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Von Carsten Blaue und Nicoline Pilz
Mannheim/Heidelberg.Der Straßenverkauf von Speisen und Getränken ist für Gastronomen die letzte Möglichkeit in der Corona-Pandemie, wenigstens noch etwas Geld zu verdienen. Doch die Liefer-, "To go"- und "Take Away"-Angebote sorgen für erhebliche Mengen Verpackungsmüll. Muss nicht sein, sagte sich im Dezember die Mannheimer Klimaschutzagentur und setzte in Kooperation mit der städtischen Wirtschaftsförderung und dem Fachbereich Klima, Natur und Umwelt ein Förderprogramm auf, das Gastro-Betrieben bei der Einführung von Mehrwegboxen helfen soll. Inzwischen machen schon zwölf Restaurants, Bistros und Cafés mit. Auch die städtischen Kantinen und die Kantine der Bundesagentur für Arbeit in Mannheim sind dabei.
Auf Anfrage der RNZ sagte Magdalena Schlenk von der Klimaschutzagentur, dass maximal 15 Betriebe gefördert werden könnten. Dann seien die Mittel, welche die städtischen Partner beisteuern, erst mal aufgebraucht. Aber je nach dem, wie sich das Mannheimer Mehrwegnetzwerk entwickele, sei eine weitere Förderrunde durchaus vorstellbar – zumal ab 3. Juli sowieso alle Einwegplastikprodukte in Deutschland verboten sind, ebenso Styroporverpackungen. Und so funktioniert das Ganze in Mannheim: Will sich ein Gastronomiebetrieb einem bestehenden Mehrwegsystem anschließen, kann er den Förderbetrag in Höhe von 200 Euro beantragen. Damit werden auch die Gäste und Kunden unterstützt. Denn nur 100 Euro davon sind quasi als Startkapital für den Kauf des Geschirrs vorgesehen. Die andere Hälfte müssen die Betriebe als Rabatt in Höhe von mindestens 50 Cent auf alle "Take Away"-Gerichte in Mehrwegboxen an die Kundschaft weitergeben.
Diese zahlt beim Abholen des Essens ein Pfand für die Mehrwegbox, das sie beim nächsten Besuch im Austausch für die Box zurückbekommt – wobei man die Mehrwegbox bei allen teilnehmenden Gastronomen zurückgeben kann. So wird der Pfandpreis für die Mehrwegboxen ein durchlaufender Posten. Deren Hersteller bekommen laut Klimaschutzagentur einen "geringen Centbetrag" pro Befüllung der wiederverwendbaren Behälter. So sei Mehrweg unterm Strich günstiger als Einwegverpackungen, weil die auch ihren (zumeist höheren) Preis haben. Das Geschirr bei der Klimaschutzagentur direkt kaufen kann man allerdings nicht. Sie informiert und berät aber darüber, welche Mehrweglösungen auf dem Markt sind – und das sind inzwischen einige. Die Mannheimer Klimaschutzagentur sieht in dem Förderprogramm einen logischen nächsten Schritt nach der Einführung des Mehrwegbechers vor drei Jahren unter dem Motto "Bleib deinem Becher treu!". Damals ging es darum, bei Kaffee "to go" Müll zu vermeiden.
Auch Restaurantbetreiber Niko Paul aus Edingen-Neckarhausen macht jetzt mit. Er nutzte das Angebot der Mannheimer Klimaschutzagentur, um nicht "jedes Sößchen und jeden Salat" verpacken zu müssen. Er hat sich einem Mehrwegsystem angeschlossen und berichtet von steigendem Kundeninteresse, seit er das im Internet beworben hat.
Klaus Keßler, Geschäftsführer der Klimaschutz- und Energie-Beratungsagentur Heidelberg – Rhein-Neckar-Kreis gGmbH (Kliba) findet das Mannheimer Förderangebot ebenfalls "super", wie er am Telefon sagte. "Und es wäre schon gut, wenn wir auch so etwas hätten." Fragt sich, warum die Kliba nicht einfach auch eine Mehrweg-Förderung anbietet.
Weil es in diesem Fall so einfach gar nicht ist: "Wir haben uns das mal überlegt", so Keßler, "aber wir haben da keine Karten im Spiel. Wir könnten das alleine im Rhein-Neckar-Kreis mit seinen 54 Kommunen organisatorisch gar nicht leisten. Das wäre viel zu groß. Und es wäre eine Finanzierungsfrage." Für Keßler ist das eher eine Sache für die kommunalen Akteure, also das Landratsamt des Rhein-Neckar-Kreises mit seinem Abfallentsorger AVR oder die Stadt Heidelberg, die ja mit der Kaffeebecher-Kampagne "#andersbechern" ebenfalls schon Erfahrungen auf dem Gebiet hat.
Deren Ausschuss für Klimaschutz, Umwelt und Mobilität hat just am Mittwoch über die Einführung eines Mehrwegkonzeptes für Speisen "to go" beraten. Dazu lagen Anträge der SPD und der Grünen vor.