"Man darf nichts unversucht lassen, den Mordfall Piller doch noch zu klären"

Polizeisprecher Schumacher erläutert im RNZ-Gespräch, wie man nach 29 Jahren im Mordfall weiterkommen will - Hinweisaufruf

02.02.2015 UPDATE: 03.02.2015 06:00 Uhr 2 Minuten, 31 Sekunden

Nach wie vor ungeklärt ist der Mord an Christine Piller aus dem Jahr 1986. Foto: pol

Von Heiko Schattauer

Aglasterhausen/Heilbronn. Der Todesanzeige mit quälenden Fragen folgte eine Polizeipressemitteilung, die viele Fragen offen ließ: Der Mordfall der aus Aglasterhausen stammenden Christine Piller, die vor 29 Jahren erst wochenlang vermisst und dann erstochen aufgefunden worden war, steht plötzlich wieder im Fokus. Die Polizei hat den nach wie vor ungeklärten Fall schon seit geraumer Zeit wieder auf dem Tisch, die Ermittlungen intensiviert. Und auch die Aufmerksamkeit der Menschen in der Region zieht das grausame Verbrechen von einst nun erneut auf sich. Aber welche Hoffnungen macht man sich bei der Polizei? Lassen sich nach so langer Zeit wirklich noch (neue) Erkenntnisse gewinnen, um den Mord an der damals 19-Jährigen vielleicht doch noch aufzuklären? Die Rhein-Neckar-Zeitung hat diesbezüglich nachgefragt beim Pressesprecher des zuständigen Polizeipräsidiums Heilbronn, Harald Schumacher.

Nachdem zum vermutlichen Todestag von Christine Piller eine Anzeige in den regionalen Tageszeitungen erschienen war, ging nun die Polizei noch einmal mit dem fast 30 Jahre alten Fall an die Öffentlichkeit. Warum jetzt?

Ungeklärte Kapitaldelikte werden regelmäßig von den Ermittlern dahingehend überprüft, ob es zwischenzeitlich weitere Ansätze für Ermittlungen gibt oder ob durch den Fortschritt der technischen Auswertemöglichkeiten sich zusätzliche Anhaltspunkte ergeben können.

Ihre Pressemitteilung warf mehr Fragen auf als sie Antworten geben konnte. Nicht nur die direkten Adressaten fragen sich, wie die neuen Spuren aussehen, in welche Richtung sie gehen, woher sie stammen?

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Das Interesse daran, wie die neuen Spuren aussehen bzw. in welche Richtung diese tendieren, ist nachvollziehbar und verständlich. Gleichwohl sind diese Spuren noch so unkonkret, dass ein Transport in die Öffentlichkeit derzeit nicht möglich ist. In diesem Fall sind es ermittlungstaktische Gründe, die dagegen sprechen.

Ermittlungstaktische Gründe hin oder her: Wäre es im Sinne einer möglichen Aufklärung nicht besser, so viel wie möglich an Informationen an die Öffentlichkeit zu geben?

Ein klares Nein. Ganz einfach deshalb, weil man so mögliche falsche Schlüsse ziehen könnte.

Sind die Erkenntnisse so neu, dass man erst jetzt damit an die Öffentlichkeit geht? Die Ermittler beschäftigen sich ja offenbar schon einige Jahre (immer) wieder mit dem Fall?

Die Erkenntnisse sind nicht absolut "brandneu", vielmehr ist es so, dass zur weiteren Verifizierung erneut die Mithilfe der Bevölkerung gefragt ist. Es könnte jedoch auch sein, dass die weiteren Erkenntnisse dazu führen, die bisherigen Ermittlungsergebnisse als unbrauchbar einstufen zu müssen.

Hat die Intensivierung der Ermittlungen damit zu tun, dass ein möglicher Totschlag nach 30 Jahren verjährt wäre?

Im vorliegenden Fall wird wegen Mordes ermittelt. Mord verjährt nie.

Im Nachgang des Mordes hatte es in Mosbach einen Selbstmordfall gegeben, bei dem mancher einen Zusammenhang mit dem Fall Christine Piller konstruierte. Waren das am Ende nur Gerüchte?

