Mosbachs Kreisjägermeister Heinz Gottmann demonstriert frische Biberspuren in der Nähe der Großen Kreisstadt. Der benagte Baum musste aus Sicherheitsgründen gefällt werden. Die Rinde dient Bibern gerade im Winter als Nahrung. Fotos: Noemi Girgla/Getty Images
Von Noemi Girgla
Neckar-Odenwald-Kreis. Dass der Biber wieder da ist, ist nichts Neues. Dass er sich im Neckar-Odenwald-Kreis immer weiter ausbreitet liest und hört man derzeit überall. Dennoch sorgen frische Nagespuren, Damm- und Burgenbauten immer wieder für Meldungen – bei der RNZ wie auch bei den Biberbeauftragten im Kreis. Die Meldungen kommen hauptsächlich von Spaziergängern, jüngst aus Obrigheim und Lohrbach.
Dabei läuft der Biber im Winter "auf Sparflamme", wie es Joachim Bernhardt, einer von drei Biberberatern des Landkreises, ausdrückt. "Der Biber hält zwar keinen Winterschlaf, macht derzeit aber ,halblang’. Hochsaison ist in der zweiten Jahreshälfte, wenn die Jungtiere von ihren Eltern vertrieben werden und sich eigene Reviere suchen müssen." Die Elz sei voll mit Tieren, berichtet Bernhardt, der die Gesamtpopulation im Neckar-Odenwald-Kreis auf etwa 150 Tiere in knapp 60 Revieren schätzt. "Die guten Reviere, wie beispielsweise an der Stelzenbrücke in Neckarelz, sind schon besetzt", erklärt der Biberberater, "jetzt sind die sogenannten ,suboptimalen Reviere’ an der Reihe."
Auch Heinz Gottmann, Kreisjägermeister der Kreisjägervereinigung Mosbach, sind die frischen Spuren des großen Nagers schon seit Monaten aufgefallen. "Es ist beeindruckend, zu sehen, wie der Biber sich Lebensräume schafft und dabei aktiv die Landschaft zu seinem Nutzen umgestaltet", berichtet er. "Das stimmt die Landeigentümer oftmals nicht froh, da der Biber die Uferränder des Gewässers, in dem er sich ansiedelt, unterhöhlt und diese wegbrechen oder einsacken können." Die Vegetation diene dem Biber sowohl als Nahrung als auch zum Bau seiner Dämme und Biberburgen. Manchmal würden (vor allem Weichholzbäume) auch so benagt, dass diese aus Sicherheitsgründen gefällt werden müssten.
Der Biber läuft derzeit auf "Sparflamme"Während in Bayern zumindest eine kleine Entschädigung für "Biber-Schäden" gezahlt werde, gebe es diese in Baden-Württemberg nicht, erläutert Joachim Bernhardt. Das liege daran, dass der Biber im benachbarten Freistaat aktiv ausgewildert worden sei, in Baden-Württemberg jedoch zugewanderte und so als "normales wildes Tier" gelte.
Damit es erst gar nicht soweit kommt, sind Joachim Bernhardt und seine Kollegen im Landkreis ständig im Einsatz. Bis zu sieben Stunden am Tag – ehrenamtlich! Dabei suchen sie gemeinsam mit den Grundstücksbesitzern nach Lösungen für Mensch und Biber, vermitteln, stellen Zäune auf, legen Drähte um Bäume – ganz zu schweigen von dem anfallenden "Papierkram". Die Betroffenen reagieren unterschiedlich. "Ähnlich, wie wenn einer einen Lackschaden am Auto hat. Der eine regt sich auf, der andere nimmt es gelassen", vergleicht Bernhardt.
Gejagt werden darf "Meister Bockert", wie der Biber im Volksmund auch genannt wird, nicht. "Die Tiere sind streng geschützt", erläutert Heinz Gottmann, "sie wurden nicht einmal ins Jagdrecht aufgenommen. Auch an seinen Bauten darf nichts verändert werden." Nur in besonderen Ausnahmefällen, die vom Regierungspräsidium genehmigt werden müssen, und die sich nicht negativ auf die Biberpopulation auswirken, dürfe der Mensch eingreifen, wenn alle anderen Optionen ausgeschöpft seien. In den letzten fünf Jahren sei dies im Kreis aber "unter fünfmal" vorgekommen, erläutert Bernhardt, der seit 2016 Biberberater ist. Der Forstakademiker erinnert sich dabei an zwei Fälle aus Walldürn und Buchen, bei denen sich einmal Biber in der Kanalisation aufhielten, ein anders Mal einen Bau in einem Bahndamm errichteten. Dieser musste verfüllt werden. Beide Male waren die Tiere aber schon weitergezogen, als man eingriff.
"Biber ,regulieren’ sich tatsächlich von selbst", bestätigte Bernhardt auf RNZ-Anfrage. "Wenn alle Reviere voll sind, hören sie auf sich zu vermehren." Jedoch hätten wir im Kreis durchaus noch Kapazitäten. Über den Neckar sei der Biber in die Nebenflüsse gewandert. Von denen dann auch in den Roberner See, berichtet Bernhardt. "2007 hat man am See die ersten Nagespuren festgestellt", weiß auch Gottmann. "Seit 2008 hat er sich dort fest etabliert. Inzwischen weiß man, dass der Nachwuchs abgewandert ist und überall an Neckar, Elz und Nebenflüssen ein neues Zuhause gefunden hat."
Es gibt aber nicht nur Ärger, sondern auch Freude darüber, dass der Biber wieder da ist. "Angler mögen den Biber", lässt Bernhardt wissen. Denn wo Biber-Bauten sind, gebe es oft vermehrt Bachflohkrebse und andere wirbellose Tiere, die den Fischen als Nahrung dienen. Auch böten die Bauten gute Versteckmöglichkeiten für den Fischnachwuchs. Den Biber selbst interessiert das weniger – er ist ein reiner Vegetarier.