Nicht jede Eheschließung ist auch ein Bund fürs Leben. Foto: Vennenbernd
Von Wolfgang Jung
Kusel/Worms. Plötzlich passt es nicht mehr. Wenn der Streit um Kleinigkeiten den Ehe-Alltag dominiert oder die Angewohnheiten des anderen unerträglich werden, lassen sich Paare oft scheiden. Insgesamt 8008 Mal geschah das im vergangenen Jahr in Rheinland-Pfalz – so viele Ehen haben die Familiengerichte 2019 geschieden. Dem Statistischen Landesamt zufolge lag die Zahl damit geringfügig unter dem Wert von 2018 (minus 17 Scheidungen).
Jede Trennung ist individuell. Aber es gebe häufige Gründe, sagt Scheidungsanwältin Elke Becker. "Man hat sich zumeist schlicht auseinander gelebt, manchmal wegen unerwartet unterschiedlich verlaufender Erwerbsbiografien, manchmal, weil die privaten Interessen nicht miteinander harmonieren – und das in der Regel offenbar wird, wenn das "gemeinsame Projekt Kinder" aus dem Haus ist", erzählt die Wormserin. "Neue Partner sind häufig nur Ausdruck einer solchen Entwicklung." Die Scheidungszahlen unterliegen nach Angaben des Landesamts teilweise jährlichen Schwankungen, sodass Mehrjahresdurchschnitte das Scheidungsrisiko verlässlicher darstellen können.
Im Durchschnitt der Jahre 2015 bis 2019 hatte demnach die "Rosenstadt" Zweibrücken die höchste Ziffer mit 12,1 Scheidungen je 1000 Ehen. Liegt es an einer relativ hohen Arbeitslosenquote? An finanziellen Sorgen? Die Stadtverwaltung Zweibrücken will darüber nicht spekulieren. "Was genau die Gründe für die steigende Scheidungsrate sind, lässt sich unsererseits nur mutmaßen", sagt eine Sprecherin der Kommune. Dazu könne eventuell ein zuständiges Gericht etwas sagen.
Stolz verweist die Stadt darauf, dass Zweibrücken in den vergangenen Jahren immer attraktiver für Paare geworden sei. Tatsächlich verzeichnen etwa das historische Trauzimmer im Rathaus oder das Landschloss Fasanerie einen gewissen "Hochzeitstourismus" – ganz gegen den Scheidungstrend. Und sonst? "Pälzer sind halt sehr direkt und sehr ehrlich", meint der Mundart-Comedian Christian "Chako" Habekost augenzwinkernd zu der Scheidungsquote. "Wenns nimmer funzt – dann rußt es halt."
Ähnlich sieht es Becker. Paare würden sich heute allgemein schneller trennen als früher, sagt die Anwältin. "Scheidungen fallen heute unter anderem leichter, weil wir eine höhere Frauenerwerbsquote haben. Mit eigener finanzieller Ausstattung geht man leichter in einen neuen Lebensabschnitt als früher." Auch Kinder würden als Grund, zusammenzubleiben, oft wegfallen. "Die Familie spielt als Betreuungsort nur noch eine reduzierte Rolle", meint die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Familienrecht im Deutschen Anwaltverein DAV. Doch es gibt in der Statistik des Landesamts auch Lichtblicke. Wenn Zweibrücken die höchste Trennungsquote hat, existiert am anderen Ende der Skala auch die niedrigste Scheidungsziffer – im Landkreis Kusel. Hier gab es im vergangenen Jahr 5,6 Scheidungen je 1000 Ehen.
Im "Glücksort" Kusel nimmt man das zur Kenntnis. "Ich habe dieses Phänomen mit meinen Standesamtskollegen diskutiert", sagt Bürgermeister Stefan Spitzer von der Verbandsgemeinde Kusel-Altenglan. Niemand könne es sich erklären, warum in Kusel die Scheidungsrate erfreulicher Weise so gering sei. Spitzer verweist eher an die Forschung: "Dies könnte eine Fragestellung sein, die im Rahmen einer wissenschaftlichen Untersuchung aufzuarbeiten wäre."