Wenn Daniel Helfrich über seine heimliche Passion, das Tanzen, berichtet, bleibt kaum ein Auge trocken. Foto: Peter Lahr
Von Peter Lahr
Mosbach. "Ein Odenwälder wie wir, aber aus Hessen", so wurde Daniel Helfrich am Freitagabend im Kultur- und Begegnungszentrum "Fideljo" angekündigt. Der virtuose Tastenakrobat, profunde Wortverdreher und versierte Zahlenschieber eröffnete das lachintensive Herbstprogramm mit einer Überraschung: "Eigentlich bin ich ja Tänzer", betont Helfrich und erhebt zum Beweis gleich eine ganze Menge einschlägiger Tanzfilme gleichzeitig zu seinem absoluten Lieblingsstreifen.
Dazu könnte auch "Der letzte Tango in Paris" oder "Tanz der Vampire" zählen. Denn mit Trommelwirbel präsentiert Helfrich das zweite unverzichtbare Accessoire des Abends - jenseits des Klaviers. Es ist eine simple Abzählvorrichtung, wie sie einst auf großväterlichen Schreibtischen gerne als Tageskalender Verwendung fand. Doch Daniel Helfrich hat damit anderes als die Zeitmessung im Sinn. "Tanzen ist nicht ungefährlich - es gibt heute Abend 35 Todesfälle", warnt er zart besaitete Zuhörer. Glücklicherweise "sterben" all die Tänzerinnen nur in Liedtexten. Die erste gleich bei "Grease". "Ich habe einfach kein Glück", lautet der beinahe traurige Running-Gag-Kommentar. Da Künstler es bekanntermaßen nicht immer so mit den Zahlen haben - später sorgt eine permanente Erhöhung um eine Zahl für reichlich Nachrechnen und Gelächter im Publikum - springt in der ersten Reihe Renate in die Presche. Die Freiwillige erinnert an jede neue Leiche - und stürmt im Fall des Falles auch mal eigenmächtig auf die Bühne, um die Zählmaschine zu betätigen. Was Helfrich dann doch zu überraschen scheint: "Du bist aber forsch, Baby."
Der Publikums-Check darf nicht fehlen: "Mosbach, macht Ihr Euch oft keine Gedanken?", will Helfrich da wissen. "Holter die Polka" outet er gnadenlos Männer, Frauen, Paare, Singles, Finanzamts-Mitarbeiter, Polizisten und eine Gruppe von Kiffern im Mittelfeld. Doch zurück zum Tanzen: "Meine Beine wollen Elfen sein", erklärt der Kabarettist äußerst komisch und textet in loser Folge bekannte Titelsongs von Tanzfilmen um. Passt sie auf seine eigenwillige Tanz-Biografie an. Nimmt das Publikum "für acht Stunden mit aufs glatt gebohnerte Todes-Parkett" und befürchtet nur: "Es wird sich länger anfühlen."
Immerhin hat Helfrich einen Trost parat: In "Herr der Ringe" gäbe es eindeutig mehr Todesopfer als bei ihm. Aber das ist ja auch nicht unbedingt ein Tanzfilm. "Stellt euch vor, ich wär’ beim nächsten Lied nicht auf der Bühne", sprengt Helfrich die Grenzen der Wahrnehmung und betört mit einem 4/5-Takt. Überhaupt die Tanzmusik: Ob Boogie oder Blues, ob Hofbräuhaus-Bierzelt-Musi oder Schlagerkarussell, ob Cha-Cha-Cha oder Arie. Daniel Helfrich schüttelt alle Stile aus dem Ärmel und grandios auf die Tasten. Und er tut dies so nebensächlich, lenkt wie ein Zauberer mit seinen scharfzüngigen Texten davon ab, dass man es lange gar nicht bemerkt, mit welcher Eleganz er den Soundtrack für den "Planet Disco" zimmert. Frei nach dem Motto: "Frisch gewagt ist 1 ½ gewonnen!"
Immer hat Helfrich noch einen Ohrwurm in petto. Fast schon zum Tänzer mutiert er als Elvis-Double, das über Stühle jongliert und Rock’n’Roll zwischen Röntgenbild und Fango-Tango röhrt: "Ich turne bis zur Urne!" Hoffentlich dauert das noch sehr lange!