Eigentlich ging es Ann-Kathrin Radtke und Heiko Dolgener um Pferdehaltung und darum, Kindern den Zugang zu Pferden zu ermöglichen. Doch sie haben das Gefühl, dass ihnen Steine in den Weg gelegt werden sollen. Foto: Stephanie Kern
Von Stephanie Kern
Haßmersheim. "Wir wünschen uns, dass der Verein Natur der Pferde hier willkommen ist." Ann-Kathrin Radtke und Heiko Dolgener leben und arbeiten in Haßmersheim. Vor zwei Jahren haben sie den Verein "Natur der Pferde" und einen landwirtschaftlichen Betrieb gegründet, in dem Pferde und Alpakas gezüchtet werden.
Die zwei Pferdeliebhaber haben das Gelände neben der alten Schiffswerft in Haßmersheim erworben, und dort einen Unterstand für die Pferde, Heu und Geräte gebaut. "Wir halten uns an die rechtlichen Rahmenbedingungen", erklären Ann-Kathrin Radtke und Heiko Dolgener. "Wir haben allerdings das Gefühl, die Ämter suchen nach der Nadel im Heuhaufen." Auch in Teilen der Bevölkerung und bei den Landwirten gebe es kritische Stimmen – vor allem wegen der Hinterlassenschaften der Tiere auf den Weiden. "Vielleicht wissen zu wenige Menschen, was wir tun", meint Ann-Kathrin Radtke.
Denn neben der (gewerblichen) Zucht von Alpakas und Pferden hat sich der Verein ausschließlich sozialen Zwecken verschrieben. Es werden Projekte mit Kinderhospizdiensten angegangen und für Kinder, deren Eltern an einer lebensverkürzenden Krankheit leiden, Patenschaften arrangiert. Es gibt aber auch eine Zusammenarbeit mit der Friedrich-Heuß-Schule und viele Kinder aus dem Ort nutzen den Verein, um Pferden näher zu kommen. "Wir sind aber auch darauf angewiesen, dass wir unsere Pferde auf Wiesen weiden lassen können", erklärt Ann-Kathrin Radtke. Das Konzept des Vereins lebe von Freiraum – doch da liege das Problem für manche Haßmersheimer, erzählen die Pferdeliebhaber.
"Wir hatten einige Wiesen in und rund um Haßmersheim gepachtet. Als dann vor etwa zwei Jahren die Neuverpachtung landwirtschaftlicher Flächen der Gemeinde anstand, haben wir uns informiert und auch den Zuschlag für eine große Fläche am Neckar erhalten", erklärt das Vorstandsteam. Unterhalb der Friedrich-Heuß-Schule, unmittelbar am Radweg, befindet sich diese Wiese, auf der die Pferde und Fohlen zeitweise stehen, spielen, grasen. "Damit fingen die Anfeindungen an."
Der Verein und dessen Mitarbeiter sind von anderen Landwirten angegangen worden, auch ein Mitarbeiter des Zweckverbandes Wasserversorgungsgruppe Mühlbach, dessen Flächen an die Weide angrenzen, habe deutlich gemacht, was er von den Pferden hält. "Wir versuchen, im Dialog zu bleiben, und höflich zu sein", sagt Heiko Dolgener. "Keiner der Kritiker hat bei uns einmal gefragt, was wir eigentlich machen", erzählt das Vorstandsmitglied. Die Pferde sind ein Publikumsmagnet, viele Spaziergänger und Radfahrer bleiben stehen und beobachteten die Pferde und Alpakas, Familien mit Kindern in Haßmersheim drehen ihre Runden dort, wo die Pferde stehen und Haßmersheim werde dadurch für Außenstehende attraktiver. "Und dennoch legt man dem Verein jeden möglichen Stein in den Weg", erzählen die Vorstandsmitglieder.
Sowohl in Bezug auf die Haltung auf der Wiese am Neckar als auch in Bezug auf den Unterstand neben der ehemaligen Werft ist inzwischen auch das Landratsamt tätig geworden. Die Baurechtsbehörde des Kreises hat sich mit dem Pferde- und Heuunterstand beschäftigt. "Nach Bekanntwerden der Pferdehaltung fand kurzfristig eine Besichtigung mit Vertretern mehrerer Fachdienste des Landratsamts statt", heißt es in einer Mitteilung auf eine Anfrage der RNZ. Darauffolgend sei eine Besprechung mit einem Vertreter des Vereins anberaumt worden, um ihm Gelegenheit zu geben, die Nutzung darzustellen. "Ein entsprechender Antrag des Vereins liegt bislang nicht vor, da zunächst geklärt werden sollte, ob die geplante Nutzung bauplanungsrechtlich genehmigungsfähig wäre. Über die planungsrechtliche Zulässigkeit der bereits vorhandenen Pferdehaltung in der dargelegten Form mit Unterstand, Weidefläche und Bewegungsplatz konnte deshalb bislang noch nicht abschließend entschieden werden", so das Landratsamt. Die entsprechenden Fachbehörden seien eingebunden, zu berücksichtigen seien insbesondere wasser- und naturschutzrechtliche Belange.
Die Abteilung Wasserrecht des Landratsamts hat sich auch schon mit der Pferdehaltung befasst. "Die Eigentümer, deren Grundstücke sich in Zone II des Wasserschutzgebietes zum Schutz der Brunnen des Zweckverbandes Wasserversorgungsgruppe Mühlbach befinden, erhielten jeweils ein Schreiben des Landratsamts." In diesen sei darauf hingewiesen worden, dass die Schutzgebietsverordnung unter anderem auch grundsätzliche Verbote im Hinblick auf Tierhaltungen enthalte. Generell sei zur Sicherstellung des Schutzes der Wasserfassungen auf diesen Flächen die Tierhaltung verboten. "Denn durch Tierhaltungen besteht dauerhaft eine Eintrags- und somit eine Gefahrenquelle für Grundwasserverunreinigungen. Eine Weidehaltung in Zone II dieses Wasserschutzgebietes kann deshalb nur geduldet werden, da generell geeignete Böden vorhanden sind sowie zusätzlich bestimmte Bedingungen eingehalten werden." Beispielsweise muss die Grasnarbe erhalten bleiben. Falls bei Untersuchungen des Wasserversorgers Keimbelastungen im Rohwasser der Brunnen festgestellt werden sollten, müsse die Tierhaltung sofort geräumt werden.
Einige Haßmersheimer hätten auch kritisiert, dass die Bäume von den Pferden beschädigt würden. "Auch darauf haben wir reagiert. Wir haben Schutznetze bestellt, bringen diese bei Bedarf an und würden Bäume natürlich ersetzen", sagt Ann-Kathrin Radtke. In den zwei Jahren, seit die Pferde am Neckar weiden, sei aber noch kein Baum durch die Pferde zerstört worden. "Wer was finden will, der findet was", sagt sie, fast ein wenig resigniert. Manchmal würde sie sich wahrscheinlich wünschen, dass die Menschen es wie die Tiere halten: Miteinander kommunizieren, wenn man ein Problem hat. "Wir wollen den Dialog", betont Heiko Dolgener nochmals. Auch mit den Kritikern.