Die mehrfach ausgezeichnete "Ole Frimer Band" schneidet ihren Auftritt beim "Jazz in der Altstadt" live mit. Foto: Gregers-Nielsen
Von Armin Guzy
Eppingen. "Wir haben auch mal Dresche gekriegt in den 20 Jahren", erinnert sich Michael Mairhofer. Aber eben ungleich mehr Lob und Anerkennung für die Bandauswahl und das konsequente Festhalten am Credo "Stilvielfalt". Längst ist der "Jazz in der Altstadt" eine Erfolgsgeschichte. Das zeigt sich an einem treuen Stammpublikum und an zahlreichen Profimusikern, die immer wieder gerne hier spielen. Die Jubiläums-Auflage des einabendlichen Wandel-Jazz-Festivals wird am kommenden Samstag mit einer Art "Best of" gefeiert - und mit einigen der Künstler, die das Publikum und auch Michael Mairhofer und Günter Brenner, die beiden Köpfe hinter dem Altstadtjazz, bei früheren Auftritten nachhaltig begeistert haben.
Dass manche, die man gerne auch engagiert hätte, inzwischen preisdekorierte Jazz-Größen sind, ist Wermutstropfen und Triumph zugleich. "Wir hatten offenbar einen Riecher für kommende Stars", sagt Mairhofer durchaus stolz. Der Preis ist allerdings: Inzwischen sind die schlicht zu teuer fürs Budget des Verkehrsvereins - oder lange, lange im Voraus ausgebucht.
Die "Dresche" gab’s übrigens für die ganz wenigen Formationen, die selbst experimentierfreudigsten Jazz-Fans zu avantgardistisch waren. "Ich bin dann aus Solidarität geblieben", erinnert sich Mairhofer an einen Ausrutscher mit einer Band, deren Stil das Publikum nicht mitriss. Das Gros aber machen seit beinahe 20 Jahren Gruppen und einzelne Musiker in wechselnden Formationen aus, die in Eppingen mit großer Spielfreude antreten. "Beinahe", weil die erste Auflage noch komplett fremdorganisiert und "eher seicht" war: "Von da an haben wir’s selbst zusammengestellt." Mit Erfolg.
Das Rezept: Beide Jazzfans haben unterschiedliche stilistische und instrumentelle Vorlieben. Das Programm aber wird gleichberechtigt zusammengestellt und bildet folglich eine große Bandbreite ab. Das, und die Möglichkeit, mit einem Eintritts-Armband unkompliziert zwischen sechs Spielstätten zu wechseln, kommt beim Publikum an.
Ein Publikum, das sich übrigens gewandelt hat. Kamen zur ersten Auflage noch mehr Partyhungrige und wenige Jazz-Liebhaber, hat sich das Verhältnis längst umgekehrt. "Die Besucher haben mittlerweile einen Anspruch", sagt Brenner. Und weil der beim Jazz in der Altstadt zuallermeist zuverlässig befriedigt wird, nehmen viele auch eine weitere Anreise in Kauf. "Die, die kommen, kommen bewusst", freut sich Mairhofer, "das ist kein Oktoberfest." Was aber längst nicht heißt, dass hier nicht auch mal mitgetanzt wird - meist zum Abschluss in der Alten Uni. In diesem Jahr werden die Besucher zwar mit 20 Euro im Vorverkauf und 25 an den Abendkassen etwas tiefer als bisher in die Tasche greifen müssen, dafür mangelt es aber auch nicht an Glanzlichtern.
Susan Weinert etwa, die 2003 beim Altstadtjazz auftrat, danach Auslandserfahrung sammelte und heute, 3000 Auftritte und 14 CDs später, von der Zeitschrift "Jazzpodium" als "erste europäische Gitarristin von Weltformat" gefeiert wird. Sie spielt ab 20 Uhr mit ihrem "Rainbow Trio" in der Katharinenkapelle und beackert mit Klavier und Bass virtuos das Spannungsfeld von Jazz, Klassik und Weltmusik.
Mit Viviane de Farias beehrt eine weitere Musikerin der ersten Stunde erneut die Fachwerkstadt. Die Brasilianerin hat eine klassische Gesangsausbildung und als Sopranistin schon mit Placido Domingo und Dirigent Kurt Masur zusammengearbeitet. Ihre große Liebe aber gilt der Musik ihrer Heimat, die sie sinnlich und höchst individuell interpretiert: ab 20 Uhr im Wirtskeller St. Georg. Bei ihrem ersten Auftritt hier kam sie noch als Ersatz, jetzt kommt sie als gefeierte Botschafterin des Bossa Nova.
Mit Thomas Langer ist am Samstag ein zweites "Phänomen an der Gitarre" (Mairhofer) zu hören. Langer, der hier bereits drei Mal begeisterte, tritt mit dem "Trio Jeeep" im Wachlokal im Rathaus auf - und auch hier ist die Besetzung mit Querflöte und Kontrabass so ungewöhnlich wie spannungsvoll. Kreative Klangräume mit vielen Solopassagen sollen sich hier den Zuhörern ab 20 Uhr öffnen.
Mit eingängig-eigensinnigem Indi-Jazz füllen "Cobody" die alte Lkw-Werkstatt der Palmbräu. Zur Formation gehören "Kosho", der Gitarrist der "Söhne Mannheims", der aber auch singend brilliert, und Jo Bartmes. "Keiner groovt wie er an der Hammond", freut sich Mairhofer schon auf den Organisten. Komplettiert wird die Stilvielfalt durch die "Friday Night Club Band", der Hausband des Frankfurter Jazzkellers, die, gleich nebenan, den "Ahnenkeller" der Palmbräu mit Soul-Jazz-Klassikern und eigenen Kompositionen beleben will. Hier findet um 19 Uhr auch die Eröffnung statt.
Den Schlusspunkt setzt die am weitesten gereiste Formation: Die "Ole Frimer Band" aus Dänemark, die sich aus vier der besten skandinavischen Musiker zusammensetzt. Gitarrist Frimer hat den Blues und bringt ihn auch mit in die Alte Universität, wo von 21 bis 1 Uhr gespielt wird - oder auch ein bisschen länger... Die Fusion aus Blues, Rock und Jazz wird an diesem Abend sogar für die Ewigkeit konserviert: Die Band, die in Dänemark schon zwei Mal ein "Bluesalbum des Jahres" gelandet hat, schneidet ihr Eppinger Konzert mit. Wer sich also mit seinem Applaus verewigen möchte: bitteschön.
Info: Die Eintrittsarmbänder gibt es im Vorverkauf in Eppingen bei den Buchhandlungen "Müller" sowie "Holl und Knoll", den Filialen der Volksbank und der Kreissparkasse, im Wirtshaus St. Georg und beim Bürgerservice der Stadt - außerdem abends an allen sechs Spielstätten.