Marcel Hetzel trainiert nun für die Weltmeisterschaft. Foto: privat
Von Christian Beck
Sinsheim. "Ich muss für den Aufguss kaputt wirken. Ich bin es aber auch", sagt Marcel Hetzel und grinst. Denn der 25-Jährige, der in der Gästebetreuung der Badewelt arbeitet, präsentiert in der Sauna eine Geschichte rund um den Vulkanausbruch in Pompeji. Mit Kostümen, dramatischer Musik, einer herzzerreißenden Geschichte. Und mit vollem Körpereinsatz. Mit diesem Showaufguss gewann er nun die Deutsche Aufguss-Meisterschaft in der Therme "Jordanbad" in Biberach.
Ein besseres Leben - davon träumt ein Schwertschmied. Ihn und seine Familie zieht es deshalb nach Pompeji. Doch niemand will seine Waffen. In der Not versucht er deshalb, ein Schwert auf dem Markt zu verkaufen. Doch die Marktbesucher kaufen nichts, sie haben kein Geld dabei. Denn sie sind nackt - sie sitzen in der Sauna. Was sie aber mitnehmen, sind viele Eindrücke: Zum Beispiel, wie der Wieslocher das Handtuch auf einem Schwert rotieren lässt. Oder wie schließlich der Vulkan ausbricht - begleitet von dramatischer Musik, einer Lichtchoreografie und viel Schauspielerei.
In 14 Minuten und 32 Sekunden präsentiert Hetzel etwas, das rund ein halbes Jahr Vorbereitung gekostet hat. Die Stunden, in denen er sich in seiner Freizeit die Geschichte überlegt und immer weiter verfeinert oder mit dem Handtuch Wedeltechniken geübt hat, er kann sie nicht mehr zählen. Er holte noch Freunde ins Boot, die ihm Sprachnachrichten aufnahmen. Beispielsweise das Mädchen, das nach dem Ausbruch des Vesuvs nach ihrem Papa ruft. Und auch sein Vater Günter half mit und baute ein etwa halben Meter hohes Modell des Vulkans, das dank Trockeneis "Rauch" ausspuckt.
"Am Anfang hat man mich in meinem Freundeskreis dafür ein wenig belächelt", berichtet Hetzel. Mit dem Gewinn der Deutschen Meisterschaft würden er und seine Leidenschaft aber besser verstanden. Er habe sich einen Traum erfüllen wollen: Er wollte einmal in seinem Leben zur Weltmeisterschaft.
Das hat geklappt: Vom 16. bis 22. September präsentiert er "Pompeji" im niederländischen Berendonck. Doch bis dahin ist noch einiges zu tun: "Der Aufguss muss international werden", erklärt Hetzel. Spracheinspielungen müssen nun auf englisch eingesprochen werden. Und auch das Niveau sei natürlich deutlich höher: Die 32 besten Aufgießer der Welt treten dort an. Weiteres Training ist also angesagt. Sein Ziel: Spaß haben und unter die besten zehn kommen.
Um dies zu erreichen, fährt er in Kürze nach Berendonck, um die dortige "Theater-Sauna" in Augenschein zu nehmen, sie zu vermessen, dort zu üben. "Sie ist größer, da sind die Laufwege ganz anders", erklärt Hetzel. Bei allem Ehrgeiz, den er in sich trägt, schätzt er aber die familiäre Atmosphäre unter den Aufgießern. Tipps und Tricks würden bereitwillig ausgetauscht, danach gemeinsam bei einem Bier angestoßen.
Gute Stimmung herrsche auch stets in der Sauna wenn er wedelt, berichtet er: "Beim Finale haben die Leute so laut geklatscht und gejubelt, dass ich meine eigenen Musik nicht mehr gehört habe." Es seien Momente wie dieser, in denen man wisse, wofür man sich so viel Mühe mache. Zwischendurch, so haben es ihm Gäste verraten, sorgt er aber auch für Gänsehaut und so manche Träne im Augenwinkel. Beispielsweise, wenn er nach dem Ausbruch aus vollem Halse nach seiner vermissten Frau ruft. Mit einem zerrissenen und halb verbrannten T-Shirt sowie Tarnfarbe am Körper sieht er dann selbst so aus, als sei er dem Tode knapp entronnen. "Da ist viel Schauspielerei dabei", erklärt Hetzel. Dafür habe der gelernte Sport- und Gymnastiklehrer allerdings wenig üben müssen. "Das ist mir wohl in die Wiege gelegt worden und kommt einfach aus mir raus", schätzt er.
Raus, also aus der Sauna, kommt er schließlich mit dem Gegenstand, mit dem alles anfing: Frau und Kind haben den Ausbruch des Vesuvs überlebt. Doch die Tür, hinter der sie verzweifelt rufen, sie klemmt. Mit Hilfe des Schwerts, das zuvor niemand kaufen wollte, stemmt er die Tür auf.
Info: Am heutigen Montag ist Marcel Hetzel im Fernsehen zu sehen: in der "Landesschau Baden-Württemberg", ab 18.45 Uhr im SWR.