Die Verantwortlichen bei der Grundsteinlegung am Mittwoch. Foto: TransnetBW
Von Harald Berlinghof
Philippsburg. Das ehemalige Kernkraftwerk in Philippsburg befindet sich mitten im Rückbau. Vor vier Monaten wurden die beiden landschaftsprägenden Kühltürme gesprengt, um Platz zu schaffen für den Bau einer Konverteranlage. Die Anlage soll Hochspannungsgleichstrom, der vor allem aus Windenergie in Norddeutschland und auf See gewonnen wird und mit der Nord-Süd-Stromleitung Ultranet bis in den Südwesten Deutschlands transportiert wird, in Wechselstrom umwandeln. Am Mittwoch fand die offizielle Grundsteinlegung auf dem Gelände statt, wo einst die Kühltürme des Atomkraftwerks standen.
Einen "Netto-Null-Flächenverbrauch" nannte Philippsburgs Bürgermeister Stefan Martus das Bauprojekt. "Es stellte sich nie die Frage des Ob, aber sehr wohl die Frage des Wo", erinnerte er an die Bedenken einer Bürgerinitiative. Im konstruktiven Dialog gelang es, die Gemüter zu beruhigen. "Wie Projektpartner und Betroffene miteinander umgehen, kann letztlich ausschlaggebend sein für das Gelingen eines Projekts", bestätigte Werner Götz, Geschäftsleiter von TransnetBW.
"Hier in Philippsburg zeigt sich die Energiewende, die wir mit dem vollzogenen Atomausstieg und den geplanten Kohleausstieg umsetzen. Die alte Welt hat Platz gemacht für die neue", so der baden-württembergische Umweltminister Franz Untersteller bei dem Festakt. Die Kühltürme sind verschwunden, der Konverter am Ende der Ultranet-Stromleitung, die grünen Strom nach Süddeutschland bringt, entsteht. Und auch Jörg Michels, Geschäftsführer der EnBW Kernkraft GmbH, sah in der Grundsteinlegung "einen Schauplatz der Energiewende".
Backsteine, Zimmermannshämmer und Helme lagen bereit. Gemeinsam fügten die Verantwortlichen, darunter neben Götz und Untersteller auch Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium Andreas Fecht, die Zeitkapsel in ein gemauertes Behältnis ein, das unter dem Konverter der Zukunft entgegen schlummern wird, um künftigen Generationen von den Anstrengungen zu künden, die ihre Vorfahren unternommen hatten, um die Energiewende zu verwirklichen. Einen Foto-Chip einer Digitalkamera wollte man dann aber doch nicht in die Zeitkapsel legen. Deshalb hatte man ein Foto der Beteiligten aus einer Polaroid-Sofortbild-Kamera beigefügt.
Der Konverter wird den 380.000-Volt-Gleichstrom der "Ultranet-Stromautobahn" in nutzbaren Wechselstrom umwandeln. Eine weitere Anlage wird notwendige Voltstärken für die "Stromlandstraßen" dahinter herstellen. Von dort gelangt die Energie über weitere Umspannwerke als 230 Volt-Wechselstrom in die Steckdosen. Der Konverter wird auf einer Fläche von rund zehn Hektar errichtet. Etwa 40 Prozent der Fläche wird das Konvertergebäude belegen. Der Rest wird mit Strommasten auf Grünflächen bestückt.
Die Anlage wird am Endpunkt der Stromautobahn Ultranet gebaut. Man rechnet damit, dass der Konverter seinen Betrieb im Jahr 2024 aufnehmen kann. Die 340 Kilometer lange Stromtrasse beginnt in Osterath in Nordrhein-Westfalen und endet in Philippsburg. Dabei handelt es sich um ein Gemeinschaftsprojekt von Amprion und TransnetBW. TransnetBW ist ab Mannheim-Wallstadt für die westlichste der vier deutschen Nord-Süd-Stromtrassen zuständig.
Die Energiewende und der erwartete Anstieg des Stromverbrauchs durch die Elektromobilität in Deutschland machen die vier Stromautobahnen nötig. Entlang von Nord- und Ostsee und vor allem bei den Offshore-Anlagen auf dem Meer gibt es konstantere Betriebsbedingungen für die Windenergie. Allerdings hat gerade der hoch industrialisierte Süden von Deutschland einen hohen Strombedarf, der mit regionalen erneuerbaren Energien nicht zu decken ist. Laut TransnetBW hat Baden-Württemberg gegenwärtig einen Strombedarf von rund elf Gigawatt in der Spitze. Vier Gigawatt gingen durch die Abschaltung der Atomkraftwerke verloren, vier weitere Gigawatt werden durch den Kohleausstieg verloren gehen. Es fehlen al-so acht Gigawatt. Ultranet hat eine Kapazität von immerhin zwei Gigawatt.