Rathaus Nußloch. Foto: Alexander Müller
Von Alexander Werschak
Nußloch. Die schier alles beherrschende Corona-Pandemie macht fast vergessen, dass bereits vor fünf Jahren zu einer nationalen Kraftanstrengung aufgerufen wurde, als der syrische Bürgerkrieg die Menschen nach Europa und vor allem Deutschland flüchten ließ. Vor knapp einem Vierteljahr rückte der Brand im griechischen Flüchtlingslager Moria die Not der Geflüchteten noch mal für kurze Zeit ins Brennglas der Aufmerksamkeit. In Nußloch hallte dies nach, sodass sich die Gemeinde jetzt dem Städtebündnis "Sichere Häfen" der internationalen Bewegung "Seebrücke" anschloss.
Die Ratsentscheidung fußte auf einem gemeinsamen Antrag von Grünen, Liberalen und Sozialdemokraten. Sekundiert von Ralf Baumeister (FDP/BfN), der so auch Druck in der Flüchtlingspolitik auf die Regierung ausgeübt wissen will, und Michael Molitor (SPD), der von Scham angesichts der schlimmen Verhältnisse in Moria sprach, begründete Uwe Kleinert (Grüne) den konzertierten Antrag. Diesen verstehe man als Signal für eine humane Aufnahmepolitik, für sichere Bleibeperspektiven und gegen die Abschottungstendenzen Europas.
Verbunden mit dem Beitritt zur Städtekoalition ist gleichfalls die Bereitschaft zu einer höheren Zuweisungsquote. Sprich: Die Gemeinde erklärt sich bereit, mehr Geflüchtete zu beherbergen. Kleinert plädierte hier für eine flexible Handhabung. Festgeschrieben wurde das im Beschluss als "bedarfsgerecht". Eine Patenschaft für ein ziviles Seenotrettungsschiff zu übernehmen, wie es die "Seebrücke" ebenfalls vorsieht, sahen die Antragsteller nicht als sinnvoll an. Was die Binnenkommune Nußloch vermutlich schon finanziell etwas überfordern würde.
Die Finanzen waren auch einer der Punkte, weswegen Bürgermeister Joachim Förster den Beschluss nicht mitging. So sehr er inhaltlich die humanitären Ziele teilte. Schließlich müsste die Gemeinde alle Kosten vom Verfahren bis zur ärztlichen Versorgung selbst tragen. Schwerer wog für ihn aber noch, dass sich Nußloch nach der momentanen Rechtslage schlicht selbst keine Flüchtlinge zuweisen kann. Vom Bund über die Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes bis zur Anschlussunterbringung durch den Kreis ist die Gemeinde außen vor – die Verteilung nimmt einzig der Bund vor. Zudem liege man stets wie auch im laufenden Jahr über der Quote, führte der Rathauschef aus. Und lobte die gute Integrationsarbeit am Ort.
Ähnlich begründete Rouven Röser das Nein der Christdemokraten: "Die Kommune hat nicht die Zuständigkeit, was nicht heißt, dass Nußloch nicht weitere Geflüchtete aufnehmen will." Außerdem sei das Instrument nicht geeignet, eine gerechte europäische Lösung zu erreichen. Die EU-Partner müssten eingebunden und nicht übergangen werden, betonte er.
In der Metropolregion zählen außer Nußloch auch Heidelberg, Mannheim, Ludwigshafen, Speyer und Landau sowie das benachbarte Walldorf zu den "Sicheren Häfen". Laut Nußlocher Verwaltung wurden Walldorf seither noch keine aus Seenot geretteten Flüchtlinge zugeteilt.