Zwar sind die Bahnen mittlerweile barrierefrei zugänglich für behinderte Menschen, aber der Platz auf den für Rollstuhlfahrer reservierten Plätzen in den Bahnen reicht insbesondere in den Stoßzeiten am Morgen und am Nachmittag nicht aus. Symbolbild: Wüstneck
Von Harald Berlinghof
Heidelberg/Rhein-Neckar. Justin D. ist 26 Jahre alt. Er wohnt in Heidelberg-Schlierbach und besitzt kein eigenes Auto. Deshalb ist er auf den öffentlichen Personennahverkehr angewiesen und nutzt oft die S-Bahn Rhein-Neckar von Neckargemünd in Richtung Heidelberg und Mannheim. Justin D. ist an den Rollstuhl gefesselt und hat deshalb so seine Probleme, wenn er die S-Bahn nimmt.
Zwar sind die Bahnen mittlerweile barrierefrei zugänglich für behinderte Menschen, aber der Platz auf den für Rollstuhlfahrer reservierten Plätzen in den Bahnen reicht insbesondere in den Stoßzeiten am Morgen und am Nachmittag nicht aus. "Nicht immer, weil die Bahnen zu voll sind, sondern auch deshalb, weil die Plätze, die für Rollstuhlfahrer vorgesehen sind, von anderen Fahrgästen belegt werden. "Und kaum einer macht mal Platz, wenn ein Rollstuhlfahrer reinkommt", schildert der junge Mann seine Eindrücke.
Die Großraumabteile, die für Rollstuhlfahrer vorgesehen sind, liegen bei den S-Bahnen ganz vorne und ganz hinten direkt bei den Einstiegen. Sie sind ebenerdig für Behinderte in normalen Rollstühlen erreichbar. Aber wenn ein Elektrofahrstuhl mit kleineren Rädern einfahren will oder wenn der Spalt zwischen Bahnsteig und Bahn dem ein oder anderen Rollstuhlfahrer subjektiv zu breit erscheint, dann kann der Fahrer in der Regel mit einer aufgelegten Rampe helfen. "Das klappt auch immer sehr gut", lobt D. das Fahrpersonal des Verkehrsverbundes Rhein-Neckar (VRN).
Im Großraumabteil sind Klappsitze angebracht. Das sind Notsitze, wenn die regulären Sitzplätze alle belegt sind. Die Klappsitze werden dann von ganz normalen Fahrgästen genutzt, was erlaubt ist und auch nicht zu beanstanden. Wenn dann aber ein Rollstuhlfahrer auf der Fläche, die für ihn vorgesehen ist, nicht mehr stehen kann, sollten die Klappsitze seiner Meinung nach frei gemacht und hoch geklappt werden, damit der Rollstuhlfahrer den frei werdenden Raum nutzen kann.
Genau an dieser Stelle aber hakt es, wie D., betont. "Die Sitze werden nicht frei gemacht. Auch nicht, wenn der Fahrer diesbezüglich eine Durchsage macht. "Wenn man großes Glück hat, steht mal einer auf", beklagt sich D. über die Gedankenlosigkeit der Mitfahrer. Das empfindet der Rollstuhlfahrer als Rücksichtslosigkeit gegenüber den behinderten Menschen, die dann im Gang der S-Bahn stehen müssen und sich den Unmut der anderen Reisenden zuziehen, weil der Durchgang nicht frei begehbar ist.
Quergestellte Fahrräder und Kinderwagen leisten dann ein Übriges. "Das gibt regelmäßig ein Riesendurcheinander", so D. In Straßenbahnen sei das noch ausgeprägter als in der S-Bahn, weil die Flächen wesentlich kleiner seien. Sein Appell geht daher an alle nicht behinderten Fahrgäste, die Plätze im Großraumabteil im Fall der Fälle freizugeben, wenn Rollstuhlfahrer sie benötigen. "Das wäre Ausdruck eines fairen Miteinanders", betont er gegenüber der Rhein-Neckar-Zeitung.