Häufig wurden Grillanzünder verwendet - wie hier beim Brand eines Wohnmobils. Foto: Priebe
Leimen/Sandhausen/Heidelberg. (fi) Wochenlang hielt er Ende letzten Jahres und noch im Januar Polizei und Feuerwehr in Atem. Seit Mittwoch muss sich der wegen der Verwendung von Grillanzündern als "Griller" bekannt gewordene Brandstifter von Sandhausen und St. Ilgen nach seiner Festnahme vor dem Heidelberger Landgericht verantworten. 17 Mal soll der 37 Jahre alte Tobias B. Feuer gelegt haben. Wodka, Spiritus und Grillanzünder - das waren für den Angeklagten die Zutaten vor den Brandlegungen. Der Alkohol wurde "schnell reingepumpt" und sollte dem innerlichen Stress entgegenwirken, der sich aus häuslichen und familiären Situationen ergeben hatte.
Für den Angeklagten, der aus Bensheim/Zwingenberg stammt, waren Brandstiftungen nichts Ungewöhnliches. Auch war er dort schon wegen Diebstahls oder Schlägereien auffällig geworden. Bereits als Elfjähriger hatte er Papiereimer in Brand gesetzt und war später wegen Brandstiftung und Suizidversuchen in einer Kinder- und Jugendpsychiatrie untergebracht. Das Elternhaus hätte ihn geprägt, der Vater als Alkoholiker hätte seine Vaterschaft immer wieder geleugnet. Mit einem Einzelbetreuer versuchten die Behörden, den damaligen Heranwachsenden zu stabilisieren. "Doch dann verliebte sich meine Mutter in den Betreuer", so Tobias B. Ein Jugendheim bis 1995 und acht Jahre Vollzugsanstalt in Wiesbaden schlossen an. Die Hauptschule wurde zwar abgeschlossen, eine Schreinerlehre allerdings nicht beendet. In einer Wiedereingliederungseinrichtung in Schriesheim heiratete er 2006, 2007 kam eine Tochter zur Welt. Nach der Scheidung ging er im April 2015 eine neue Ehe ein.
Dann zog er nach Leimen um und es begann die Serie von versuchten und vollendeten Brandstiftungen. Das Gericht unter dem Vorsitz von Richter Christian Mühlhoff versuchte, auch die Beweggründe zu ermitteln. Nicht zu allen Vorwürfen nahm der Angeklagte Stellung. Bei einigen Bränden wie in der Heidelberger Straße in Sandhausen oder an Balkonverkleidungen in Leimen, bestritt Tobias B., zugegen gewesen zu sein. "Mein zehn Jahre alter Stiefsohn hat mich nicht akzeptiert, da habe ich bei Netto gezündelt", gestand der Angeklagte aber. Mehrere Einkaufsbons des Discounters in der Bahnhofstraße in Leimen lagen dem Gericht vor. Inhalt: Wodka, Spiritus und Grillanzünder. "Ich habe nicht sofort zum Feuer gegriffen, erst zum Alkohol, doch ohne Erfolg", so der Angeklagte. Er sei wieder in sein altes Schema verfallen.
Einen Schuppen am Bahnhof St. Ilgen/Sandhausen suchte er nach einem Streit mit der Ehefrau heim. Der Angeklagte gestand, ein Wohnmobil in der Hohenstaufenallee in Leimen Anfang Dezember 2015 angezündet zu haben: "Ich habe noch an die Scheiben geschlagen, ob jemand drin ist, und bin dann gleich weg." In der Büchertstraße in Sandhausen wurde an einem Kleinbus Feuer gelegt, ein Fenster eines Wohnhauses mit Spiritus angesprüht und angezündet. Die Wohnung war leer, Menschen kamen nicht zu Schaden.
Akribisch wurden die Fälle aufgelistet, die teilweise Schäden von mehreren Tausend Euro verursachten, teilweise auch glimpflich ausgingen. Gehört werden sechs Zeugen, ein Sachverständiger begleitet den Prozess. Laut Richter Mühlhoff kommt neben einer Strafe auch ein Unterbringungsverfahren in Betracht. Zwei weitere Verhandlungstage folgen.