Drückt künftig noch mehr auf den Geldbeutel der Stadt: Der Betrieb der Straßenbahnlinie 22 wird wegen des steigenden Ausgleichsbetrags teurer. Foto: Alex
Von Thomas Seiler
Eppelheim. Zähneknirschend stimmte der Gemeinderat der neuen Finanzierungsvereinbarung zu, die Stefan Prüfer von der Rhein Neckar Verkehrs GmbH (RNV) für die Straßenbahnlinie 22 vorlegte. Denn nun kommen auf die Stadt 8,20 Euro pro Nutzungskilometer zu, was eine deutliche Steigerung bedeutet. Denn vor zwei Jahren betrug der Ausgleichsbetrag noch 6,41 Euro und im letzen Jahr nur sechs Cent mehr pro Kilometer.
Was aber führte zu dieser gewaltigen Erhöhung um 1,73 Euro, was nun einen Anstieg der Ausgaben von 530.540 Euro auf 713.400 Euro ohne den Zuschuss durch den Rhein-Neckar-Kreis für die Stadt bedeutet? Laut Beschluss gibt es ferner eine Corona-bedingte Öffnungsklausel für weitere Bundes- und Landesrettungsschirme und zusätzlich eine Taktverdichtung nach den Sommerferien am Abend sowie an den Sonn- und Feiertagen, bei der dann wohl weitere 4000 Nutzungskilometer anstehen.
Eine Antwort zu dieser Steigerung lieferte Prüfer und wies auf zum Teil gegenläufige Veränderungen zum Ausgleichssatz des vergangenen Jahres hin. Demnach sinken die Einnahmen aus der Heidelberger Verkehrserhebung, umgekehrt steigen die Kosten für den Fahrdienst. Hinzu gesellen sich die steigenden Gebäude-Managementkosten für den Betriebshof in Heidelberg-Bergheim, die Maßnahmen zum barrierefreien Haltestellenausbau, die Erstinvestitionen von Neubaustrecken und nicht zuletzt die Auswirkungen der Corona-Pandemie.
Gerade bei der unvorhersehbaren Entwicklung und den damit einhergehenden Auswirkungen auf die Nahverkehrsnutzung machte er die Erhöhung fest. Denn man prognostiziere Mindereinnahmen von 6,9 Prozent. Demnach betrügen die Verkehrserlöse 8,61 Euro pro Kilometer statt der errechneten 9,20 Euro. Bei einer Abweichung werde dieser überschießende Betrag vom Rhein-Neckar-Kreis und dem Verkehrsverbund Rhein-Neckar (VRN) getragen beziehungsweise komme auch diesen zugute. Laut Prüfer finde somit eine Spitzabrechnung der Verkehrserlöse erst im folgenden Jahr statt.
Was die Taktverdichtung angeht, fahre die Linie 22 laut dem RNV-Vertreter momentan in der Schwachverkehrszeit etwa ab 20 und 21 Uhr im 30-Minuten-Takt. Das betreffe ebenfalls den Taktrhythmus von 9 bis 20 Uhr an den Sonn- und Feiertagen. Zukünftig folge man hierbei einer schon früher von Teilen des Gemeinderats geforderten Taktverdichtung, die einen regelmäßigen Turnus von 20 Minuten vorsehe.
Leicht machte es sich das Gremium anschließend nicht, den auch von Bürgermeisterin Patricia Rebmann unterstützten Vorschlägen zuzustimmen. Trotz der Verteuerung beiße man jetzt notgedrungen "in den sauren Apfel", betonte Renate Schmidt (SPD). Sie erachtete es dennoch für wichtig, mit der Berechnung der Gebühren erst an der Gemarkungsgrenze zu beginnen statt an der Haltestelle. Ähnlich beurteilte auch Christa-Balling-Gündling (Grüne) die Situation. Sie erkannte darüber hinaus keine Alternative zu den vorgestellten Ausgleichsdeckungsfehlbeträgen und hoffte dennoch, dass der "ÖPNV durch die Corona-Krise nicht allzu geschwächt wird und sich im nächsten Jahr die Fahrgastzahlen wieder erhöhen".
Wirtschaftliche Bedenken äußerte außerdem Trudbert Orth (CDU), zumal er das finanzielle Risiko ausschließlich den Kommunen und dem Kreis und nicht dem Anbieter zuschrieb. Negativ für Eppelheim wirken sich auch die Entscheidungen wie der Verbleib des Betriebshofs oder die fehlende fünfte Neckarquerung aus. Trotzdem setze man auf den ÖPNV, ohne den "die Verkehre total zusammenbrechen" würden. Klare Kante zeigte dagegen die Eppelheimer Liste. Die drei Fraktionsmitglieder stimmten gegen die vorgelegte Konzeption. Zuvor begründete Bernd Binsch ausführlich die ablehnende Haltung, die er unter die Überschrift "Koste, was es wolle – ÖPNV um jeden Preis" setzte. Abgesehen von den Corona-bedingten Einnahmeausfällen, dem fehlenden neuen Betriebshof und der von den Heidelberger Grünen getragenen Taktverdichtung, deren Notwendigkeit er anzweifelte, vermisste er die Ergebnisse der Haushaltsbefragung aus dem Herbst 2019.
Auf einzelne genannte Kritikpunkte ging Prüfer vor der Abstimmung nochmals umfassend ein. So werde Heidelberg die Haltestelle "Ochsenkopf" im Pfaffengrund alleine bezahlen. Ferner würde man 40 Millionen Euro für den noch in diesem Jahr beginnenden Umbau der Endhaltestelle in Eppelheim aufbringen, damit die Variobahn dort danach verkehren könne. Als signifikant betrachte er nicht zuletzt die Taktverdichtung, da nach "20 Uhr oft keine Sitzplätze" mehr zu ergattern seien. Gerade in den schwachen Zeiten hielt er Sitzplätze für "sinnvoll und attraktiv".