Auch die Bürgermeister "huschen" mit: in Heiligkreuzsteinach, wo die App herkommt, Sieglinde Pfahl (Foto: Alex), in Heddesbach Hermann Roth. Kleine Fotos: privat
Von Manuel Reinhardt
Heiligkreuzsteinach. Silvesternachmittag im abseits gelegenen Heiligkreuzsteinacher Ortsteil Hinterheubach. Juliane Oberlinger braucht noch etwas vom Einkaufen aus Schriesheim. Doch der Weg mit dem Bus ist lang. Also greift sie kurzerhand zum Smartphone und schickt per App eine Anfrage ab. Und siehe da: Jemand hat dasselbe Ziel und nimmt Juliane Oberlinger kurzerhand und unkompliziert mit. Das Mitfahrsystem "Husch" (siehe Hintergrund), an der sich mehrere Odenwaldgemeinden beteiligen, hat’s möglich gemacht.
Auch Michael Bering aus Lampenhain wollte an jenem Tag noch ein paar Besorgungen in der Bergstraßengemeinde machen. Er wiederum sendete zehn Minuten, bevor er losfuhr, seine geplante Fahrt an die App. Und so ging er mit Juliane Oberlinger einfach gemeinsam einkaufen.
Rückblick: Seit 2014 beschäftigte sich eine Arbeitsgruppe des Ausschusses "Zukunftsfragen und Dorfentwicklung" mit dem Thema Mobilität. Dabei wurde dann der "Heilig-Express" ins Leben gerufen, bei dem sich die Teilnehmer - auf gut Glück - mit einer grünen Tasche an den Straßenrand stellten und auf eine Mitfahrgelegenheit hoffen konnten. Der Erfolg war zwar nicht schlecht, aber doch überschaubar. "Und für junge Leute doch etwas uncool", wie Michael Bering und Bürgermeisterin Sieglinde Pfahl unisono erklären. Also suchte die Gruppe weiter und wurde auf die App "Höri" der Bodensee-Halbinsel Radolfzell aufmerksam. Der Kontakt wurde hergestellt und die App an Heiligkreuzsteinach angepasst. Und die Nachbarkommunen Heddesbach, Schönau, Wilhelmsfeld und Schriesheim mit ins Boot geholt. Aus je einem Buchstaben der fünf Orte setzt sich der Name "Husch" zusammen.
Michael Bering hat die Federführung des Mitfahrsystems übernommen, pflegt die Internetseite und kümmert sich um die Anmeldungen. Schon in Heidelberg hatte er lange Zeit die Mitfahrzentrale betrieben und engagiert sich nun in seiner Heimatgemeinde Heiligkreuzsteinach. "Ich hoffe auf zahlreiche weitere Mitstreiter", sagt Bering. Rund 300 Bürger haben sich bereits angemeldet und die Aktion hat sich auch schon in den hessischen Nachbargemeinden Abtsteinach und Wald-Michelbach herumgesprochen, wo es Interesse daran gibt.
"Man muss sich auf dem Land zusammen tun, weil die Kosten für den ÖPNV sehr hoch sind", findet auch Juliane Oberlinger. "Ich finde das System super, es kostet für den Anwender nichts und ist eine sinnvolle Ergänzung zum ÖPNV." Daneben gebe es auch noch den positiven Effekt für die Umwelt, da natürlich CO2 eingespart werde. Nicht nur kurze Wege, sondern auch längere Reisen weit über die Grenzen der fünf Gemeinden hinaus können nämlich vereinbart werden.
Das bietet auch Manuela Heesen aus Schriesheim an. Sie ist regelmäßig mit ihren drei Kindern zum Sport unterwegs, aber auch längere Fahrten etwa nach Schwetzingen meldet sie an. Einen Fahrgast hat sie bislang noch nicht mitgenommen. "Hier in Schriesheim fehlt ein bisschen die Werbung", meint die 50-Jährige. Und rührt so selbst die Werbetrommel. Denn die Mitfahrapp sei auch für ihren Ort sinnvoll: "Vor allem an den Zeiten am Abend ist der ÖPNV hier auch nicht so ideal." Und die Teilnahme an Husch sei relativ einfach.
Das hat auch Bürgermeisterin Sieglinde Pfahl schon erlebt. Sie "huscht" fleißig mit. "Ich habe auch schon Leute mitgenommen, da ich ja beruflich oft unterwegs bin", sagt sie. Sie erinnert sich an ihr "erstes" Mal: "Ich habe eine kleine Strecke eingegeben, jemand hat sich gemeldet und ich habe ihn am verabredeten Platz mitgenommen." Und hatte zudem eine nette Unterhaltung. "Das war total easy."