Auf die neuen (also zusätzlichen) Busse müssen die Fahrgäste im Neckar-Odenwald-Kreis noch warten. Um die mit dem Nahverkehrsplan vorgesehenen Erweiterungen des Angebots auch umsetzen zu können, fehlen aktuell Busse und Fahrer. Foto: Schattauer
Neckar-Odenwald-Kreis. (schat) Das geht ja gut los, oder treffender: Es geht erst mal gar nicht los. Der eigentlich für Anfang Januar vorgesehene Betriebsstart der neuen Buslinienbündel Mosbach und Buchen wird verschoben, und zwar auf den 1. April 2019. Wie vereinbart, starten immerhin die beiden neuen Regiobuslinien Neckarelz-Sinsheim und Buchen-Tauberbischofsheim zu Jahresbeginn. Das sind die Ergebnisse eines Spitzengesprächs zwischen dem Landratsamt Neckar-Odenwald-Kreis als ÖPNV-Aufgabenträger, der Busverkehr Rhein-Neckar GmbH (BRN) und dem Verkehrsverbund Rhein-Neckar (VRN), auf das Landrat Dr. Achim Brötel gedrängt hatte.
"Der Grund für die Verschiebung sind fehlende Busfahrer beim BRN, die zwingend benötigt werden, um das neue, deutlich ausgeweitete Angebot fahren zu können", lässt man im Nachgang des Austauschs via Pressemitteilung wissen. Abhilfe soll nun eine zweite Vergaberunde für private Busunternehmen schaffen. An deren Ende sollen dann mehr Subunternehmen im Boot, nein: Bus sitzen - und ihren (notwendigen) Anteil an den Zusatzfahrten übernehmen.
Landrat Brötel erklärt nach dem Gespräch mit BRN und VRN: "Die gute Nachricht ist, dass die Kunden von der Verschiebung im Grunde nichts bemerken werden, da die Busfahrten auf dem bisherigen Niveau ganz normal weiterhin stattfinden. Schade ist hingegen in der Tat, dass wir auf die neuen Leistungen noch etwas warten müssen. Für die privaten Busunternehmen bietet das aber eine extrem wichtige zweite Chance."
Zur Erinnerung: Der BRN hatte im Frühjahr 2018 die vorgegebene europaweite Ausschreibung der Linienbündel Mosbach und Buchen sowie der Regiobuslinien Neckarelz-Sinsheim und Buchen-Tauberbischofsheim gewonnen. Damit verbunden sind über 762.000 Mehrkilometer (siehe "Hintergrund") sowie Verbesserungen bei der Fahrzeugausstattung.
Der BRN gab den Verantwortlichen im Kreis nun zuletzt aber zu verstehen, dass der Betriebsstart zum Januar gefährdet sei, da die erforderlichen Busfahrer derzeit nicht zur Verfügung stünden. Einen wesentlichen Teil der Busleistungen wollte der BRN laut LRA-Auskunft wie bisher an Partnerbetriebe des privaten Busgewerbes vergeben. Bei der im September erfolgten Ausschreibung kamen offenbar aber weit weniger Subunternehmer zum Zuge als geplant. "Für uns ergab sich plötzlich die Situation, dass wir nach dem Ausschreibungsergebnis selbst in der Pflicht waren, die Fahrleistungen in einem so großen Umfang zu erbringen", erklärt BRN-Geschäftsführer Christian Hertel.
Dass dieses Ergebnis zustande kam, daran scheint allerdings vor allem auch die Ausschreibung des BRN für die potenziellen Subunternehmer schuld zu sein. Aus Kreisen privater Busunternehmer aus der Region, zum Teil seit vielen Jahren im ÖPNV für den BRN unterwegs, ist nämlich zu vernehmen, dass eine Übernahme der angebotenen Linien "wirtschaftlich nicht machbar ist". Die Rede ist da von hohen Auflagen (u.a. bei der Busausstattung) und festen Vorgaben (Busfahrerbezahlung), die das "Angebot" offenbar schlicht unrentabel machen. Zum Teil seien im Nachgang der wenig erfolgreichen Verhandlungen zwischen BRN und möglichen Subunternehmern dann eben auch schon Busse verkauft und Fahrer entlassen worden.
Dass die privaten Busunternehmen auf eine auskömmliche Finanzierung ihrer Linienverkehre angewiesen sind, kann auch Landrat Brötel nachvollziehen: "Für manche geht es schlichtweg um die Existenz ihres Betriebs." Deshalb habe der Kreis bei dem Spitzengespräch auch "vehement" auf eine Verschiebung des Betriebsstarts sowie eine weitere Vergaberunde durch den BRN gedrängt. Die werde nun vom Kreis und dem VRN eng begleitet.
"Der VRN wird seine langjährige Erfahrung bei der Vergabe der Subunternehmerleistung unter Federführung des BRN einbringen und dabei in erster Linie als ,Kümmerer‘ fungieren", erläutert Volkhard Malik, VRN-Geschäftsführer. Auf Nachfrage der RNZ skizziert Sabine Eichhorn, Leiterin der VRN-Vergabestelle, wie dieses Kümmern aussehen soll. So begleite man das (zweite) Ausschreibungsverfahren von Beginn an, wolle inhaltliche Anregungen geben, mögliche Missverständnisse ausräumen. "Vielleicht müssen wir die Unternehmen ein bisschen mehr abholen", sagt Eichhorn, auf der Suche nach "vernünftigen Lösungen". Die Unterlagen für die zweite Ausschreibungsrunde gingen in den nächsten Tagen raus, so die Vergabestellenleiterin weiter. Seitens des VRN hofft man dabei "auf eine rege Beteiligung der privaten Busunternehmer".
Um die neue Vergabe gesetzeskonform durchführen zu können, haben sich Landkreis und BRN nun auf einen Weiterbetrieb des bisherigen Leistungsumfangs bis 31.3. geeinigt. Dabei sollen auch die privaten Busunternehmen mitspielen, obwohl die "ja größtenteils schon ganz anders geplant haben", wie Christian Hertel einräumt. Der BRN-Chef ergänzt: "Wir werden alles daransetzen, dass am 1. April das neue Busangebot tatsächlich auch gefahren werden kann."
Auch Landrat Brötel und VRN-Geschäftsführer Malik hoffen, dass die weitere Vergaberunde die Lage weitgehend entschärft und das neue ÖPNV-Angebot den Bürgern zeitnah verlässlich zur Verfügung steht. "Letztlich wird es aber entscheidend davon abhängen, wie sich der BRN mit den privaten Busunternehmen einigen kann", schließt die Pressemitteilung. Im Sinne des ÖPNV-Angebots im Kreis darf man auf die Kümmerer und eine Einigung im zweiten Anlauf hoffen.