Diese Frage war zu erwarten, allerdings konnte weder damals noch zum derzeitigen Zeitpunkt eine Verbindung zwischen dem Suizidfall und dem Mord an Christine Piller hergestellt werden.

Gab es denn schon Reaktionen/Hinweise auf die jüngste Mitteilung und die darauffolgenden Veröffentlichungen in den Medien?

Über das Wochenende gingen bei der Polizei mehrere Hinweise ein. Es handelt sich dabei um Angaben von möglichen Zeugen. Deren Bedeutung muss jedoch noch weiter abgeklärt werden.

Wie nimmt die Familie es auf, dass der Mord an der eigenen Tochter nun wieder derart im Fokus steht?

Die Familie unterstützt uns hinsichtlich der derzeit stattfindenden Ermittlungen bei allen notwendigen Maßnahmen.

Aus Ihrer Erfahrung heraus: Wie realistisch ist es denn, dass sich nach fast 30 Jahren tatsächlich jemand erinnert, was er in jenen Tagen um das Verschwinden von Christine Piller möglicherweise wahrgenommen hat?

Zugegebenermaßen reden wir über einen sehr langen Zeitraum. Denkbar wäre jedoch trotzdem, dass es Personen gibt, denen das eine oder andere Detail immer noch präsent ist.

Und um nochmal die Frage nach der Realität zu bemühen: Wie sind die Chancen, den Mörder von Christine Piller doch noch zu finden?

Mord verjährt nie. Im Grunde genommen muss man diesen Fakt in der Gesamtbetrachtung ganz vorne anstellen. Selbst wenn die Chancen recht gering erscheinen, darf man nichts unversucht lassen, um den Fall doch noch zu klären.

Hintergrund

Am Abend des 23. Januar 1986 war Christine Piller letztmals in Mosbach lebend gesehen, am 22. März in einem Waldstück bei Böttingen tot aufgefunden worden. Die damals 19-Jährige wurde erstochen, ihr Mörder ist bis heute nicht ermittelt.

Nach wie vor ungeklärt ist nach

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Am Abend des 23. Januar 1986 war Christine Piller letztmals in Mosbach lebend gesehen, am 22. März in einem Waldstück bei Böttingen tot aufgefunden worden. Die damals 19-Jährige wurde erstochen, ihr Mörder ist bis heute nicht ermittelt.

Nach wie vor ungeklärt ist nach jüngsten Polizeiangaben der Verbleib verschiedener Gegenstände, die sich im Besitz von Christine Piller befunden haben. Es handelt sich dabei um einen zirka zehn Zentimeter großen, hellbraunen Plüschhund (ähnlich "Snoopy"), einen etwa 20 cm großen, hellbraunen Plüschbär mit weißem Brustbereich mit Aufhängefaden, ein rotbraunes Schlüsselmäppchen mit mehreren Schlüsseln, einen schwarzen, geflochtenen Gürtel und einen roten Cowboyanhänger sowie Christine Pillers Schuhe, die sie am Tag ihres Verschwindens getragen hatte. Möglicherweise habe der Täter diese Gegenstände in einer schwarzen Plastik-Kleidertüte entsorgt. "Im Zuge der derzeitigen Ermittlungen werden die im Zusammenhang mit der Tat stehenden Gegenstände erneut kriminaltechnisch untersucht" erklärt die Polizei. Ob neue technische Möglichkeiten hier weitere Erkenntnisse ergeben könnten, sei offen.

Völlig unklar ist laut Polizei auch nach wie vor, was geschehen ist, nachdem Christine Piller am 23. Januar 1986 (gegen 18 Uhr) ihre Arbeitsstätte in der Mosbacher Innenstadt verlassen hat. Der von ihr benutzte goldbraunmetallicfarbene Ford Fiesta, war mit markanten Seitenstreifen versehen. An der Heckklappe befand sich ein auffälliger "Mickey-Maus-Aufkleber".

Personen, die den Ford Fiesta am Tag des Verschwindens bzw. in den Tagen danach gesehen haben, zum Verbleib der fehlenden Gegenstände oder andere Hinweise im Mordfall geben können, werden gebeten, sich bei der Kriminalpolizei Heilbronn unter der 07131/104-4444 zu melden. schat/pol

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