Die neuen S-Bahnen haben 200 Sitzplätze. Foto: Kreutzer
Von Harald Berlinghof
Mannheim. Es ruckelt ein wenig, als die neue S-Bahn der Marke Siemens Mireo am Freitagmittag aus dem Mannheimer Hauptbahnhof hinausfährt. Die grau gepolsterten Einzelsitze sind bequem, der Elektroantrieb kaum zu hören. Die neuen Züge – in ihrem Erscheinungsbild an die baden-württembergischen Landesfarben Schwarz und Gelb angelegt – werden Schritt für Schritt die bisherigen roten Züge der S-Bahn Rhein-Neckar ersetzen.
Das fahrzeughohe S-Bahn-Symbol macht dies auch optisch kenntlich. Sie sind leiser, können Verspätungen schneller aufholen und komfortabler als ihre Vorgänger. Der Mireo ist besonders energiesparend und umweltfreundlich konzipiert. Grundlage hierfür bildet die selbsttragende, geschweißte Leichtbaustruktur in Aluminium-Integralbauweise. Auch die verbesserte Aerodynamik und das intelligente Bordnetzmanagement tragen zur Reduzierung von Ressourcen, Emissionen und Lärm bei.
Verkehrsminister Winfried Hermann sagte, der Mireo seit gehöre zu den modernsten Nahverkehrszügen in Europa. Foto: KreutzerEin erster Mireo mit Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) an Bord startet am Freitag zu einer Premierenfahrt von Mannheim nach Bensheim und zurück. In den nächsten Wochen und Monaten werden 57 neue Bahnen in der Region ankommen und sukzessive ab dem 14. September zu planmäßigen Probefahrten mit Fahrgästen eingesetzt. Spätestens zum Fahrplanwechsel im Dezember verkehren sie dann regelmäßig auf den S-Bahnlinien S5 und S51 (Heidelberg-Eppingen/Aglasterhausen) sowie den Linien 6 (Bensheim-Weinheim-Mannheim-Worms-Mainz) und 9 (Groß-Rohrheim-Mannheim-Schwetzingen-Karlsruhe).
Die 70 Meter langen, dreiteiligen Züge verfügen über 200 Sitzplätze, 26 Fahrradmitnahmeplätze und erreichen eine Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h. Fahrgastinformationen in Echtzeit, Wlan und Sicherheitsüberwachungssysteme gehören zur Ausstattung. Im Vorfeld hatte die Arbeitsgemeinschaft Barrierefreiheit Rhein-Neckar moniert, dass sie nicht in die Ausgestaltung der Züge mit einbezogen worden waren. Volkhard Malik, Geschäftsführer des Verkehrsverbunds Rhein-Neckar (VRN), widerspricht. Man habe sehr wohl mit Behindertenverbänden gesprochen und deren Meinung zur Ausgestaltung der Züge angehört. "Deren Ideen sind von Anfang an berücksichtigt an", sagt Malik. Minister Hermann erläuterte, dass der Siemens Mireo zu den modernsten Nahverkehrszügen Europas gehört.
Er sei mit seinem Komfort sowohl für Fahrgäste als auch für Lokführer ein wichtiger Schritt, um den öffentlichen Nahverkehr im Land voranzubringen. Um den Mobilitätssektor klimaneutral zu machen, müsse man auch die Fahrgastzahlen bis 2030 verdoppeln, so Hermann. "Das geht nur mit einem attraktiven Angebot", glaubt er. Pünktlich, sicher, sauber und zuverlässig seien die notwendigen Eigenschaften eines attraktiven Nahverkehrs.
Der rheinland-pfälzische Verkehrs-Staatssekretär Andy Becht (FDP) erinnerte sich mit Grauen an seine Fahrten von Mannheim nach Germersheim in den 90er-Jahren. Ein "Transportgefäß" in Form eines scheppernden und quietschenden Metallzugs habe er damals nehmen müssen, um nach Hause zu kommen. Am Freitag bringt er die Hoffnung zum Ausdruck, dass die neuen Züge bald auch auf pfälzischer Seite auf der S-Bahnlinie 6 fahren werden.
Mannheims Erster Bürgermeister und Vorsitzender des Zweckverbandes Verkehrsverbund Rhein-Neckar (ZRN), Christian Specht, bezeichnet den S-Bahn-Zug mit Blick auf die 26 Fahrradabstellplätze als "rollenden Radschnellweg". Gleichzeitig verweist er auf die Besonderheit, dass die S-Bahn Rhein-Neckar als einzige in Deutschland vier Bundesländer miteinander verbinde: Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Hessen und das Saarland.
270 Millionen Euro werden in 57 neue S-Bahn-Züge investiert. Eigentümer der Züge bleibt die Landesanstalt Schienenfahrzeuge Baden-Württemberg (SFBW), die insgesamt rund 350 Nahverkehrszüge in Baden-Württemberg besitzt. Der Mireo ist seit ein paar Wochen bereits im Bereich Offenburg/Freiburg im Einsatz. Von dort habe man positive Rückmeldungen der Lokführer und der Fahrgäste erhalten, sagt Specht.