Der 48-jährige Wahl-Bad Rappenauer Andreas Zwingmann ist passionierter Sammler von Schuhen. Die Leidenschaft hat ihn schon zur Schulzeit gepackt. Foto: Falk-Stéphane Dezort
Von Falk-Stéphane Dezort
Bad Rappenau. Manche sammeln Postkarten, Briefmarken oder Autogrammkarten berühmter Persönlichkeiten. Andere wiederum haben ein Faible für Aufnäher, CDs, Vinyl oder Bücher. Doch Andreas Zwingmann aus Bad Rappenau hat eine ganz andere Leidenschaft. Der 48-Jährige ist passionierter Schuhsammler. Und zwar nicht von irgendwelchen, sondern sportliche Sneaker müssen es sein, um in seiner Sammlung einen Platz zu finden. Die Marke ist da dann eher Nebensache, doch die gängigsten wie "New Balance" und "Adidas" finden sich bei ihm vermehrt. Mit "Nike" hingegen "kann ich nix anfangen" und kommen ihm daher nicht ins Haus. Inzwischen besitzt er zwischen 120 und 130 Paar Schuhe, die Kartons stapeln sich im Flur und im Arbeitszimmer. Und ein Ende ist nicht in Sicht.
Doch – und das betont Zwingmann beim Gespräch mit der RNZ mehrfach – "die Schuhe sind ein Gebrauchsgegenstand und müssen benutzt werden". Für ihn sei es nichts, die Schuhe 20, 30 Jahre lang im Karton im Regal zu lagern. "Da habe ich ja nichts von."
Auf die Frage, wann den heute 48-Jährigen die Sammelleidenschaft gepackt hat, kommt er ins Grübeln. "Gute Frage", sagt er und beginnt zu Überlegen. "In den 1980er-Jahren wurden Marken ein Thema", erinnert er sich. In seiner Heimat hat – aufgewachsen ist Zwingmann in Lambsheim bei Frankenthal in Rheinland-Pfalz –, während er noch zur Schule ging, ein amerikanisch angehauchtes Sportartikelgeschäft eröffnet. "Die hatten immer den heißesten Scheiß", sagt der "Herr der Schuhe". "Ich habe mir die Nase am Schaufenster platt gedrückt und mein Taschengeld gespart, um mir Schuhe zu kaufen. Bei Eltern brauch’ man damit erst gar nicht ankommen", sagt er und lacht.
Und zwei, wenn auch "ziemlich durchgelatschte", Paare aus der Anfangszeit befinden sich noch heute in seinem Besitz und haben für Zwingmann einen "nostalgischen Wert". Für ihn seien die 1980er-Jahre die "goldene Ära der Turnschuhe" gewesen.
Obwohl der Schuhsammler immer auf der Suche nach neuen Tretern ist, will er sie nicht um jeden Preis. Mehr als 200 Euro will er für ein Paar Schuhe nicht ausgeben. Manche Modelle kosten 90 Euro und sind bereits vor Release ausverkauft und werden dann auf Plattformen wie "ebay" für 300 bis 400 Euro angeboten. "Das unterstütze ich nicht. Ich warte lieber, bis der Hype vorbei ist." Früher habe er sich für ein neues Paar aber schon "die ein oder andere Nacht um die Ohren geschlagen". Doch spezielle Internetbots, die seit ein paar Jahren von manchen zwielichtigen Händlern zum Kauf genutzt werden, hätten ihm "den Spaß an der Sache vermiest". Für ihn sei das Schuhsammeln "ein Hobby, das Spaß machen" und "kein Geldgeschäft" sein sollte.
Generell habe sich sein Sammelverhalten in den vergangenen Jahren gewandelt. Während er sich damals drei bis vier Paare monatlich neu zugelegt hat, hat er das nun zurückgefahren und sucht sich lieber alle paar Monate etwas Spezielles aus. Darüber hinaus war er früher noch vermehrt in Foren unterwegs. Doch seit viele Schuhläden Pleite gegangen sind, konzentrieren sich seine Kontakte in die "Schuhszene" heutzutage auf die sozialen Netzwerke "Facebook" und "Instagram". Besonders beliebt bei ihm sind die Posts mit dem Hashtag "#womft" (Whats on my feed today). Hierbei präsentieren Gleichgesinnte täglich die Schuhe, mit denen sie aktuell unterwegs sind. Bei Zwingmann ist das regelmäßig das Adidas-Model "Stan Smith". "Die sind im Dauerbetrieb. Sie sind bequem, dezent und passen zu allem." Zudem geben sich die Schuhliebhaber gegenseitig Tipps auf aktuelle Schnäppchenangebote oder tauschen gar Paare untereinander.
Damit die Sammlung aber nicht ausartet und weil Schuhe mit der Zeit auch "durchgelatscht" sind, trennt sich der 48-Jährige – wenn auch schweren Herzens – von so manchem Paar. Gut erhaltene rangiert er aus und gibt die "zu einem fairen Preis weiter". Zwar Hege und Pflege er seine Schuhe wo er nur kann, "aber Gebrauchsspuren kann man immer sehen. Sie werden halt auch getragen."
Hoch im Kurs stehen beim Wahl-Bad Rappenauer vor allem Schuhe, "die eine Geschichte erzählen". So befindet sich in seiner Sammlung auch ein Paar, das aus Jeansstoff gefertigt wurde. Dies war eine Kooperation der Firma "New Balance" und der letzten Weberei, die noch in den USA Denimstoffe gewoben hat und inzwischen geschlossen wurde. Die Schuhe seien in Handarbeit gefertigt worden. "Und das merkt man bei der Qualität. Die Schuhe schaue ich mir gerne an." Zum Jubiläum des Produktionsstandortes in England seien zu den Schuhen auch Dokumente beigelegt worden mit jeweils einem Steckbrief zu einem Mitarbeiter der Firma.
Ein Paar Adidas-Schuhe, auf das Zwingmann einen neidischen Blick geworfen hat, befindet sich im Besitz eines Freundes, der eher zufällig darauf gestoßen ist, erzählt der Schuhliebhaber. Der Kumpel sei bei einem Trip nach London an ein Paar gekommen, das der Herzogenauracher Sportartikelhersteller zusammen mit "Oasis"-Gitarrist Noel Gallagher auf den Markt gebracht hat. Inzwischen wird ein Exemplar für 900 bis 1000 Euro gehandelt. "Ich bin aus der Welt gefallen, als er mir davon erzählt hat. Ich berede ihn schon lange, mir die Schuhe zu geben", erzählt Zwingmann und lacht. "Wenn der Preis in Reichweite wäre, würde ich zuschlagen", gesteht er.
Die neuesten Treter sind für Zwingmann aber nicht nur wegen seiner Sammelleidenschaft, sondern auch wegen seines Berufs ein Dauerthema. So arbeitet er nebenberuflich für einen speziellen Blog aus Frankfurt, der sich mit Schuhen befasst. "Da schaue ich schon genau hin, was der heißeste Scheiß derzeit ist."
Ein Ziel, wie viele Schuhe noch zu seiner Sammlung hinzukommen sollen, hat Zwingmann aber nicht. Eines weiß er aber sicher: 800 bis 900 Paare, wie sie andere Sammler haben und dafür extra Lagerräume anmieten müssen, sollen es nicht werden. Für ihn würde hingegen ein Traum in Erfüllung gehen, wenn er eines Tages an einer Adidas-Werksführung teilnehmen kann und Einblicke in "die heiligen Hallen des Archivs" gewährt bekommen würde. "Da möchte ich unbedingt mal hin."