Zwei Ärzte wollen die Mückenlocher Arztpraxis in der Neckarhäuserhofstraße 6 übernehmen. Die Kassenärztliche Vereinigung hat diesem Ansinnen bisher eine Absage erteilt. Foto: Alex
Von Nicolas Lewe
Neckargemünd-Mückenloch. Wenn – wie im August in Mückenloch – der einzige Hausarzt am Ort stirbt, dann ist das nicht nur für das persönliche Umfeld eine traurige Nachricht. Die Mückenlocher vermissen "ihren" Dr. Konstantin Knauf. Zumal sich die Suche nach einem Nachfolger schwierig gestaltet. Dass dem so ist, hängt ganz entscheidend mit dem Zulassungsrecht zusammen, wie es bundesweit für Kassenärzte vorgegeben ist.
Ein Schreiben, das vom Praxisteam an die Mückenlocher Patienten gerichtet ist und das der RNZ vorliegt, ist überschrieben mit den Worten: "Zwei Ärzte wollen die Praxis in Mückenloch übernehmen – die Kassenärztliche Vereinigung sagt Nein!" Darin wird erklärt, dass Dr. Alard von Rohr, der seit 30 Jahren eine Hausarztpraxis in Eschelbronn betreibt, sich bereit erklärt hat, den Arztsitz und die Praxis in Mückenloch zu übernehmen. Er wolle selbst dort praktizieren und zudem Irene Nalezinski, die derzeit in Mückenloch in Vertretung tätige Fachärztin für Allgemeinmedizin, einstellen. "Leider", so endet das Schreiben, "hat die Kassenärztliche Vereinigung diese Übernahme jedoch nicht genehmigt, da es sich bei Eschelbronn (Kreis Sinsheim) und Mückenloch (Kreis Heidelberg) um zwei ,planungsbereichsübergreifende Gebiete’ handelt."
Im Neckargemünder Stadtteil sind Überraschung und Ärger über diese Absage groß. Die RNZ hat sich mit der Mückenlocherin Eva Schendel unterhalten. Sie wundert sich: "Wir haben die innerdeutsche Grenze zwischen Ost und West überwunden, die Grenzen in Europa sind längst gefallen, aber die Grenzen zwischen zwei Kreisen innerhalb von Baden-Württemberg sind anscheinend unüberwindbar." Sie fragt sich: Was würden denn die ganzen Programme der Bundesregierung für mehr Landärzte nutzen, wenn die Kassenärztliche Vereinigung einfach Nein sagt, wenn man einen hat? Viele nicht mehr so mobile Mückenlocher seien auf einen Hausarzt im Ort angewiesen, schon allein deswegen, weil die Busanbindung nicht ideal sei. Man spreche hier von über 300 Patienten und es sei "nicht so einfach, einen Hausarzt außerhalb zu finden".
Laut des Sprechers der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg, Kai Sonntag, gibt es für die Absage an den Eschelbronner Arzt Dr. Alard von Rohr aber triftige Gründe: "Die Zahl der Arztsitze ist begrenzt", erklärt er. Das habe der Gesetzgeber aus Kostengründen so bestimmt. Eine Arztpraxis brauche immer einen Arztsitz, eine Praxis könne aber auch mehrere Arztsitze einnehmen, wenn dort mehrere Ärzte arbeiten. Hierfür gebe es für einzelne Regionen Vorgaben.
Sonntag erklärt: "Wenn das Kontingent um mehr als zehn Prozent übererfüllt ist, wird der Bereich für Neuzulassungen gesperrt." Dies bedeute, dass zwar keine neuen Ärzte hinzukommen dürfen, ein bestehender Arzt seine Praxis aber an einen Nachfolger übergeben kann. Allerdings müsse der Arztsitz in diesem Fall – so auch in Mückenloch – ausgeschrieben werden. Damit solle erreicht werden, dass nicht automatisch derjenige den Arztsitz bekommt, der am schnellsten ist, sondern auch Versorgungsgesichtspunkte eine Rolle spielen.
Für das Bewerbungsverfahren sei nicht die Kassenärztliche Vereinigung, sondern ein Zulassungsausschuss zuständig, der zu gleichen Teilen aus Vertretern der Ärzteschaft und der Krankenkassen besteht. Zum konkreten Mückenlocher Fall sagt Sonntag: "Die Ausschreibung für diesen Arztsitz läuft noch." Man müsse schauen, welche Bewerbungen hier reinkommen.
Neckargemünds Stadtsprecherin Petra Polte berichtet, dass auch Bürgermeister Frank Volk den Fall gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung angesprochen habe. Man habe ihm versichert, wenn der Eschelbronner Arzt Dr. Alard von Rohr dies entsprechend beantrage – Stichwort: Zulassungsausschuss –, werde es auch eine Möglichkeit geben, dass es bald wieder einen Hausarzt in Mückenloch gebe.