Von Christoph Moll
Spechbach. Die ersten 100 Tage als Bürgermeister von Spechbach hat Werner Braun längst gemeistert. Im RNZ-Interview zieht der 47-Jährige unter anderem eine erste Bilanz seiner Amtszeit, spricht über den Kontakt zu Amtsvorgänger Guntram Zimmermann und verrät, wie es mit seinem Baggerbetrieb weitergeht.
Herr Braun, im RNZ-Interview zu Ihrem Amtsantritt hatten Sie gesagt, dass Sie sich als Lehrling sehen. Wie weit sind sie schon auf dem Weg zum Gesellen? Meister sind Sie ja schon, also Bürgermeister.
Werner Braun: Ich bin ja auch Straßenbauermeister (lacht). Bisher sind nicht alle Prüfungsinhalte aufgeschlagen. Gerade in der Verwaltung gibt es für mich noch einiges zum "Reinarbeiten". Ein Geselle braucht dreieinhalb Jahre. Jeden Tag erwartet mich etwas Neues. Das ist recht spannend und es macht Spaß.
Sind Sie schon richtig angekommen im Amt des Bürgermeisters?
Im Moment kann leider nicht alles stattfinden, was dazugehört. Aber ich bin auf einem guten Weg, denke ich.
Hatten Sie sich die ersten 100 Tage so vorgestellt?
Als ich kandidiert habe, hatte ich mir die erste Zeit noch anders vorgestellt. Damals wusste ich auch noch nicht, dass mit Markus Zappe ein wichtiger Mitarbeiter das Rathaus verlässt. Wenn von zwei Amtsleitern einer geht, reißt das eine Lücke. Über 25 Jahre hatte Markus Zappe viele Ämter und Aufgaben inne. Ohne seinen Wechsel nach Waibstadt hätte ich mehr Zeit zum Einarbeiten. Ich arbeite nun viel in der Verwaltung mit, was aber auch nicht schlecht ist. Nun kriege ich alles geballt mit in meiner Lehrzeit als Bürgermeister. Das ist aber okay so. Und es ist ein schönes Erlebnis, dass alle in der Verwaltung bereit sind, die Zeit ohne Kämmerer und Bauamt zu überbrücken. Alle helfen zusammen, damit auch die Bürger keine Nachteile haben und gar nichts von der Lücke merken.
Wie voll war ihr Terminkalender? Was stand alles an?
Ich hatte schon mehrere Gemeinderatssitzungen und auch Haushaltsberatungen. Hinzu kamen Sitzungen des Gemeindeverwaltungsverbands und des Abwasserzweckverbands. In Nicht-Corona-Zeiten wäre der Terminkalender aber voller gewesen.
Was war bisher Ihr schönstes Erlebnis?
Da möchte ich keines hervorheben. Es gab schon viele schöne Erlebnisse. Zum Beispiel dass das Personal gut zusammen arbeitet und dass wir bei Ausschreibungen von Bauarbeiten innerhalb des gesteckten Rahmens geblieben sind.
Und was war nicht so schön?
Dass unser Kämmerer gegangen ist, war nicht so schön. Das zieht sich durch meine ersten Wochen. Wir haben aber immer noch Kontakt zu ihm. Markus Zappe hatte sich bereit erklärt, mit uns den Haushalt für das neue Jahr aufzustellen. Das hat uns sehr geholfen.
Was war die größte Überraschung bisher?
Das will ich noch nicht verraten. Da kommt noch etwas. Bisher hat mich aber nichts vom Stuhl gehauen. Ich hatte auch noch keine schlaflosen Nächte.
Haben Sie die Entscheidung, Bürgermeister zu werden, auch schon mal bereut?
Nein, noch nicht. Jeden Tag kommt ein kleiner Mosaikstein dazu. Es macht von Tag zu Tag mehr Spaß. Das hätte ich nicht gedacht. Als Gemeinderat erschienen mir einige Themen noch sehr trocken. Das hat sich geändert.
Sie hatten sich für die ersten 100 Tage vorgenommen, beim Ausbau des Glasfasernetzes, beim Neubaugebiet Taubenbaum und beim Neubau des Feuerwehrhauses weiterzukommen. Haben Sie alles erreicht?
Der Ausbau des Glasfasernetzes durch das Unternehmen BBV ist durch die Insolvenz des Tiefbauers sehr spannend geworden. Vielleicht ist es ein Glück, dass wir noch im Stadium der Netzplanung sind. Die Planung soll gleich zu Beginn des neuen Jahres mit uns abgestimmt werden. Wir hoffen, dass der Ausbau spätestens im Frühsommer beginnt. Beim Neubaugebiet Taubenbaum haben wir letzte Ausführungspläne mit dem Ingenieurbüro besprochen. Der Baustart ist für Januar geplant. Beim Feuerwehrhaus wurden Erd-, Kanal- und Rohbauarbeiten vergeben. Das hat alles Zeit gebunden und es waren noch letzte Abstimmungen erforderlich. Wir sind überall auf einem guten Weg. Das gilt auch für die Radwege nach Lobenfeld und Epfenbach. Da gehen wir als Gemeinde bei der Planung in Vorleistung. Eigentlich wäre das Land in der Pflicht, aber es sind kaum Planungskapazitäten vorhanden.
