Von Alexander Albrecht
Rhein-Neckar. Matthias Wilkes spricht von einer guten Nachricht. Dass die Bundesregierung Windräder von Wohnsiedlungen ab fünf Häusern mindestens auf 1000 Metern Abstand halten will, freut den Windkraftkritiker und früheren Landrat des hessischen Kreises Bergstraße. Wilkes verweist auf sogenannte Streusiedlungen, von denen es besonders viele im Odenwald gibt. Das sind abgeschiedene Dörfer oder Gebiete mit nur wenigen Wohngebäuden.
Knoden zum Beispiel, ein Ortsteil von Wilkes’ Heimatgemeinde Lautertal mit knapp 30 Häusern und unter 100 Einwohnern. "Hier wollte das Land Hessen in 600 Metern Entfernung Windkraftanlagen zulassen. Erst nach größeren Protesten ist es uns schließlich gelungen, dass die Pläne fallengelassen wurden", erzählt Wilkes. Dabei sei doch hinlänglich bekannt, dass Infraschall – der "stille" Lärm der Windturbinen – Anwohner krank machen könne.
Das politische Signal aus Berlin wertet der CDU-Politiker auch als Erfolg für die 30 Bürgerinitiativen aus dem Odenwald, inklusive jene der "badischen Freunde" in Schönau, Wilhelmsfeld und Heiligkreuzsteinach. "Sie glauben ja gar nicht, wie sehr dieses Thema die Menschen im ländlichen Raum berührt", sagt Wilkes. Er hofft, dass nun auch die Regionalversammlung Südhessen einlenkt. Die hatte Mitte Januar beschlossen, 121 Flächen auszuweisen, die für Windenergie infrage kommen. Auf einigen sogenannten Vorranggebieten waren bereits Fakten geschaffen worden und sind Anlagen in Betrieb.
Stark von dem Beschluss betroffen ist der Odenwaldkreis. Laut der Pläne sollen sich auf etwa 2,7 Prozent seiner Fläche Windräder drehen. Zwei Monate danach wies der hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Kassel die Klagen mehrerer Odenwald-Kommunen ab. Der ausschlaggebende Punkt war für die Richter der Mindestabstand von 1000 Metern für die Anlagen zu Siedlungen, der in einem eigenen Flächennutzungsplan der betroffenen Städte und Gemeinden als Ausschlusskriterium formuliert wurde.
Die nötige Distanz, so urteilte der VGH, müsse jedoch für jeden Fall einzeln bewertet werden. Das sieht die Bundesregierung in ihrem Gesetzentwurf anders. Da der Beschluss der Regionalversammlung noch nicht rechtskräftig sei, hält Matthias Wilkes Änderungen für möglich. Wobei sich der Ex-Landrat generell über politische Vorgaben wundert, die zwar die Natur und seltene Tierarten wie den Rotmilan schütze, nicht jedoch die Menschen.
Keine Auswirkungen hat der Gesetzentwurf auf die insgesamt 18 Städte und Gemeinden, die sich im Nachbarschaftsverband Heidelberg-Mannheim zusammengeschlossen haben. "Noch bevor die einzelnen Kommunen und Bürger angehört worden waren, haben wir in unserer Versammlung 1000 Meter Mindestabstand zur Vorgabe gemacht. Das war und ist Konsens", sagt Verbandsgeschäftsführer Martin Müller.
Die aktuellen Konzentrationszonen für mögliche Windkraftanlagen im Verbandsgebiet sind: Käfertaler Wald (Mannheim), Weißer Stein (Dossenheim), Kirchheimer Mühle und Drei Eichen (Heidelberg), Schriesheimer Hütte (Schriesheim/Hirschberg) und Hirschgrund (Leimen/Nußloch).