So steht's um die Großbaustelle
Einbahnstraße endet, Baustelle bleibt - Industriestraße vor Weihnachten wieder zweispurig - Fahrbahn aber nur provisorisch

Der Streit mit der ersten Baufirma ist gelöst, jetzt legen ihre Nachfolger los. Foto: Alex
Von Benjamin Miltner
Bammental. "Wir können wieder lachen in Bammental." Ein Satz genügte, um die Erleichterung der Verwaltung ob der Fortsetzung der Baustelle in der Industriestraße auszudrücken. Ausgesprochen hat ihn Bürgermeister Holger Karl am Mittwochabend im Rahmen der vierten Einwohnerversammlung zur Sanierung der Kreisstraße K4160.
Der Rathauschef und Bauamtsleiter Oliver Busch gaben vor etwa 50 Interessierten in der Schulmensa Hintergrundinfos, wie es zum Baustopp kam und wie es mit der Sanierung der Ortsdurchfahrt weitergeht. Dabei wurde augenscheinlich, dass der Frust in der Bevölkerung tief sitzt.
Hintergrund
Aufklären, Hintergründe erklären, um Verständnis werben - das waren die Anliegen von Holger Karl bei der Einwohnerversammlung zur
Aufklären, Hintergründe erklären, um Verständnis werben - das waren die Anliegen von Holger Karl bei der Einwohnerversammlung zur Sanierung der Ortsdurchfahrt. Der Bammentaler Bürgermeister nutzte die Veranstaltung dazu, um neben Infos zum weiteren Verlauf rückblickend auch den im Baustopp gipfelnden Streit mit der Baufirma Peter Gross zu beleuchten.
"Die Baustelle lief früh nicht so, wie wir uns das vorgestellt haben" , gab Holger Karl zu. Man habe immer Zweifel an der Mannstärke - teils waren auf der Baustelle nur zwei Arbeiter unterwegs - gehabt. Zudem häuften sich 16 Nachtragsforderungen seitens des Unternehmens an. "14 davon waren absolut im Rahmen, aber bei Nummer 15 und 16 lief es aus dem Ruder", so der Rathauschef.
Zum einen ging es laut Bauamtsleiter Oliver Busch um Mehrarbeiten für Bordsteine auf der Straßenseite der Elsenz, für die ein Vielfaches des üblichen Preises aufgerufen wurde. Zum anderen machte die Firma frühzeitig eine Verlängerung der Bauzeit über das Ende der Sanierung bis Juni 2019 hinaus geltend und verlangte dafür "einen hohen sechsstelligen Betrag". "Das war für uns ein fiktiver Nachtrag und geht gar nicht", stellte Busch klar. "Wir hätten nie im Leben eine Einigung erzielt", ergänzte Karl.
Karl betont aber auch: "So schlecht wie die Baustelle lief, so fair waren die abschließenden Verhandlungen." Die Vertragsauflösung sei für die Gemeinde die beste Lösung gewesen. "Ob der Baustopp rechtens war oder nicht, werden wir nicht erfahren, ist aber auch nicht so wichtig." Von der Expertise der Firma Peter Gross ist Karl überzeugt. "Aber nicht jede Kolonne hat die gleiche Qualität - und bei uns waren nicht gerade die Mitarbeiter des Monats dabei."
Der Rathauschef lüftete auch das Geheimnis, wie die Firma die Angebote ihrer zwölf Mitbewerber um rund eine Millionen unterbot. "Peter Gross hat eine eigene Deponie und hat daher über den günstigen Aushub die Ausschreibung gewonnen." Für alle anderen Positionen seien marktübliche Preise aufgerufen worden. (bmi)
Der Fortgang der Baustelle: Die gute Nachricht zuerst: "Bis Weihnachten ist die Straße so weit fertig, dass der Begegnungsverkehr wieder möglich wird", versprach Oliver Busch. "Das ist garantiert." Ende des Jahres hat die Einbahnstraße ein Ende, dann können Autofahrer die Industriestraße also auch wieder von Neckargemünd aus befahren.
Die schlechte Nachricht: Danach geht es noch einige Zeit weiter. "Wir werden diesen Bauabschnitt je nach Wetter im März oder April beenden", so Busch. Über die Ferien wird die Straße wohl nur im provisorischen Zustand freigegeben. Die finalen Arbeiten zum Abfräsen der Fahrbahn und Aufbringen der obersten Asphaltschicht laufen wahrscheinlich erst im neuen Jahr. Busch: "Dann kommt es von der Abzweigung Industriestraße bis zur Friedensbrücke zu drei Wochen Vollsperrung."
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Die Lage der Bewohner und Schüler: Seit Mittwoch hat die Firma Carsten Grimmig GmbH die Arbeit auf der Baustelle aufgenommen. Statt einem Steg geht es für die Anwohner der Industriestraße nun über Schotter zu ihren Häusern. Aber weiter nur zu Fuß. "Mit dem Auto sind die Grundstücke erst in der Woche vor Weihnachten zu erreichen", überbrachte Busch die Nachricht, die bei den Bewohnern auf Unverständnis stieß. Um die Sicherheit des Schulwegs zu erhöhen, wird in den kommenden zwei Wochen der Fuß- und Radweg von der Friedensbrücke bis zum Feuerwehrhaus begehbar gemacht.

Rathauschef Holger Karl informierte Einwohner über den Baufortschritt an der K 4160. Foto: Alex
Die Sorgen der Bürger: Wann wird die erst im Juli eröffnete Rad- und Fußgängerbrücke wieder freigegeben? Wie verläuft der Verkehr durch den Ort bei Vollsperrung der Industriestraße? Verteuert sich die gesamte Maßnahme? An diesen und vielen weiteren Bürgerfragen wurde klar: Die Baustelle und ihre Folgen beschäftigt ganz Bammental.
Die Antworten: Die Brücke wird erst freigegeben, wenn der komplette erste Bauabschnitt fertig ist, die Umleitung über die Hauptstraße bleibt bis dahin ebenso bestehen und über das Finanzielle hielt sich die Gemeinde bedeckt. "Zu Zahlen und Vertragssachen sagen wir nichts", so Oliver Busch, der aber gleichzeitig eine Kostenexplosion auf der Baustelle verneinte.
Der zweite Bauabschnitt: Auch der zweite Bauabschnitt in der Reilsheimer Straße war bereits Thema. "Hier sind wir dran, so schnell wie möglich eine Lösung zu finden", betonte Holger Karl. Die Überarbeitung des Leistungsverzeichnisses, Ausschreibung und Vergabe der Arbeiten benötigen viel Zeit. Busch bestätigte, was die RNZ bereits berichtete: Hier wird wohl erst im Jahr 2020 etwas passieren.
"Bei einer längeren Vorlaufzeit können wir auch mit günstigeren Preisen rechnen", nannte Busch einen weiteren Grund. Und momentan gebe es dort ja auch keine Einschränkungen. Stimmt, was den Verkehr angeht. Und dennoch oder gerade deswegen empörten sich mehrere Bewohner der Reilsheimer Straße. Sie klagten über Lärmbelästigung durch zügig fahrende Laster auf der ramponierten Straße - und darüber, dass sie nun noch ein Jahr länger leben müssen.
"Das kann es nicht sein!", rief ein Anwohner. "Und so was nennt sich bürgerfreundlich", kommentierte eine andere Stimme ironisch. Im Publikum kam wie zuvor schon häufiger Gelächter auf. Ja, in Bammental wird wieder gelacht. Aber bei vielen Bewohnern ist eben auch eine gute Portion Galgenhumor dabei ...