Von Stefan Kern
Schwetzingen/Ketsch/Oftersheim. Das Corona-Virus schränkt das Leben massiv ein. Man darf kaum Menschen treffen, abends nicht mehr vor die Tür, und die Kneipe oder das Lieblingscafé sind schon seit Wochen geschlossen. Noch schwieriger ist es, wenn man in Sachen beruflicher Werdegang gerade in den Startlöchern steht und eigentlich loslegen will. Eine Ausbildung in Corona-Zeiten wird zum anspruchsvollen Hindernislauf. Schule mal vor Ort und dann wieder digital über den Bildschirm. Prüfungstermine sollen gehalten werden und werden dann doch wieder verschoben. Und dann die Ausbildungssituation selbst: Bei den einen läuft es relativ normal, andere werden ausgebremst, und bei einigen ist die Bilanz sogar positiv. Einig sind sich alle, dass sie es gern anders hätten. Vor allem die fehlende Planbarkeit macht vielen Azubis zu schaffen.
Rico Wessa macht im Restaurant "Ente" im Seehotel Ketsch gerade eine Kochlehre. Der 18-Jährige findet, dass die Situation auch Vorteile hat: "Man ist mehr als sonst dazu gezwungen, über den Tellerrand zu gucken." Man müsse flexibler sein und sich auch auf ungewöhnliche Ideen einlassen. Eine Einschätzung, die Susanne Keppel, die Inhaberin des Seehotels, durchaus teilt. Dass die Auszubildenden in der Küche sind und der Koch digital zugeschaltet wird, sei nicht üblich. "Aber das Wichtigste, es funktioniert", sagt Wessa. Und das ist auch gut so, denn im Mai ist seine Prüfung. Trotz Corona fühlt er sich gut vorbereitet.
Werden in ihrer Ausbildung durch die Corona-Pandemie vor besondere Herausforderungen gestellt: Kira Graber und Ann Kathrin Gerhardt. Foto: privatGanz ähnlich sehen das Kira Graber und Ann Kathrin Gerhardt, die im "Salon" gerade eine Ausbildung zur Friseurin absolvieren. Die beiden 23-Jährigen erklären unisono, dass die vergangenen Wochen sehr intensiv gewesen seien. Für Inhaberin Karin Herzig war der erste Lockdown im Frühjahr deutlich schwieriger. Damals sei das ziemlich überfallartig geschehen, sagt sie. Sich zu orientieren, fiel schwer. "Aber dieses Mal war ich vorbereiteter und damit auch organisierter." Allerdings vermisst sie ihre Kunden.
Für ihre Auszubildenden habe sie alles auf Linie gebracht, sodass sie in der Ausbildung jetzt sogar noch etwas tiefer in die Thematik gehen könne. "Es bleibt Zeit für Dinge, die im doch eher hektischen Alltag untergehen", erzählt Karin Herzig. Die Auszubildenden stimmen zu: "Es bleibt mehr Zeit, sich auszuprobieren und auch mal einer kreativen Idee zu folgen, für die ansonsten eher keine Zeit wäre", sagt Kira Graber, die ihre Ausbildung im vergangenen Sommer begonnen hat. Ann Kathrin Gerhardt, derzeit im letzten Lehrjahr, stimmt zu. Diese Zeit habe man gut genutzt. "Wir haben große Fortschritte gemacht", erklären die beiden angehenden Friseurinnen.
Asen Barth. Foto: privatEine Sicht, die nicht überall anzutreffen ist. Olaf Türke, Meister im technischen Team der Stadtwerke Schwetzingen, bewertet die Situation für seine beiden Ausbildenden als schwierig: "Die praktische Ausbildung ruht derzeit komplett." Schon die Fahrt zu Kunden könne unter Corona-Bedingungen und Wahrung der Sicherheit nicht gewährleistet werden. In den Autos sei es einfach zu eng. Deshalb werde die Mannstärke bei den Kunden auf ein absolutes Minimum reduziert. "Ausbildung unter diesen Bedingungen funktioniert leider nicht", bedauert er. Und so beschränke man sich bei den Stadtwerken auf die Theorie und Übungen. "Nicht ideal, aber anders geht es derzeit nicht."
Auch Asen Barth, Auszubildender beim Malerbetrieb Barth in Oftersheim, empfindet die derzeitige Situation als suboptimal. Es laufe zwar so gut, wie es eben geht, aber die Arbeit mit Maske sei sehr anstrengend. "Eine Decke über Kopf streichen und das mit Maske, ist eine Herausforderung", betont er. Auch den Online-Unterricht findet der 18-Jährige alles andere als optimal: "Ich lerne besser in einem Klassenraum mit Lehrer als allein zu Hause. Aber irgendwie muss es ja gehen."
Die Auszubildenden sind jedoch trotz aller Probleme zuversichtlich. Es werde das Möglichste getan, und keiner fühlt sich im Regen stehen gelassen. Und irgendwann würden die Maßnahmen zur Einschränkung der Pandemie der Vergangenheit angehören, sodass die Ausbildung wieder in gewohnten Bahnen verlaufen werde. Und das, so Rico Wessa, auf hohem Niveau. "Eine Ausbildung in Deutschland ist immer noch ein Gütezeichen."