Bei der Anschaffung von Lastenrädern erhalten die Bürger einen Zuschuss. Foto: Lenhardt
Von Harald Berlinghof
Schwetzingen.Nachdem in Hockenheim Oberbürgermeister Marcus Zeitler vor wenigen Tagen die Messlatte auf sieben Minuten und 30 Sekunden für die Dauer einer Gemeinderatssitzung gelegt hatte, war die Chance im Schwetzinger Gremium auf einen neuen Kurzzeitrekord in jenem Moment vertan, als Robin Pitsch (SPD) bei den Kosten des "KlimaIMPULS-Programms", das beschlossen werden sollte, nachhakte. Die Sitzung dauerte schließlich zehn Minuten.
Die Fraktionen, mit Ausnahme der beiden Einzelkämpfer Werner Zieger (Die Linke) und Haydar Sahin (Aktive Bürger Schwetzingen ABS), hatten ihre Stellungnahmen schriftlich vorgelegt. Sie wurden in der Sitzung nicht vorgetragen, es fand auch keine Diskussion statt. "Wir wollen mit einer möglichst kurzen Sitzung dazu beitragen, dass die Corona-Zahlen weiter sinken. Deshalb ist das heute eine etwas andere Sitzung", betonte Oberbürgermeister René Pöltl zu Beginn.
Einstimmig beschlossen wurde auch die Vergabe einer Notstromversorgungsanlage für Rathaus und Verwaltungsgebäude sowie die Umgestaltung der Bepflanzung des so genannten Marstall-Innenhofs über der dortigen Tiefgarage. Wichtigster Tagesordnungspunkt war jedoch der Beschluss eines städtischen Förderprogramms zur Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen, der einmütig erfolgte.
Der Gemeinderat hatte im März 2018 einstimmig das Integrierte Klimaschutzkonzept beschlossen, um den Anstieg der globalen Mitteltemperatur auf zwei Grad zu begrenzen. Hierfür ist es nötig, dass der CO2-Fußabdruck der Schwetzinger Bürger bis 2030 von neun auf fünf Tonnen reduziert wird. Rund ein Drittel der Treibhausgasemissionen werden von den Haushalten durch Heizen, Strom und Treibstoffverbrauch verursacht. Weitere 40 Prozent der Emissionen entstehen im Verkehrssektor. Ab Anfang März möchte die Stadt mit dem "KlimaIMPULS-Programm" den Schwetzinger Bürgern den Umstieg auf eine klimafreundliche Mobilität erleichtern. Mit diesem Programm motiviert man dazu, den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) stärker zu nutzen und im Alltag auf (E)-Lastenräder zu setzen. Die Stadt Schwetzingen unterstützt außerdem die Nutzung alternativer Antriebe und Kraftstoffe.
So können Bürger, die ihren Pkw abmelden und nicht mehr nutzen, durch den "Mobilitäts-Bonus" das Rhein-Neckar-Ticket einmalig kostenfrei oder einen erhöhten Zuschuss für ein E-Lastenrad erhalten. Bürger, die auf einen klimafreundlichen Antrieb setzen, beispielsweise auf Elektro- oder Erdgasautos, erhalten einmalig einen Tank-Gutschein. Eine bereits alltagstaugliche Technologie ist der Erdgas-Antrieb. In Schwetzingen kann zu 100 Prozent Biogas getankt werden. Damit ist ein Erdgasauto vergleichbar so klimaneutral unterwegs wie ein Elektroauto. Die Stadt möchte auch neue Erdgasautofahrer einmalig mit einem Gutschein unterstützen. Wer kein eigenes Auto besitzt, spart bereits sehr viele Emissionen und Geld ein. Bürger, die sich für Carsharing entscheiden, sollen daher ebenfalls unterstützt werden.
Ein weiterer Baustein des Programms ist der "Solar-Impuls". Die Installation von Fotovoltaikanlagen in Schwetzingen soll gesteigert werden. Das genutzte Potenzial entsprach 2015 einem Anteil von vier Prozent am Gesamtstromverbrauch. Damit liegt die Spargelstadt unter dem Bundesdurchschnitt von 6,1 Prozent.
Deshalb fördert die Stadt Schwetzingen die Installation von Fotovoltaikanlagen auf Dächern – mit einem zusätzlichen Bonus für eine Dachbegrünung. Auch Mietern von Wohnungen soll es möglich sein, eigenen Ökostrom zu erzeugen.
Deshalb gewährt die Stadt auch einen Zuschuss bei der Anschaffung sogenannter "Balkonmodule", die als typische Stecker-Solar-Geräte etwa zehn Prozent eines durchschnittlichen Drei-Personenhaushaltes erzeugen. Der Sonnenstrom kostet zwischen sechs und neun Cent pro Kilowattstunde und ersetzt den Haushaltsstrom für aktuell durchschnittlich 29 Cent. Das erbringt eine Ersparnis zwischen 50 und 90 Euro pro Jahr.
Nachfolgend Teile der schriftlichen Stellungnahmen der Fraktionen:
> SFW:"Für das Restjahr 2021 sind 90.000 Euro und für das Jahr 2022.150. 000 Euro vorgesehen. Erfahrungsgemäß wurden für Fördermaßnahmen bereitgestellte Mittel nie voll ausgeschöpft. Es ist also abzuwarten, wie die Bürger das Programm annehmen werden."
> Grüne: "Wir wollen dieser gesellschaftlichen Verpflichtung gerecht werden, denn wir leben in einer wirtschaftlich starken Region und können mit Förderprogrammen Anreize für Investitionen schaffen, die regionalen Anbietern zugutekommen. Jede PV-Anlage, die wir fördern, muss schließlich auch von einem Fachbetrieb montiert werden."
> CDU:"Laut Anlage werden die angedachten Fördermaßnahmen im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel gewährt. Die Mitglieder der CDU-Stadtratsfraktion mahnen hier deutlich, mit Augenmaß vorzugehen und die zur Verfügung zu stellenden Haushaltsmittel mit einer definierten Deckelung zu versehen. Hierbei sollen demnach die in der Beschlussvorlage ausgewiesenen 90.000 Euro für 2021 und 150.000 Euro für 2022 die tatsächlichen Obergrenzen der städtischen Gesamtleistungen zur Förderung darstellen."
> SPD: "Natürlich unterstützen wir das von der Stadtverwaltung eingebrachte KlimaIMPULS-Programm. Gleichwohl wie wir diese Idee unterstützen wollen, so sehen wir doch leider nur eine sehr begrenzte Wirkungsweite. Das Programm ist zwar niederschwellig und vergleichsweise unbürokratisch von Bürgern abrufbar, aber grundsätzlich befürchten wir, dass die Anreize zu klein sind."