Straße, dass man einen Wurststand hätte aufmachen können." Zudem wollen sie wissen, dass der Mann sein Haus seitdem nicht verlassen habe: "Aber wir beobachten, dass das Licht an und aus geht." Ob der Mann nun tatsächlich an Corona erkrankt ist? Das wissen die Nachbarn nicht.