Die Eimer füllen sich. Maik Hontschik auf einer Sammeltour bei Adersbach. Foto: Gabriele Schneider
Von Gabriele Schneider
Sinsheim-Adersbach. Müll am Wegesrand oder mitten in der Natur mag niemand so recht. Deshalb schauen die meisten auch danach, dass sie ihren Unrat wieder mit nach Hause nehmen. Aber es gibt auch viele, die etwa während der Fahrt einfach das Autofenster herunterkurbeln und ihren Abfall aus dem Fenster werfen. Maik Hontschik aus Adersbach kann davon ein trauriges Lied singen.
Als Außendienstler ist er viel auf den Straßen der Region unterwegs. Was er vom Fahrersitz seines Autos aus Tag für Tag auf dem Boden liegen sieht, ist schlimm: Müll, Dreck, Abfall. Die meisten ausgedienten Gegenstände seien Zigarettenschachteln, Flachmänner und andere Schnapspullen. Aber auch Unmengen von Fastfood-Verpackungen oder Coffee-To-Go-Bechern. Dazu Gartenabfälle, harter Zement, eine Autobatterie, die wie ein ausgesetztes Haustier am Straßenrand kauert, Motorrad- und Maschinenteile, ein Schrank und Unsummen aufgeplatzte Müllsäcke, die herrenlos im Straßengraben, auf Wiesen, in Wäldern liegen oder in Bächen treiben. Oft sind die Dinge aus Materialien, die hunderte Jahre bräuchten, um zu verrotten, blieben sie dort liegen.
Seit einiger Zeit lägen auch viele benutzte Feuchttücher herum, die Leute aus dem Autofenster entsorgten. Ob viele Autofahrer ihr Fahrzeug unter Alkoholeinfluss lenkten, fragt sich Hontschik angesichts der großen Zahl leerer Flaschen. "Adersbach und die Umgebung sind meine Heimat", sagt der 58-Jährige. Und zumindest diese direkte Gegend möchte er schützen und, wenn es sein muss, auch sauberhalten. Aber er weiß natürlich: "Ich kann nicht die Welt retten." Aber er könne einen Beitrag leisten und hoffen, dass sich andere durch sein Tun animiert fühlen, draußen keinen Müll zu entsorgen oder auch selbst etwas aufzuheben.
Anfangs hatte Hontschik bei seinem neuen "Hobby" eine Mülleimertüte in der Tasche. Mittlerweile geht er gezielt los, trägt Warnweste und leuchtend rote Strickmütze. Und er hat Eimer dabei, um den Müll schon unterwegs zwischen Wiederverwertbarem und tatsächlichem Müll zu trennen. Auch eine Zange und Handschuhe gehören zu seiner Ausrüstung. Meist dreht Hontschik sonntagvormittags – unter der Woche arbeitet er - zwei bis drei Stunden lang seine Runden und hebt den Abfall anderer Leute auf. "Das ist mein Sport", sagt er lachend, mit einer gehörigen Portion Sarkasmus.
Er ist rund um Adersbach unterwegs, etwa zwischen Hasselbach und Neckarbischofsheim im Wald entlang der Straße, schaut beim Holzablageplatz vorbei oder an der Straße zwischen Adersbach und Steinsfurt. Hontschik versteht nicht, warum Menschen Unrat nicht der Müllabfuhr zuführen. Nicht zuletzt als staatlich geprüfter Drucktechniker weiß er, wie hoch beispielsweise der Bedarf an Energie zum Herstellen von Kartonverpackungen ist. Und er weiß auch, dass man aus alten Verpackungen fast jedweden Materials neue Verpackungen herstellen könnte, würde man die Materialien richtig entsorgen und nicht die Natur mit ihnen zumüllen. Denn "Müll ist Wertstoff", sagt Hontschik, den man ganz einfach ins Recycling geben könne, damit er verwertet und neu verarbeitet wird.
Dass Hontschik bei seiner gemeinnützigen Freizeitbeschäftigung die knallrote Mütze trägt, hat einen Grund: "Vielleicht sieht mich jemand, fragt, was ich da tue und wird ein wenig zum Nachdenken über das Müllvermeiden und Wegwerfen angeregt", wünscht sich Hontschik. "Oder im besten Fall zum Nach- oder Mitmachen angeregt."
Das Müllsammeln dokumentiert er mit Fotos. Gern würde er daraus ein Buch machen, um Menschen aufzurütteln. "Auf jeden Fall werde ich aber weiter kämpfen, denn Aufgeben ist nicht meine Art." Und nachfolgenden Generationen Unmengen an Müll in der Natur und am Straßenrand zu vermachen, den diese gar nicht verursacht haben, erst recht nicht. Einen Tipp, wie man Müll auf der Straße vermeiden könnte, hat Maik Hontschik ebenfalls: Verpackungsmaterial oder Ähnliches in einem kleinen Müllbehälter im Auto mit nach Hause nehmen und dort der Mülltrennung zu führen. Als Müllbehälter könnte etwa eine ausgediente Saftpackung dienen, die immer wieder benutzt werden kann.
Die Eimer füllen sich. Foto: Gabriele Schneider