Polizeiaufgebot "wie beim Fußball uffm Waldhof"
Mehr Beamte sorgten für Ruhe im Gerichtssaal - Angeklagte wollten sich angeblich für 15.000 Euro freikaufen

Symbolbild: Uwe Anspach/dpa
Von Alexander Albrecht
Mannheim/Weinheim. Ständiges Gequatsche, Gelächter über Opfer, Pöbeleien und sogar Drohungen: Fast genauso erschreckend wie die Straftaten der sechs OEG-Schläger auf der Anklagebank war bislang das Verhalten einiger ihrer Angehöriger und Freunde auf den Zuschauerplätzen. Das Landgericht Mannheim hat reagiert und bei der Polizei mehr Personal angefordert. Ein älterer Besucher ist am Donnerstagmorgen ob des Aufgebots der Ordnungshüter schwer beeindruckt und babbelt auf Mannemerisch: "Des isch ja a Streitkraft wie beim Fußball uffm Waldhof."
Drinnen werden die fünf Justizwachtmeister von bis zu zehn Beamten aus dem Polizeipräsidium Mannheim und der Bereitschaftspolizei in Bruchsal unterstützt. Als Richter und Schöffen den Gerichtssaal betreten, stellen sich sechs Polizisten wie eine Wand vor die Beobachter. Die Maßnahme wirkt, es geht wesentlich gesitteter zu im Vergleich zu den bisherigen Verhandlungstagen.
Sachlich im Ton, aber deutlich genug macht der Vorsitzende Richter Joachim Bock dem Publikum eine Ansage: "Wer sich benimmt, darf bleiben, wer sich nicht benimmt, wird von den Herrschaften hinausbegleitet." Und nun wolle man "in aller Ruhe" weiterarbeiten.
Das Gericht setzt die Zeugenbefragung fort, gehört werden am Donnerstag ausschließlich Polizisten. Im Kern geht es um die Frage, was sich genau an jenem Abend des 11. März dieses Jahres in der RNV-Linie 5 von Weinheim nach Viernheim abgespielt hat. Fünf der sechs Angeklagten sollen das Opfer Mehmet Efetürk krankenhausreif geschlagen haben - der 29-Jährige eilte einer jungen Frau, Jennifer H., zu Hilfe, die von einem Täter übel angemacht worden war.
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Unter anderem wird ein Jugendsachbearbeiter des Weinheimer Polizeireviers vernommen. Er nennt die bei ihm gemachten, deckungsgleichen Angaben Efetürks und von Jennifer H. zum Tatablauf "absolut glaubwürdig". Nach bohrenden Rückfragen sagt er plötzlich: "Ich bin mir sicher, dass sich die beiden abgesprochen haben." Efetürk und Jennifer H. wollen sich vor der Prügelattacke lediglich "vom Sehen" gekannt haben. Schon kurz nach der Tat nehmen sie parallel eigene "Ermittlungen" auf, recherchieren in Facebook und stoßen dort etwa auf Taufik M., einen der Angeklagten.
Noch in der Bahn hatte Jennifer, die nach der Aussage des Polizisten in der Vergangenheit bei Körperverletzungen eine aktive Rolle spielte, ein Papier mit dem Namen und Geburtsdatum des staatenlosen Schlägers gefunden. Nicht halten lässt sich ihre und Mehmets Behauptung, wonach Taufik von der Sitzbank aus dem am Boden liegenden Opfer mehrfach auf den Kopf gesprungen sei. In diesem Fall hätte sich der 29-Jährige weit schlimmere Verletzungen zuziehen müssen. Zumal Taufik M. damals rund 130 Kilo auf die Waage brachte - in der Haft hat er 40 Kilo abgenommen.
Ebenso bekannt wird, dass sich der Bruder von Mehmet nach dem Angriff mit einem Teil der Angeklagten in Mannheim getroffen hat. Die sollen, wie ein Zeuge in der vergangenen Sitzung sagte, 15.000 Euro geboten haben - wenn das Opfer seine Anzeige zurückzieht. Doch Mehmet weigerte sich.