Wie ist eigentlich der Stand beim potenziellen Windpark zwischen Spechbach und Epfenbach?
Zwei mögliche Interessenten sind bereits aufgetreten. Da wird sich in diesem Jahr aber nicht viel tun. Wenn wir uns für einen Betreiber entscheiden, muss dieser zunächst einmal über einen Zeitraum von einem Jahr ein Gutachten zu den Auswirkungen erstellen. Im Moment würde ich die Chancen auf 60 zu 40 schätzen, dass dort einmal Windräder gebaut werden. Klar ist: Wir müssen überlegen, wo künftig unser Strom herkommt. Ganz wichtig ist mir das Vertrauen der Bevölkerung in einen künftigen Betreiber. Zur Wohnbebauung nach Waldwimmersbach wären die Windräder näher als zu jener in Spechbach. Deshalb wollen wir auch Lobbach einbinden und dort Aufklärungsarbeit leisten. Die Menschen sollen mitgenommen werden.
Und Sie wollten einen neuen Kämmerer finden.
Wir haben eine neue Kämmerin gefunden, die zum 1. Januar begonnen hat. Wir freuen uns sehr. Es ist eine Spechbacherin, die zwar nicht mehr hier wohnt, aber hier ihre Wurzeln hat. Markus Zappe war aber bei uns nicht nur Kämmerer, sondern auch für das Bauamt zuständig. Die Aufgaben verteilen wir im Haus neu und die Zuständigkeiten werden wir etwas verändern. Da werden wir eine Lösung finden. In einer kleinen Verwaltung bleibt es nicht aus, dass auch der Bürgermeister manche Tätigkeiten übernimmt.
Apropos Bau: Wie geht es mit Ihrer Baufirma weiter? Wie ist Ihre Rolle aktuell?
Vorhandene Aufträge werden abgearbeitet und es werden auch neue Aufträge angenommen. Ein Mitarbeiter führt das Unternehmen nun und macht es ganz gut. Die Firma läuft aber noch auf mich. Das kann so bleiben, muss aber nicht. Mir war wichtig, dass es weitergeht. Klar ist: Die Gemeinde Spechbach und auch der Abwasserzweckverband scheiden nun genauso als Auftraggeber aus wie die AVR.
Welche Erfahrungen aus Ihrem bisherigen Beruf können Sie im Rathaus nutzen?
Auch eine Gemeinde hat viel zu bauen und zu unterhalten. Hier bringe ich meine Erfahrungen ein. Auch in meinem bisherigen Beruf musste ich Mitarbeiter führen.
Wie groß ist die Umstellung zum Bürgermeister?
Die Umstellung ist gar nicht so groß. Die Gemeinde ist ein größeres Unternehmen. Ich sitze nun mehr am Schreibtisch und habe mehr Verantwortung, da auch die Summen größer sind. Wenn man wie ich 25 Jahre einen Betrieb geführt hat, zieht man diese Vergleiche. Und es ist auch wirklich viel vergleichbar.
Gibt es noch Kontakt zu Ihrem Vorgänger Guntram Zimmermann?
Ja, und der ist sehr gut. Er hat mich zu meinem 100. Tag im Amt besucht und mir einen Wandkalender für das neue Jahr geschenkt. Es ist ein Abreißkalender mit guten Ratschlägen für jeden Tag. Ich kann ihn auch jederzeit anrufen, wenn Fragen auftauchen. Aber wenn ich im Rathaus zum Beispiel eine Akte brauche, dann gehe ich gerne auf die Suche und finde dabei noch anderes, was interessant ist. Das ist meist Hintergrundwissen, das bei Entscheidungen helfen kann.
Welche Auswirkungen hat der Job auf Ihr Privatleben?
Fast gar keine. Es war für mich auch im Betrieb schon normal, dass ich erst um 20 oder 20.30 Uhr daheim bin. Meine Frau arbeitet weiter im Büro des Betriebs. Wir bringen uns abends immer gegenseitig auf den neuesten Stand und genießen die Wochenenden zusammen. Wir nehmen nun die gemeinsame Zeit bewusster wahr.
Zum Abschluss: Zu Ihrem Amtsantritt hatten Sie eine Schultüte mit einem Fernglas für Weitsicht, Goldtalern als Erinnerung für das Beantragen von Zuschüssen, Streichhölzern für zündende Ideen, Schokolade für die Nerven und einem kleinen Bagger für den Schreibtisch bekommen. Was davon kam schon zum Einsatz?
Die Schokolade liegt noch im Schrank, die habe ich noch nicht gebraucht. Auch der Bagger kam noch nicht zum Einsatz. Es ist zum Glück noch nicht so viel Unerfreuliches passiert, dass ich diesen zum Abreagieren gebraucht hätte. Er kommt zum Einsatz, wenn die Schokolade weg ist und wirklich nichts mehr hilft. Die will ich aber schon noch in meiner Amtszeit vernaschen (lacht).