Landung zwischen Häusern und Bäumen: Auf einer Wiese der Wohnanlage konnte der Heißluftballon zusammengefaltet werden. Foto: Friedrich
Von Christoph Moll
Neckargemünd. "Wir haben Stimmen gehört und es hat laut gezischt." Als Karl Gschwend am Sonntag gegen 18.30 Uhr aus dem Fenster schaute, traute er seinen Augen nicht: Der Anwohner der Schillerstraße sah einen Heißluftballon - nicht am Horizont, sondern direkt vor dem Fenster. "Die ganze Nachbarschaft war in Aufruhr", berichtet er. "Der Ballon hätte am Haus oder an Balkonen hängen bleiben können." Tatsächlich aber gelang eine Punktlandung in der Wohnanlage zwischen Bahnhofstraße und Neckar, bei der niemand verletzt wurde.
Das spektakuläre Manöver erregte gestern bundesweit Aufmerksamkeit. Zahlreiche überregionale Medien berichteten. Über Schlagzeilen wie "Notlandung! Heißluftballon stürzt in Wohngebiet" oder "Ihm ging die Puste aus: Heißluftballon landet in Wohngebiet" kann Marco Ebert nur den Kopf schütteln. Der 34-Jährige aus Dielheim war der Pilot. "Wir waren eine Stunde und 40 Minuten in der Luft, nur die letzten drei Minuten waren spektakulär", sagt der erfahrene Pilot, der in 15 Jahren schon mehrere Hundert Fahrten absolviert hat und betont: "Wir waren zu keinem Zeitpunkt in einer Notsituation." Ebert spricht lieber von einer "normalen Landung in ungewöhnlichen Umfeld". "Meistens ist diese notwendig, wenn es zu wenig Licht oder zu wenig Wind gibt", erklärt er. Nun kam beides zusammen.
Gestartet war der Ballon um 16.55 Uhr mit vier Personen - Ebert, seiner Frau und einem befreundeten Paar - in Malsch bei Wiesloch mit Kurs auf das Neckartal. "Die Bedingungen waren fantastisch", erinnert sich Marco Ebert. "Es gab eine Fernsicht von über 100 Kilometern." Es war beabsichtigt, dass die Landung im Neckartal bei Neckargemünd stattfindet - denn danach kommt viel Wald. Überraschend blieb aber im Neckartal der Wind aus, der den Ballon in Richtung der Wiesen zwischen Kleingemünd und Ziegelhausen tragen sollte. "Das wäre ideal gewesen", sagt Ebert. "So aber ging es kaum voran, es war nicht mehr viel zu machen."
Und dann wurde die Zeit knapp. Denn bis zum Sonnenuntergang um 18.39 Uhr musste der Ballon aus Sicherheitsgründen am Boden sein. Ebert entschloss sich, über der Wohnanlage in der Schillerstraße ein Seil abzuwerfen. Denn noch stand der Ballon manövrierunfähig über einem Dach und musste zwischen die Häuser der Anlage gezogen werden. Am Boden hatten bereits zahlreiche Schaulustige ihre Handys gezückt. "Als ich um Hilfe gebeten habe, haben erst einmal alle weitergefilmt", erzählt Ebert. "Das war zunächst erschreckend." Einige Anwohner griffen allerdings hilfsbereit zu und der Ballon konnte in einem Garten landen. Da hier aber kein Platz zum Ablegen der 1500 Quadratmeter großen Hülle war, stieg er mit einer neuen Gasflasche an Bord noch einmal auf, um auf eine etwas größere Wiese der Wohnanlage gezogen zu werden. "Alles ist gut gegangen", freut sich Ebert. Und für das befreundete Paar im Korb war es sicher eine unvergessliche Premierenfahrt. "Es war eine Herausforderung", sagt Ebert, der aber schon sicher im Wald gelandet ist. "Nun waren es eben keine Bäume, sondern Häuser." Ähnlich wie bei einer Landung im Wald bei Mückenloch im Februar dieses Jahres mussten auch am Sonntag Polizei und Feuerwehr nicht eingreifen.
Anwohner Karl Gschwend braucht die Aufregung derweil nicht jeden Tag, wie er sagt: "Ich hoffe, dass es der erste und letzte Ballon war, der hier landet."