Mit einem stillen Protest auf dem Ludwigsplatz machten Eppinger
Händler auf ihre Not aufmerksam. Viele sind am Ende ihrer
Möglichkeiten. Auch Kleinunternehmer und Künstler nutzten die
Gelegenheit auf ihre Existenzsorgen aufmerksam zu machen. Fotos: Angela Portner
Von Angela Portner
Eppingen. Manchmal braucht ein großer Protest keine großen Worte. In Pandemiezeiten ging das bei den rund 40 erschienenen Einzelhändlern zur Not auch mit Abstand, Schutzmasken und grellgelben Plakaten. "Wir machen auf" war darauf in großen Buchstaben zu lesen – dahinter ein kleines "merksam". Der Vorsitzende des Handels- und Gewerbevereines, Steffen Kammerlander, sprach ihnen beim "stillen Protest" auf dem Ludwigsplatz mit seinen Forderungen aus den Herzen: Die versprochenen Hilfen sollen endlich kommen, Antragstellung und Genehmigungsprozess unbürokratischer und Ausgleichszahlungen fair und angemessen berechnet werden. Am lautesten aber war der Ruf nach einem Wiedereröffnungsszenario.
Denn genau das brauchen sie dringend. Zu lange schon sind die Geschäfte geschlossen. Nach dem ersten Lockdown kam der zweite, jetzt der dritte. Dabei sind die Lager der Händler gut gefüllt. Zu gut. Sie müssten verkaufen, um Platz für neue Waren zu schaffen. Bei den Bekleidungshändlern ist die inzwischen "verdorben", denn im Frühjahr wird sich kaum ein Kunde dicke Jacken und Pullover kaufen. Doch die wichtigsten Umsatzzeiten an Weihnachten und Sylvester oder dem anstehenden Valentinstag haben sie verpasst. In den Kassen herrscht gähnende Leere. Die meisten Mitarbeiter sind seit langem in Kurzarbeit, viele geringfügig Beschäftigte werden nicht mehr benötigt. Auch das überall angebotene "Click and Collect" könne an der prekären Situation nichts ändern, winkt Oliver Spieß vom gleichnamigen Bekleidungshaus verärgert ab.
Mit einem stillen Protest auf dem Ludwigsplatz machten Eppinger
Händler auf ihre Not aufmerksam. Viele sind am Ende ihrer
Möglichkeiten. Auch Kleinunternehmer und Künstler nutzten die
Gelegenheit auf ihre Existenzsorgen aufmerksam zu machen. Fotos: Angela PortnerNoch bitterer ist die Tatsache, dass Lebensmitteldiscounter und Drogerien nun all das verkaufen, was normalerweise im stationären Einzelhandel über die Ladentheke geht. Dafür flattert den Kunden nun ein Sonderangebot nach dem anderen ins Haus.
Während in den kleinen Geschäften Hygienekonzepte entwickelt und umgesetzt wurden, sei es in den großen Läden egal, ob sich die Menschen jeden Tag vor den Wühltischen drängeln. Gerechtigkeit sehe anders aus. So könne man kein Land wirtschaftlich führen. Spieß wird deutlich: "Was ist das für eine Politik, die ihre Gewerbetreibenden am ausgestreckten Arm verhungern lässt?"
Auch an Oberbürgermeister Klaus Holaschke gehen die Sorgen seiner Bürger nicht spurlos vorbei. Mit seinem Erscheinen wollte er seine Solidarität bekunden. Er habe die Situation der Einzelhändler und der Bürger auch auf landespolitischer Ebene immer wieder kommuniziert und hoffe, dass diese endlich auch ernst genommen wird: "Es ist nicht fünf vor zwölf, sondern fünf nach zwölf." Eppingen ohne Geschäfte und Dienstleister könne er sich nicht vorstellen. Auch im Gemeinderat stieß er mit seiner Absicht, etwas für die heimischen Einzelhändler zu tun, auf breite Zustimmung. In den nächsten Wochen sollen in einer Hilfsaktion "20-Prozent-Gutscheine" versendet werden, die in den Geschäften eingelöst werden können. Die Differenz zum normalen Verkaufspreis wird dann von der Stadt erstattet.
Es ist ein Signal, das sich auch an die Bürger richtet, künftig mit ihren Einkäufen dazu beizutragen, dass ihre Stadt mehr als nur ein Ort ist, an dem sie essen und schlafen. Eine lebendige Innenstadt mit attraktiven Geschäften gehört auch zur Lebensqualität. Erfreulich ist die Tatsache, dass viele Händler eine große Solidarität seitens der Stadtverwaltung, ihrer Geschäftspartner, Mitarbeiter und Kunden erfahren haben, doch die Kosten für Mieten, Kredite und Löhne laufen ja trotzdem weiter. Kammerlander weiß, dass vielen das Wasser längst bis zum Hals steht und jeder Tag zählt: "Es ist zwingend, dass die versprochenen Hilfen nun endlich auch mal kommen."