Von Lydia Dartsch
Heidelberg. Es ist erst ein paar Jahre her, da schmeckte den Horrenbergern und Balzfeldern der Frühstückskaffee plötzlich viel besser. Und das über Nacht. Das war der Tag, an dem die Dielheimer Ortsteile an die Bodensee-Wasserversorgung angeschlossen wurden. Für die Sinsheimer war diese Wasserqualität schon lange nichts neues mehr. In vielen nordbadischen Städten und Gemeinden fließt Wasser aus dem "Schwäbischen Meer", wenn man den Hahn aufdreht. Walldürn ist die nördlichste Stadt und war schon ganz am Anfang dabei. Die wenigsten Menschen wissen, dass das Wasser von Sipplingen bis Walldürn sieben Tage unterwegs ist durch ein 1700 Kilometer langes Leitungsnetz. Die Gründe weshalb Nordbaden Wasser vom Bodensee bekommt, sind vielfältig. Wir haben in einigen Gemeinden nachgefragt.
Dielheim steigt gerade erst ein
Dielheim ist erst ziemlich frisch im Zweckverband Bodensee-Wasserversorgung. Vor sechs Jahren habe sich die Gemeinde zum ersten Mal mit dem Thema beschäftigt, sagt Bürgermeister Thomas Glasbrenner. Die alten Anlagen waren sanierungsbedürftig: der Tiefbrunnen in Dielheim, zwei Quellbrunnen in Horrenberg sowie ein Hochbehälter. Außerdem wies das Wasser aus den Horrenberger Brunnen hohe Nitratwerte auf. "Grenzwerte wurden damals nicht überschritten. Aber wenn die Werte knapp darunter liegen, ist das auch nicht schön", so Glasbrenner weiter. Ein neues Gesamtkonzept musste her.

Zwei Optionen standen im Raum: Wasser künftig nur noch über die Stadtwerke Wiesloch zu beziehen, woher auch damals schon ein Teil des Dielheimer Wasser kam. Oder eine neue Leitung nach Hoffenheim zu legen und sich dort der Bodensee-Wasserversorgung anzuschließen. Eine komplexe, langfristig angelegte Berechnung gab den Ausschlag für den Bodensee. 7,5 Millionen Euro kostet das Projekt. Davon bezuschusst das Land 2,2 Millionen Euro. "Das war langfristig die günstigere Variante", sagt Glasbrenner.
Horrenberg und Balzfeld beziehen schon seit 2018 das viel weichere Wasser aus dem Bodensee. In Dielheim selbst soll es Ende August, Anfang September so weit sein. Die Horrenberger Quellbrunnen wurden stillgelegt. Der Tiefbrunnen in Dielheim bleibt. Wenn das letzte Teilstück fertig ist, wird sich das Trinkwasser in der Gemeinde erneut verändern. "Dann wird das Bodenseewasser mit dem Dielheimer Wasser gemischt", kündigt Glasbrenner an. Mit 14 Grad deutscher Härte werde es immer noch weicher sein, als mit den vorherigen 28 Grad.
Sinsheim will mehr
Sinsheim ist bereits seit Jahrzehnten auf das Bodenseewasser angewiesen. Die zwei Brunnen in Hoffenheim sowie drei weitere Brunnen und eine Quelle in Steinsfurt können den Bedarf in Menge und Qualität nicht decken. Und die Stadt braucht immer mehr davon. Gleichzeitig geht das Grundwasser immer weiter zurück. Üblicherweise bildet sich Grundwasser zwischen November und April, wenn es viel regnet und die Pflanzen wenig Wasser benötigen. In der Gemeinderatssitzung Anfang Juni wurde noch einmal deutlich, dass es seit 2002 keine Jahre mehr gab, in denen sich besonders viel Grundwasser bildet. Besonders im Gedächtnis war das Jahr 2018 geblieben, als in Sinsheim nur 525 Millimeter Regen fiel statt der durchschnittlichen 769 Millimeter.
