Johanna (links) und Franziska Horvath sind für den kleinen Vincent „Mami“ und „Mama“ und sind mit ihrem Wunschkind eine rundum glückliche Familie. Foto: Geschwill
Von Sabine Geschwill
Nußloch. Das Glück über das erste gemeinsame Kind steht Franziska und Johanna Horvath ins Gesicht geschrieben. Ja, richtig gelesen: Familienglück geht auch in der Kombination "Mama-Mami-Kind". Das gleichgeschlechtliche Paar beweist es mit Wunschkind Vincent jeden Tag. Doch leicht war für das lesbische Paar die Familiengründung nicht.
"Mami" Johanna, die leibliche Mutter des kleinen Vincent, ist 32 Jahre alt und ausgebildete Gesundheits- und Krankenpflegerin. "Mama" Franziska Horvath ist 34, ausgebildete Logopädin und seit zwei Jahren als Tagesmutter in Nußloch tätig. Kennengelernt haben sich beide über eine Partnerplattform für lesbische Frauen im Internet. Zwei Wochen lang haben sie sich geschrieben, dann ein erstes Treffen vereinbart. Sie haben sich sofort ineinander verliebt. Sechs Monate später sind sie zusammengezogen. Seit vier Jahren wohnt das Paar in Nußloch.
Johanna spricht offen über ihre Liebesleben: "Im Teenageralter hatte ich einen Freund. Aber dann habe ich mich in eine Frau verliebt. Mein Freund hat mir die Augen geöffnet und gemeint, ich solle meinen Weg gehen. Wir haben uns getrennt, sind aber bis heute gute Freunde geblieben." Bis sie auf ihre große Liebe Franziska traf, sollte aber noch eine Weile vergehen. Bei Franziska war es nicht viel anders. Sie wollte sich in ihrer Jugend nicht so recht eingestehen, dass sie sich eher in Mädchen als in Jungs verknallte. "Ich hatte auch Freunde, aber ich war nie lange mit ihnen zusammen." Ihr Herz sofort erobert hat dann Johanna. Am 7. Juli 2017 besiegelten sie ihre Liebe mit einer eingetragenen Lebenspartnerschaft. Die standesamtliche Heirat wollen sie noch nachholen. "Aber wir bezeichnen uns auch so schon als verheiratet. Wir lieben und wir streiten uns, wie ein ganz normales Ehepaar." Ihr Umfeld hatte keine Probleme damit: "Für unsere Familien ist es das Wichtigste, dass wir glücklich sind – und das sind wir!"
Nach ihrer Verpartnerung haben beide die Familiengründung ins Auge gefasst. Einfach umzusetzen war dieser Herzenswunsch für das Paar nicht. Sie wählten die Möglichkeit der Insemination, also der Samenübertragung. Bei dieser Behandlung wird Sperma in die Gebärmutter eingeführt und der Rest der Natur überlassen. Johanna sollte das Kind austragen. In Dänemark fanden sie eine auf lesbische Paare spezialisierte Klinik und wählten die Variante, bei der das Kind mit Erreichen der Volljährigkeit entscheiden kann, ob es seinen Erzeuger kennenlernen möchte.
Schwanger wurde Johanna Horvath aber weder beim ersten noch bei weiteren Versuchen. Zwei Jahre lang hofften sie und investierten viel Geld. Dann zogen sie die Reißleine: "Wir haben durch die Fahrten nach Dänemark viel mitgemacht und wollten wieder mehr Normalität in unser Leben bringen." Nach einiger Zeit haben sie einen Samenspender in der Region gesucht – und wurden fündig. "Wir haben jemanden gefunden, der absolut gut zu uns passt. Er hat mit seinen Samenspenden schon drei Kinder gezeugt." Die beiden wissen von dem Mann, dass er eine Familie hat und diese über alles Bescheid weiß. Er war bereit als Erzeuger, nicht aber im rechtlichen Sinne als Vater in Erscheinung zu treten. "Das war ganz in unserem Sinne. Wir haben mit ihm einen Vertrag gemacht, um ihn zu schützen. Sonst wäre er bei einer Klage unterhaltspflichtig."
Mit der ersten Samenspende klappte die Befruchtung per Insemination. Etwa zehn Tage danach hatte Johanna das Gefühl, schwanger zu sein. Sie machte einen Test und tatsächlich waren zwei Streifen zu sehen. "Wir konnten unser Glück nicht fassen – unser kleines Wunder war endlich unterwegs." Mit dem Samenspender bleiben sie in Kontakt. Er steht für weitere Kinder zur Verfügung. Das war ihnen wichtig.
Wunschkind Vincent kam pünktlich zum errechneten Termin im Juli 2020 auf die Welt. Bei der Geburt wich Franziska ihrer Lebenspartnerin nicht von der Seite. "Nach 22 Stunden Wehen kam unser Sohn durch eine Spontangeburt ohne Komplikationen zur Welt. Mit ihm haben wir den Sinn unseres Lebens gefunden." Um vor dem Gesetz als Erziehungsberechtigte zu gelten, muss Franziska Horvath Vincent nun adoptieren. Vor dieser bürokratischen Hürde schrecken beide nicht zurück. Auch nicht vor den Herausforderungen als Eltern: "Wir wissen, dass unser Sohn mit einer gewissen Bürde aufwächst, weil er eine Mama und eine Mami hat. Aber wir wollen ihn zu einem selbstbewussten und starken Menschen erziehen, der weiß, dass er von uns über alles geliebt wird." Was sich beide wünschen, sind Geschwister für Vincent und ein schönes Häuschen in Nußloch. "Wir würden so gerne hier wohnen bleiben, weil Nußloch eine tolle und tolerante Gemeinde ist."