Ist schon groß und will weiter wachsen: Der Vorstand der Kraichgau-Raiffeisen-Zentrums in Eppingen sieht in einer Fusion mit der angeschlagenen BAG Franken und der gesunden Labag aus Marbach mehr Chancen als Risiken. Foto: Armin Guzy
Von Armin Guzy
Eppingen/Meckesheim. Die mögliche Fusion vom Kraichgau-Raiffeisenzentrum (KRZ) in Eppingen, der Bezugs- und Absatzgenossenschaft (BAG) Franken mit Sitz in Bad Friedrichshall und der Labag-Raiffeisen e.G. aus Marbach am Neckar ist konkreter geworden. "Wir sind über die Sondierungsphase hinaus", sagte KRZ-Vorstandssprecher Jürgen Freudenberger am Mittwoch den Mitgliedern der Erzeugergemeinschaft "Kraichgau Getreide" bei einer Online-Konferenz, "und wir sind der Lösung relativ nahe." Zugleich betonte er, dass sich die BAG zuvor aus eigener Kraft sanieren müsse: "Diese wirtschaftlichen Schwierigkeiten (der BAG) werden nicht von KRZ oder Labag gelöst."
Wie berichtet, würde das KRZ als bereit größte Primärgenossenschaft in Baden-Württemberg seine Position durch eine Fusion weiter ausbauen und festigen. Die deutlich kleinere, aber wirtschaftlich ebenfalls erfolgreiche Labag will sich mit der Verschmelzung vor allem "personell zukunftssicher aufstellen", wie Freudenberger sagte, während es bei der angeschlagenen BAG schlicht ums Überleben geht.
Um die wirtschaftliche Situation der BAG "zu begradigen", haben Freudenberger und KRZ-Finanzvorstand Stephan Buchholz bereits einschneidende Maßnahmen eingeleitet. Beide führen seit September 2020, als der damalige BAG-Geschäftsführer entlassen wurde, interimsweise auch die Geschäfte der angeschlagenen Genossenschaft und haben, wie Freudenberger am Mittwoch sagte, inzwischen Prüfungsberichte durchgearbeitet, "umfangreiche Zahlenkolonnen bewertet" und auch Konsequenzen im Personalbereich veranlasst. Unter anderem wurde den BAG-Mitarbeitern das Weihnachtsgeld für 2020 gestrichen. Zudem wurden "in aller Härte" bereits einige Personalstellen abgebaut und individuelle Lohnbestandteile auf Eis gelegt. Der Beitrag des Personals zur Sanierung sei damit weitgehend abgeschlossen, sagte Freudenberger der RNZ im Nachgang der Online-Mitgliederversammlung.
Beispielsweise Liegenschaften der BAG zu verkaufen, um die Sanierungsaufwendungen von mehreren 100.000 Euro aufzubringen, sei hingegen keine Option: Die BAG hat bereits in den zurückliegenden Jahren viele ihrer "stillen Reserven" aufgelöst, weiß Buchholz; es soll nur noch wenig vorhanden sein, was sich zu Geld machen lässt. Als Finanzvorstand arbeitet er daran, möglichst bis 30. Juni eine Zwischenbilanz zu erstellen, die den Zustand der Genossenschaft in aktuellen Zahlen abbildet – eine wichtige Entscheidungsgrundlage für die Mitglieder aller drei Genossenschaften, denn eine Fusion wird es nur geben, wenn die Mehrheit von den Vorteilen überzeugt ist und zustimmt.
"Wir wollen Schwächen und Probleme nicht in eine neue Gesellschaft hineintragen", stellte Freudenberger dazu klar. Die BAG werde daher nur als saniertes Unternehmen zum Fusionspartner. Er betonte aber erneut auch: "Wir sind von den positiven Möglichkeiten überzeugt."
Eine Schlüsselrolle beim Gesundungsprozess und der geplanten künftigen Ausrichtung soll dabei ein "Gebietskonzept" für den Odenwald und das Bauland spielen. Freudenberger nannte dazu noch keine Details, kündigte aber bereits an, dass "wir auch Lösungen vorschlagen werden, die Stirnrunzeln hervorrufen". In den Gremien gebe es dazu bereits einstimmige Beschlüsse, die dem Aufsichtsrat des KRZ am 17. März vorgelegt werden. Die Mitglieder der Genossenschaften sollen dann voraussichtlich in ihren Generalversammlungen im Oktober abstimmen, und Freudenberger bat die rund 140 Teilnehmer an der Online-Veranstaltung am Mittwoch bereits um ein positives Votum.
Zugleich forderte Freudenberger die Genossenschaftler auf, sich möglicht schnell mit Fragen, Vorschlägen oder auch Kritik und Bedenken an den Vorstand zu wenden, denn bald beginne die Phase, in der Verträge ausgearbeitet werden: "Dann produzieren wir Kosten." Auch Friedhelm Zoller, Vorsitzender der mit dem KRZ verbundenen Erzeugergemeinschaft, bat die Mitglieder um eine "sehr offene Debatte". In der Online-Konferenz gab es anschließend jedoch keine Wortmeldungen zum Thema.
Wie Freudenberger sieht auch Buchholz den Zeitpunkt für eine Fusion als günstig. Die Fusion mit den Genossenschaften "Kornhaus Sinsheim-Bad Rappenau" im Jahr 1996 und der "Raiffeisen-Lagerhaus eG" Meckesheim im Jahr 2010 seien beide positiv von den Mitgliedern begleitet worden. Nach zehn bis zwölf Jahren seien die Entwicklungspotenziale aus einer solchen Verschmelzung aber "gehoben". Dann müsse man über weitere Schritte nachdenken. Diese Gelegenheit ist nun da.