In der Tierarztpraxis wurde klar, dass die Verletzungen des Katers nicht von einem Unfall herrühren. Symbolfoto: Patrick Pleul/dpa
Von Armin Guzy
Eppingen-Mühlbach. Katzen haben viele Freunde, aber mitunter auch skrupellose Feinde. Den Beweis dafür hat eine Mühlbacher Familie nun elffach: So viele helle Punkte markieren auf einem Röntgenbild die Schrotkugeln, die sich am Donnerstagabend in "Pünktchen" Körper gebohrt haben. Der Kater lebt, aber ob er die Folgen des Angriffs übersteht, kann noch niemand mit Sicherheit sagen.
Vom Schützen fehlt bislang jede Spur. Recht sicher scheint aber, dass er im Dorf wohnt, denn der Kater war am Donnerstag nur kurz draußen. Auf 150, vielleicht 200 Meter um ihr Haus schätzt Silke Turnau den Radius, in dem die Tat geschah. Die Mühlbacherin heißt nicht wirklich so, will aber ihren Namen nicht in der Zeitung lesen; auch Pünktchen heißt anders: "Man weiß ja nicht, was das für ein Typ ist", sagt sie. An die Zeitung hat sie sich gewandt, weil sie andere Katzenbesitzer warnen will. Was mit Pünktchen geschah, soll sich nicht wiederholen.
Am Samstag war Silke Turnau bei der Polizei und hat ein Anzeigeformular erhalten. Nicht sonderlich begeistert vom behördlichen Engagement, hat sie es bislang noch nicht ausgefüllt, sondern stattdessen lieber zur Selbsthilfe gegriffen und Plakate zum Aufhängen vorbereitet. "Vielleicht war es ja nicht das erste Mal", sagt sie, und schildert, wie sich die Geschehnisse um das "jüngste Familienmitglied", das vor neun Jahren im Haus der Turnaus zur Welt kam, zugespitzt hatten.
Kater Pünktchen hat den Schuss zwar überlebt, wird aber wohl dauerhaft mit elf Schrotkügelchen im Körper (die weißen Punkte auf dem Röntgenbild) leben müssen. Foto: privatAm Abend des Vatertags hatte sich Pünktchen mit Blut im Fell, aber ohne auf den ersten Blick erkennbare Verletzungen zurück in die Wohnung geschleppt. Die erste Vermutung: Pünktchen wurde angefahren. In der Tierarztpraxis zeigte sich dann aber, dass es kein Unfall, sondern Absicht war. Und Pünktchen hat nicht nur Schrot im Leib, sondern außerdem keine einzige Kralle mehr. Laut der Tierärztin spreche das für eine Vollbremsung, bei dem sich der Kater die Krallen ausgerissen hat, "und zwar für eine volle Vollbremsung", sagt Turnau. Selbst die erfahrene Tierärztin habe das in dieser Komplettausprägung noch nicht gesehen. Vermutlich hatte der Treffer den Kater in Sekundenbruchteilen zum Stehen gebracht. Wäre er aufs Mäusejagen angewiesen, würde er über kurz oder lang verhungern.
"Ich hoffe, dass sich Pünktchen berappelt und dass die Krallen nachwachsen", sagt Turnau, "momentan schläft er fast nur." Er habe erkennbare Schmerzen und bekomme Medikamente und Antibiotika. Die elf Schrotkugeln herauszuoperieren, ist nur mit enormem Aufwand und großem Risiko möglich, daher setzt die Tierärztin nun darauf, dass das die Kugeln vom umgebenden Gewebe einkapselt werden.
"Wer tut so etwas?" fragt sich Turnau. Sie könne ja verstehen, dass nicht jeder Katzen mag, vor allem nicht ihre Hinterlassenschaften, aber dass jemand deshalb zur Waffe greift... Dass in Mühlbach mehrere Fälle von Wilderei mit einem Jagdgewehr aktenkundig sind, ist bekannt. Befreundete Jäger hätten ihr aber erklärt, dass die geringe Größe der Schrotkugeln eher für eine Kleinwaffe spreche, möglicherweise ein sogenanntes Flobert-Gewehr. "Kein Jäger würde so etwas tun", habe man ihr versichert, sagt Silke Turnau.
Dass Pünktchen nicht sofort nach dem Treffer am Schock gestorben ist und es bis nach Hause geschafft hat, darüber freut sich die Familie zwar, aber mit dem schwer verletzten Kater ist auch die Angst ins Haus eingekehrt. "Im Moment lassen wir ihn gar nicht raus", sagt Silke Turnau, und auch nicht Pünktchen Mutter "Lena", die noch länger zur Familie gehört. Zu tief sitzt die Angst vor einem "bösen Nachbarn", der ein Gewehr hat und dieses auch benutzt. In letzter Zeit habe sie öfter "so ein Patschen" gehört, das auch laut Aussage eines jagderfahrenen RNZ-Redakteurs typisch für Schrotpatronen sei. Es könnten also auch andere Katzen in Mühlbach in Gefahr sein.