Gaiberg/Lobbach. (cm) Häufen sich derzeit in der Region rund um Heidelberg die rechten Umtriebe? Fast zwei Monate lang prangte gut sichtbar bis Ende Januar ein großes Hakenkreuz Schwarz auf Weiß an prominenter Stelle an einem Haus in der Ortsdurchfahrt des Lobbacher Ortsteils Waldwimmersbach. Nun wurde bekannt, dass bereits im vergangenen Jahr das Symbol des Nationalsozialismus an mehrere Bäume im Gaiberger Wald gesprüht wurde. Gibt es also ein größeres Problem in der Region?
Die gute Nachricht vorweg: Die Polizei sieht aktuell keine außergewöhnliche Häufung von Hakenkreuzen rund um Heidelberg. Für die Gemeinden Gaiberg, Lobbach, Spechbach, Reichartshausen und Schönbrunn könne nach einer Auswertung der angezeigten Straftaten derzeit nicht von einem gesteigerten Auftreten entsprechender Symbole ausgegangen werden, teilte Polizeisprecher Dennis Häfner auf RNZ-Anfrage mit. Neben dem Lobbacher Hakenkreuz seien auch die an Bäumen, Bänken und Tafeln gezeichneten, geschmierten oder eingravierten Hakenkreuze im Gaiberger Waldgebiet polizeibekannt. Letztere seien im Spätjahr 2019 zur Anzeige gebracht worden.
Innerhalb der vergangenen zwei Jahre seien insgesamt sechs einschlägige Straftaten in der Region bei der Polizei angezeigt worden. "Objektive Befunde, welche auf einen Tatzusammenhang schließen lassen, liegen derzeit nicht vor", so Häfner weiter. "Die Strafanzeigen gegen Unbekannt wurden der zuständigen Staatsanwaltschaft nach Abschluss der Ermittlungen vorgelegt; es konnte kein Täter ermittelt werden."
Was kann dagegen getan werden? "Die Polizei leistet Präventionsarbeit an Schulen, um bereits hier über Extremismus aufzuklären", berichtet Häfner. "Es bedarf der frühzeitigen Aufklärung, dass es sich dabei um eine Straftat handelt." Natürlich fahre die Polizei auch Streife, aber gegen Schmierereien könne man wenig tun, so der Polizeisprecher. Die Beamten seien bei diesen Ermittlungen in besonderem Maße auf Hinweise von Zeugen angewiesen: "Verdächtige Wahrnehmungen oder konkrete Beobachtungen sind zur Aufklärung solcher Taten von großer Bedeutung für die Ermittler." Sicher gebe es noch weitere Hakenkreuze in der Region, die aber niemand zur Anzeige bringe. Häfner ermutigt dazu, Anzeige bei der Polizei zu stellen: "Wer ein entsprechendes Symbol sieht, sollte sich melden", so der Sprecher. Es sei die Aufgabe der Polizei, diesen Straftaten nachzugehen. Alle Delikte, die in Verbindung mit Extremismus stehen, würden zentral von den Beamten der Kriminalinspektion für Staatsschutzdelikte bearbeitet. Hier werden die Strafanzeigen erfasst, ausgewertet und entsprechende Ermittlungen eingeleitet.
In Gaiberg hatten die Hakenkreuze im vergangenen Jahr weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit im Gemeinderat für Diskussionen gesorgt. Nicht öffentlich wurde hinter verschlossenen Türen auf Anregung eines Bürgers eine Resolution verabschiedet, die allerdings lediglich im örtlichen Gemeindeblatt veröffentlicht wurde. Darin heißt es, dass der Gemeinderat die Hakenkreuze "mit Betroffenheit und Abscheu zur Kenntnis genommen" habe. Und weiter: Das Hakenkreuz, das die NSDAP im Jahr 1935 zu ihrem Symbol erklärt hat, repräsentiere Ideologie, Gewaltherrschaft und Verbrechen des Nationalsozialismus. Und zwar seit der millionenfachen Ermordung jüdischer Menschen Europas im Holocaust, den vieltausendfachen Morden an Sinti und Roma und der Vernichtung geistig und körperlich behinderter Menschen in psychiatrischen Anstalten des Dritten Reichs. Außerdem werden Bürger in der Resolution gebeten, Hakenkreuzschmierereien unverzüglich bei der Gemeindeverwaltung zu melden, damit diese sie beseitigen kann. Der Gemeinderat forderte zugleich die Bürger auf, allen Anfängen rückwärtsgewandten nationalistischen Denkens entgegenzutreten.
Doch warum wurde die Resolution damals hinter verschlossenen Türen beschlossen? "Wir wollten nicht, dass das Thema hochkocht und womöglich Nachahmer aktiv werden", rechtfertigt Bürgermeisterin Petra Müller-Vogel das Vorgehen. Der Bauhof habe die Hakenkreuze gleich beseitigt und werde dies auch künftig tun, ohne Bäume zu beschädigen. Es habe sich auch um nicht mehr als fünf Stück gehandelt. "Wir haben kein akutes Problem", betont Müller-Vogel. "Es schmiert immer jemand herum." Seit Dezember habe es keine Fälle mehr gegeben.
Außerdem sei es ein Unterschied, ob ein Hakenkreuz irgendwo im Wald an einem Baum stehe oder – wie in Lobbach – an einer Hauswand in der Ortsdurchfahrt. Dort hatte der Hauseigentümer Anzeige erstattet, das Hakenkreuz aber erst nach fast zwei Monaten entfernt. Auch Lobbachs Bürgermeister Edgar Knecht sieht keine rechte Szene im Ort: "Bei uns ist die Welt noch in Ordnung", sagte er unlängst.