Gerade konnte die Stadt die Liefermenge vom Bodensee erneut erhöhen. Damit reagierte sie auch auf den zunehmenden Wasserbedarf. Zwar wurde darüber nachgedacht, historische, ungenutzte Wassergewinnungsanlagen zu reaktivieren. Diese waren aber schon vor der Gründung der großen Kreisstadt aufgegeben worden. Durch die bestehenden Belastungen dieses Wassers sei es auch nicht mehr möglich, dort ein entsprechendes Schutzgebiet auszuweisen, heißt es in der Gemeinderatsvorlage.
Neckargemünds strategisch kluge Reserve
Neckargemünd dagegen bezieht Bodenseewasser nur als Reserve. "Wasserknappheit war nicht der Grund", sagt Ellen Frings von den Stadtwerken Heidelberg, die auch für Neckargemünd zuständig sind. 80 Prozent des Wassers kommen aus eigenen Brunnen. 20 Prozent Wasser bezieht die Stadt aus anderen Quellen. Davon sind lediglich 5 Prozent aus dem Bodensee. "Damit bekommen wir ohne Zeitverzug Wasser. Beispielsweise, wenn es einmal zu Verunreinigungen oder einem plötzlichen Mehrbedarf kommt", sagt Petra Polte, Pressesprecherin der Stadt.
Trotzdem sei der Schritt zur Bodensee-Wasserversorgung strategisch klug gewesen, betont sie. 1997 habe der Gemeinderat diesen mit dem Beitritt zum Zweckverband Unteres Elsenztal getan. Zwar sei dieser am Anfang umstritten gewesen. So hätten einige Gemeinderäte gefordert, weitere Quellen zu finden und die Wasserversorgung selbst sicherzustellen. Mit der Reserve aus dem Bodensee wurde aber auch eine Leitung gelegt und die Wasserversorgung langfristig gesichert. "Wir haben zwar gute Quellen. Aber man weiß nie wie lange reicht", sagt Polte. Der Aufwand, mehr Wasser zu bekommen, falls welches benötigt wird, verringerte sich damit. "Wenn man das später gemacht hätte, wäre das sehr viel teurer geworden."
Endlich die Lösung für Walldürn
Für Walldürn war der Anschluss an die Bodensee-Wasserversorgung ein wahrer Segen - seit dem Jahr 1971. Sie ist die nördlichste Stadt und war die erste in Nordbaden, die an das Leitungsnetz angeschlossen wurde. Damit stieg die Lebensqualität in der Stadt enorm: Walldürn hatte in vorangegangenen Jahrzehnten immer wieder mit Wassermangel und schlechter Wasserqualität zu kämpfen. Brunnen, die man in den 50er und 60er Jahren gebohrt und Quellen, die man erschlossen hatte, wiesen oft entweder eine hohe Belastung an Coli-Bakterien auf oder waren mit 55 Grad deutscher Härte sowie einem hohen Anteil von Gips für die Wasserversorgung unbrauchbar.
Bodenseewasser für die Zukunft
Wie die Region ohne Wasser aus dem Bodensee heute aussehen würde, kann man sich kaum vorstellen. Die Wasservorkommen sind sehr unterschiedlich an Menge und Qualität. Doch ausreichend sind sie nicht: "Der Neckar führt zu wenig Wasser", sagt Maria Quignon, Sprecherin des Zweckverbands Bodensee-Wasserversorgung. Zudem ist die Versorgung allein mit Grundwasser durch den Klimawandel nicht zukunftsträchtig. Denn wenn die Sommer heißer werden und die Niederschläge immer weniger werden, geht auch das Grundwasser zurück.
Beim Bodensee sei ein Wassermangel aber noch lange nicht zu erwarten, so Quignon. Laut Website des Verbands geht man davon aus, dass sich die Niederschläge künftig vor allem in den Winter verlagern werden. Ein Rückgang der Schneemengen in den Nordalpen, aus denen sich der Bodensee speist, sei allerdings nicht zu erwarten.