Vorbei: 92 Jahre lang beherbergte das Stadttor der Burganlage auf dem Dilsberg die
Jugendherberge. Jetzt sucht das DJH nach einem Käufer für das Gebäude. Foto: privat
Neckargemünd-Dilsberg. (mare) Wohnen in einem mittelalterlichen Stadttor, hoch oben auf einer alten Burgruine. Das machte die Einzigartigkeit der traditionsreichen Jugendherberge Dilsberg aus. Doch das war einmal. Denn der Landesverband Baden-Württemberg des Deutschen Jugendherbergswerkes (DJH) hat jüngst beschlossen, die Institution zum 31. März 2016 endgültig zu schließen. Damit endet eine 92-jährige Geschichte.
Grund für die Schließung sind die hohen Kosten von 1,8 Millionen Euro, die für dringende Sanierungsmaßnahmen notwendig gewesen wären. Für die Jugendherberge mit insgesamt 70 Betten zu viel. "Wir haben geplant, die Anlage so lange wie möglich offen zu halten", erklärt DJH-Geschäftsführer Karl Rosner gegenüber der RNZ. "Doch letzten Endes mussten wir entscheiden, jetzt einen klaren Schlussstrich zu ziehen."
Bereits zum 1. November 2015 war der laufende Betrieb wegen anstehender Umbaumaßnahmen eingestellt worden. Damals ging das DJH noch davon aus, dass eine Modernisierung mit rund 600 000 Euro möglich sei. Nach genauerer Prüfung durch mehrere Fachingenieure erhöhte sich der Betrag aber auf jene 1,8 Millionen Euro, die der Verband nicht stemmen kann. Denn das DJH drückt ein Investitionsstau, die 51 Häuser in Baden-Württemberg müssen mit einem zweistelligen Millionenbetrag unterhalten und ertüchtigt werden.
Insbesondere die brandschutzrechtliche Situation machte nun die Sanierung der Einrichtung nötig. "Es hat sich gezeigt, dass die Brandverhütungsmaßnahmen in alten Gemäuern sehr teuer sind", so Karl Rosner. Allein hierfür seien Kosten von 400 000 Euro angefallen. Und dabei hatte das DJH seit 2001 bereits knapp 256 000 Euro in die Ertüchtigung der beiden Gebäude - Stadttor und Anbau - zur Umsetzung des Brandschutzes, aber auch zur Instandsetzung von Sanitäranlagen, der Heizung und zur Erneuerung des Daches investiert. "Das waren aber alles laufende Unterhaltungsmaßnahmen", sagt Karl Rosner. "Jetzt war eine grundlegende Modernisierung unumgänglich."
Und eben am Ende zu teuer. Seitens des DJH hatte man schon frühzeitig versucht, die Jugendherberge auf Vordermann zu bringen: Gedankenspiele zur Erweiterung schlossen das ehemalige Hotel-Restaurant "Schöne Aussicht" mit ein, das dann aber an einen privaten Investor veräußert wurde. Die Herberge selbst sollte als sogenanntes Tandemhaus - also zwei Einrichtungen unter einer Leitung - mit Heidelberg geführt werden. Und auch bei der Stadt Neckargemünd wurde nachgefragt: Doch hier standen keine Mittel zur Verfügung. So blieb dem DJH nichts anderes übrig, als die Tore endgültig dicht zu machen. "Es war eine schwierige Entscheidung, denn die Jugendherberge war eine langwierige Einrichtung mit historischem Charakter", bedauert Rosner.
Und schließlich eine, eben aufgrund der Lage sehr beliebte Jugendherberge: Rund 10 000 Übernachtungen gab es pro Jahr. Hauptsächlich Schulklassen, aber auch Freizeitgruppen wie Chöre und Musikvereine buchten sich hier ein. "Die Auslastung war nicht schlecht", so Karl Rosner. Die bisherigen Mitarbeiter werden nun in anderen Häusern des DJH in der Region unterkommen. Was das Gebäude betrifft, so sucht DJH nach einem Käufer. Und vielleicht ist ein Blick in die Geschichte ein Fingerzeig: Denn nach dem Zweiten Weltkrieg beheimatete die Stätte Vertriebenenfamilien. Die man auch Flüchtlinge nennen könnte.