Zeitungsflirt an der Realschule Waibstadt. In lockerer Fragerunde und am Beispiel der Zeitung "von heute" nahmen die Achtklässler einen Blick hinter die Kulissen. Foto: RS Waibstadt
Waibstadt/Neckarbischofsheim. (RNZ) Nachricht, Meldung, Feature, Reportage, Interview, Kommentar und Glosse - mit den Textsorten im Journalismus waren die 24 Zeitungsflirter der Klasse 8c der Realschule Waibstadt schon gut vertraut. Einen Monat lang haben sich die Schüler und Deutschlehrerin Friedlinde Fank ausgiebig mit der RNZ beschäftigt, es füllten sich dicke Arbeitsmappen. Jetzt war Rollentausch: Zum Abschluss des Zeitungsflirts von RNZ und Volksbank Neckartal konnten sie RNZ-Readaktionsmitglied Tim Kegel mit Fragen übers Zeitungsmachen, zum Redakteursberuf und zum Reporteralltag löchern.
Das Filtern, Finden, Prüfen und Verbreiten von Nachrichten aus gut und gerne 50 Gemeinden ist ein spannendes Geschäft mit einigem an Verantwortung. Jeder Tag ist anders. Dass sieben Zeitungsseiten, die man morgens leer vorfindet, dann je nach Themenlage und Tagesgeschehen, entweder verdammt viel oder ganz schön wenig Platz darstellen, der gefüllt werden muss; dass "ein einziges Ereignis am frühen Abend die ganze schöne Tagesplanung über den Haufen werfen" kann.
Dass das Schreiben und Recherchieren von Nachrichten und Geschichten nur einen Teil des Redakteursberufs ausmacht, wenn auch jenen, "den man am liebsten macht". Und nicht zuletzt: Dass es viel mit einer Lebenseinstellung zu tun hat, Journalist zu sein - und wenig mit Stechuhren. All das erfuhren die Zeitungsflirter aus erster Hand und anhand vieler Beispiele aus der Praxis der Lokalredaktion.
Was es damit auf sich hat, dass Nachrichten in Konkurrenz zu einander stehen. Weshalb Namen Nachrichten sind. Wie viel Zeit es benötigt, einen Artikel zu schreiben. Und welche Qualifizierungen und persönlichen Eigenschaften es braucht, um Redakteur, Reporter oder freier Mitarbeiter bei der Tageszeitung zu werden: In lockerer Runde, beim Lesen der Zeitung "von heute", erzählte Kegel, ausgebildeter Redakteur und seit den ersten Texten im Jahr 1997 ("einer Versammlung des VdK in Sinsheim-Hilsbach" und einem "Konzert der Band ’Die Ärzte’ in Heilbronn") mit der RNZ verbunden, aus 20 Jahren "im Lokalen".
Etwa davon, wie in den früheren Redaktionsräumen in der Sinsheimer Rosenpassage noch in den späten 90er-Jahren Schreibmaschinen ratterten, Fotos hastig in der Dunkelkammer entwickelt und Papierabzüge mittels Boten nach Heidelberg übermittelt wurden. Die Abläufe haben sich durch das Internet stark verändert - mit dem Vorteil, aktueller zu sein und online nahezu in Echtzeit berichten zu können. Inzwischen bedienen die Redaktionen verschiedenste Kanäle inklusive Facebook und eines Whatsapp-Newsletters, drehen Filmsequenzen mit eigens dafür bereitgestellten Tablets.
Kegels liebste Arbeitsmittel? Ein robustes Smartphone, massenhaft schwarze Filzstifte, eine solide Pocketkamera, außerdem je ein Paar gute Schuhe und ein Paar Gummistiefel im Kofferraum, weil so ein Tag durchaus morgens auf einer Baustelle beginnt und abends bei einem Empfang, einer Pressekonferenz oder bei der Gemeinderatssitzung endet. Und ganz wichtig: Genügend Notizblöcke im Hosentaschenformat. Knapp drei Jahre habe es gedauert, um die große Holzkiste, die da als Anschauungsmaterial auf der Schulbank stand, mit vollgeschriebenen Blöcken zu füllen. "Gut notiert ist halb gespeichert", fand auch Schulrektor Klaus Sauer, der die Runde kurz besuchte.
"Online first" - die Regel im modernen Journalismus ist für die 13- bis 14-jährigen Zeitungsflirter nichts Neues. Eine Welt ohne Internet kennen sie nicht. Ihre Informationsquellen: "Facebook, Whatsapp, Instagram, Snapchat" - aber auch RNZonline.
In der gedruckten RNZ, die relativ viele "von den Eltern kennen", stehen bei der Jugend allerlei Blaulicht-Themen hoch im Kurs, der bunte Themenmix "Aus aller Welt", diverse Magazinthemen und - siehe da - Vereinsberichte aus der Ortschaft. Einige Zeitungsflirter hatten selbst Themen bearbeitet. Sebastians Text über das Jubiläum der Wollenbachtaler Alphornbläser war fast druckreif; Katharina, die aus einem Dorf in Litauen nach Daisbach umsiedelte, schilderte eindrucksvoll ihre Erfahrungen als Neuankömmling.
Die Realschule Waibstadt ist nur eine von mehreren Stationen, die das Sinsheimer Redaktionsteam bei der aktuellen Zeitungsflirt-Runde besucht. Zuvor gab RNZ-Redakteur Günther Keller Kleingruppen am Neckarbischofsheimer Adolf-Schmitthenner-Gymnasium Einblick ins Zeitungsmachen. Auch an der Helmstadter Grafeneckschule, der Epfenbacher Merianschule und der Freien Aktiven Montessorischule in Zuzenhausen finden regelmäßig RNZ-Zeitungsflirts statt. Rund 900 Schüler haben in diesem Jahr an der Aktion teilgenommen. Eine RNZ-Sonderbeilage ist für Mitte Mai geplant.