Das teure Baumaterial macht Zimmerleuten zu Schaffen
Zimmerleute haben extreme Probleme, an Material zu kommen - Händler horten - Preissteigerungen um 150 Prozent - "Wir sind jetzt hier beim Klopapier"

Von Christiane Barth
Sinsheim. Die Situation bei den Handwerkern ist extrem angespannt. Vor allem Zimmerleute und Schreiner berichten von Lieferschwierigkeiten beim Holz. Doch die Auftragsbücher sind voll, auch Corona-bedingt. Viele Hausbesitzer investieren in ihre Immobilie, viele Bauherren wollen ihr Eigenheim so schnell wie möglich hochziehen, bevor die Preise noch weiter steigen.
Zimmermann Winfried Flach, der mit seinem Betrieb vor wenigen Wochen von Weiler nach Hoffenheim umgezogen ist, berichtet von enormen Schwierigkeiten, Konstruktions-Vollholz zu beschaffen. Dramatisch sei die Entwicklung bei Dachlatten und Holzfaserdämmstoffen. Für Material, das er im Januar bestellt hat, hat er nach mehrmaligen Verschiebungen nun eine Lieferzusage für Ende Juli erhalten. Ob etwas daraus wird, bleibe abzuwarten. "Da hat man dann schnell mal sechs Monate Verzug", erklärt Flach. Mehrere Aufträge musste er verschieben, die Kunden vertrösten. In seiner zeitlichen Kalkulation bewege er sich bereits im Frühjahr 2022, doch bei seinen Angeboten müsse er inzwischen eine Preisgleitklausel einbauen, die es ihm erlaubt, bei steigender Entwicklung der Marktpreise die Verträge anzupassen. Beim Einkauf seien Kostenerhöhungen von 50 Prozent momentan nicht selten. "Das wird dann schon grenzwertig, der Kunde muss das alles ja auch bezahlen können", sagt Flach dazu.
Der Zimmermann hat die Erfahrung gemacht, dass viele Kunden mit Renovierungsarbeiten am Eigenheim ihr Erspartes sicher anlegen wollen, selbst dann, wenn gerade kein Sanierungsstau besteht. Wer ihn anruft, muss auf den Anrufbeantworter sprechen. "Wir sind derzeit gar nicht in der Lage, all die Anfragen abzuarbeiten. Und Angebote, die wir heute machen, haben für Frühjahr 2022 nicht wirklich Hand und Fuß", erklärt Flach.
Tim Stalder, Abteilungsleiter der Zimmerei bei Holzbau Huxel, berichtet von ähnlichen Erfahrungen: "Ich habe noch ein paar Voraufträge, die ich noch erfüllen kann, aber ab Juni, wenn eigentlich die Großaufträge losgehen würden, ist wahrscheinlich Schluss." Bis jetzt wisse er noch nicht, ob er diese Aufträge ausführen kann. Seit Wochen sitze er unablässig am Telefon, bemühe sich um die Materialbeschaffung. Konstruktions-Vollhölzer und Brettschichtholz seien inzwischen extrem schwer zu bekommen. Von Februar bis jetzt habe der Markt da eine Preissteigerung vom 150 Prozent gezeigt. Viele Kunden reagierten mit Unverständnis, teilt Stadler mit und beschreibt das Phänomen so: "Wir sind jetzt hier beim Klopapier: Viele horten sich die ganze Plattenware."
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Doch woran liegt es? Laut Stalder liegt es an der Auslagerung vieler Sägewerke und Großlieferanten ins Ausland, vorwiegend nach Österreich. "Wir haben da in Deutschland eigentlich keinen Markt mehr und sind jetzt davon abhängig, was wir vom Ausland bekommen – wie das bei den Masken und beim Toilettenpapier ja auch war." Das Problem resultiere aus dem Sparzwang der vergangenen Jahre, als der Markt aus Kostengründen ausgelagert wurde, als viele deutsche Holzwerke von österreichischen Händlern aufgekauft wurden. Dies seien nun die Geister, die man gerufen habe, beschreibt Stalder die Problematik.
Zimmermann Uwe Klefenz hat vor einem Jahr 27 Cent für eine Dachlatte bezahlt, jetzt muss er 80 Cent dafür berappen. Morgens fährt er zum Händler und sichert sich das Holz, das gerade noch zur Verfügung steht: "Damit müssen wir dann auf der Baustelle irgendwie zurechtkommen. Es ist Wahnsinn, was uns an Zeit verloren geht." Nun muss er damit rechnen, im Sommer Kurzarbeit anzumelden: "Das hat’s noch nie gegeben", meint Klefenz, der seit 18 Jahren seinen Betrieb führt. Was er sich wünscht? Dass der Export des heimischen Holzes in die USA oder China begrenzt wird.
Und wie sieht es in den anderen Branchen aus? Fliesenleger Heiko Ewert hat momentan keine Probleme, an sein Material zu kommen. Im Keramikbereich, vor allem im Inland, seien die Lieferbedingungen noch gut. "Ich beziehe meine Materialien vorwiegend aus Deutschland", berichtet Ewert.
Doch laut Flach stehen Handwerker aktuell noch vor einer weiteren Herausforderung: "Es ist extrem schwierig geworden, qualifizierte Fachleute zu bekommen, die auch wirklich Zeit haben." Leider sei es in Handwerkerkreisen Usus geworden, dass Firmenchefs aggressiv versuchen, Fachkräfte bei der Konkurrenz abzuwerben.
Bei den Baumärkten der Stadt ist ebenfalls die Rede davon, dass "Lieferschwierigkeiten bei verschiedenen Rohstoffen" auftreten könnten, vor allem bei Dämmmaterial. Hornbach-Pressesprecher Florian Preuß gibt sich aber optimistisch: "Wir sind gut bevorratet in die Saison gestartet und haben aktuell keine Engpässe. Wie lang dieser Stand währt, wird auch davon abhängen, ob die Nachfrage in diesem Jahr ähnlich hoch ausfällt wie 2020 und welche Verkaufsbeschränkungen über welchen Zeitraum aktiv sind."
Wegen der sehr hohen Nachfrage und Engpässen im vergangenen Jahr, beispielsweise bei Pools oder Holz für den Außenbereich – etwa für Holzterrassen, Gartenhäuser oder Sichtschutzelemente – sowie bei Gartenspielgeräten hat Hornbach die Lager gefüllt. "Wir haben uns darauf eingestellt, dass die Nachfrage 2021 ähnlich hoch ausfallen könnte."