Sinsheim/Kraichgau. (bju) Er sitzt seit 9. Juli in Untersuchungshaft. Und der mehrfach Vorbestrafte wird im Gefängnis bleiben. Zu zwei Jahren und zehn Monaten Haft sowie einer Führerscheinsperre von fünf Jahren wurde er vor dem Amtsgericht Sinsheim verurteilt. Der Grund dafür waren Ereignisse in einer Juninacht: Auf der Autobahn war er von Rauenberg bis Bad Rappenau und wieder zurück vor der Polizei geflüchtet, mit bis zu 190 Kilometern pro Stunde. Dabei berührten sich sein Auto und ein Streifenwagen mehrfach. Der Flüchtende hatte keinen Führerschein, dafür gestohlene Kennzeichen und war berauscht von Marihuana und Amphetaminen. Weitere Drogen und einen Schlagring hatte er dabei.
Nachdem er an der Anschlussstelle Bad Rappenau in einen Rübenacker gefahren war, es aber zurück auf die A6 geschafft hatte, endete die Fahrt an der Anschlussstelle Steinsfurt. Dort hatte Verstärkung der Polizei Sinsheim einen Polizeibus quer zur Fahrbahn gestellt. Als der Funkverkehr zusammengebrochen war, feuerte ein Polizist viermal in die Luft, um Kollegen seine Position mitzuteilen. Der Angeklagte und sein Beifahrer ließen sich anschließend widerstandslos festnehmen. Kurze Zeit später habe er sich bei den Polizisten entschuldigt.
Das Urteil, das am zweiten Verhandlungstag gesprochen wurde, liegt ein Jahr unter der Forderung der Staatsanwältin, die zudem acht Jahre Führerscheinsperre für den 37-Jährigen gefordert hatte. Der Angeklagte habe, unter anderem indem sich die Fahrzeuge berührten, in Kauf genommen, dass Polizisten verletzt werden. Laut einem Gutachten hat er das Auto aber nicht gerammt. Die Staatsanwältin nannte aber versuchte einfache Körperverletzung, gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr, Urkundenfälschung, Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz und die Verdeckung einer Straftat.
Aufruhr auf der A6 bei Sinsheim-Steinsfurt - Die FotogalerieIn ihrem Plädoyer sprach sich von einer "wahnsinnigen Verfolgungsjagd", und erläuterte dies anhand von Zeugenaussagen, die detailreich und somit glaubwürdig seien. Mit der "bewussten Lenkbewegung" habe der Angeklagte billigend in Kauf genommen, die Ordnungshüter zu gefährden. Dies sei auch kurz vor dem Parkplatz "Bauernwald" geschehen, als der Fahrer eines Polizeiautos verhindert wollte, dass der VW Passat des Flüchtenden auf den Rastplatz einbiegt, indem er das Auto auf dem Standstreifen rechts überholte.
Dabei berührten sich beide Autos, der Streifenwagen hatte sich so gefährlich der Betongleitwand genähert. "Bei dem Tempo hätte es ein Massaker gegeben", zitierte die Staatsanwältin die Aussage des Polizisten, der am Steuer saß. Die sieben Delikte wegen unerlaubten Fahrens ohne Führerschein im Vorstrafenregister zeigten die Gefahr für den Straßenverkehr, die eine langjährige Führerscheinsperre rechtfertigten.
Der Anwalt des Angeklagten betonte, dass weder die Beweisaufnahme noch das Gutachten feststellen konnten, dass das Polizeiauto von seinem Mandanten gerammt worden ist. Vielmehr hätten sich die Fahrzeuge touchiert. Das Auto sei als Hindernis eingesetzt worden, nicht als Waffe. Dass der 37-Jährige so schnell unterwegs war, habe seiner Flucht gedient, und dürfe nicht, wie die Staatsanwaltschaft angeführt hatte, als Solo-Autorennen gewertet werden. Auch habe der Polizeischüler, der als Beifahrer einen kürzeren Abstand zur Betongleitwand hatte, eine weniger dramatische Aussage zu der Situation am Rastplatz als der Fahrer getroffen. "Diese Verfolgungsfahrt hätte in dieser Form ohne die Einwirkung der Drogen nicht stattgefunden", war sich der Anwalt sicher. Das letzte Wort hatte der Angeklagte, der sich den Ausführungen seines Anwalts anschloss.