Der Waldkauz lebt vorzugsweise in Wäldern, ist aber auch in stadtnahen Parks oder in Friedhofsanlagen anzutreffen. Foto: Kühn
Von Wolf Goldschmitt und Edith Exner-Goldschmitt
Rhein-Neckar. Waldkäuze wirken auf Menschen oft unheimlich. Das liegt an ihrem dumpfen "Hu-hu-huuu", das bei einer Nachtwanderung durch den Wald schon mal für Gänsehaut sorgen kann. Die im Herbst beginnenden Balzlaute des harmlosen, nachtaktiven Vogels bringt man sofort mit Gruselfilmen à la Graf Dracula in Verbindung.
Auch im Volksaberglauben galt der Waldkauz wegen seiner "Kuwitt"- und "Huhu"-Laute als ungeliebter Totenvogel. Der kleine Jäger mit einer Flügelspannweite von immerhin einem Meter zählt zu den Eulenarten, ist in ganz Europa bis nach Westsibirien vertreten und lebt gern in alten Laub- und Mischwäldern, aber auch Nadelwälder mit Baumhöhlen gehören zu seinem Jagd- und Brutrevier. Das 600-Gramm-Leichtgewicht ist aber nicht nur auf Wälder fixiert, sondern richtet sein Quartier auch in stadtnahen Parks oder auf Friedhöfen ein.
Nennt der Waldkauz ein Revier sein eigen, nutzt er dies ein Leben lang, das können bis zu 15 Jahre werden. Diese Angewohnheit sichert ihm auch sein Überleben in harten Winterzeiten, denn in gewohnter Umgebung kennt er die besten Nahrungsquellen. "Strix aluco" so sein lateinischer Name, ist ein schlauer Jäger der Nacht. Seine speziellen Federn ermöglichen ihm einen geräuschlosen Flug bei der Suche nach Futter. Die Kauz-Tafel ist immer gut gedeckt mit Kleinsäugern, Vögeln, Mäusen oder auch Fröschen und Regenwürmern. Sein extrem gutes Gehör unterstützt die genügsame, gerade einmal 40 Zentimer große Eulenart bei der Nahrungssuche.
Hat sich ein Waldkauzpärchen gefunden, bleibt es sich ein Leben lang treu. Die Waldkauzdame ist in diesem Fall etwas schwerer, nämlich knappe 600 Gramm, der Herr im Hause beziehungsweise im Nest hingegen bringt circa 440 Gramm auf die Waage. Das Baumrinden-artig gezeichnete Gefieder strahlt in verschiedenen Farbnuancen wie Grau, Braun oder Rostbraun. Die großen ausdrucksvollen Augen und der helle Gesichtsschleier sind sein Markenzeichen. Das Ausbrüten der zwei bis sechs Eier ist Sache des Weibchens während sein Partner es in dieser Zeit mit Futter versorgt. Als Kinderstube der wenige Gramm leichten, hilflosen Küken, die ihre Augen erst spät öffnen, dienen alte Baumhöhlen, gerne auch ungenutzte Nester größerer Vögel.
Die jungen "Nesthocker" werden dann fünf Wochen lang von beiden Elternteilen, die als strenge "Erzieher" bekannt sind, mit Nahrung versorgt bis sie "Ästlinge" sind. Sie hüpfen von Ast zu Ast, werden noch so lange gefüttert, bis sie flugfähig sind und dann auf eigene Faust abschwirren. Ist das Federkleid der Teenager schließlich voll ausgebildet, heißt es für die Nachkommen, ihr eigenes Revier zu erobern.
Die Feinde der Waldkäuze sind in erster Linie die menschliche Zerstörung von Lebensraum durch Forstarbeiten, Abholzung und Flurbereinigungen sowie Kollisionen mit Fahrzeugen. Aber auch Habichte, Marder, Fuchs und Uhu können ihm gefährlich werden. Nicht zuletzt illegale Bejagung und Vergiftung sowie Brutstörung durch erhöhte Freizeitaktivität gelten als Gefahrenquellen.
Für den Schutz des Waldkauzes ist es sehr wichtig, Wälder und Parks mit alten und höhlenreichen Bäumen zu erhalten. Nicht abgeholzte, alte Bäume bieten dem "Vogel des Jahres 2017" ein sicheres Versteck und sind ideale Brutplätze. Durch seine besondere Lage am Rande des Odenwalds bietet der Rhein-Neckar-Kreis ein besonders vielfältiges Spektrum an Biotopen.
Die Verbreitung des lautlosen Jägers im Rhein-Neckar-Kreis ist allerdings nur schwer an Zahlen festzumachen. Im Atlas Deutscher Brutvogelarten schätzt man bis zu 50 Brutvogelpaare auf 100 Quadratkilometer. Der engagierte Arbeitskreis Greifvogelschutz des Naturschutzbundes (Nabu) Heidelberg setzt sich unter der Leitung von Karl-Friedrich Raqué seit Jahren für den Waldkauz und seine Verbreitung in den heimischen Wäldern ein.
Bei der Umsetzung des Projekts "Eulen nach Heidelberg tragen", das die Klaus-Tschira-Stiftung finanziell förderte, ist der Arbeitskreis maßgeblich beteiligt. Zusammen mit seinen Aktiven hat der Nabu Heidelberg in den vergangenen drei Jahren moderne, sichere und artgerechte Brutkästen eingerichtet. Und der Waldkauz nimmt diese Nistplätze sehr gerne an.
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