Die Pläne für die Marktplatz-Neugestaltung sorgten zunächst für Ärger. Mit dem Ergebnis ist man in Ketsch jetzt aber zufrieden. Fotos: Lenhardt
Von Stefan Kern
Ketsch. Es war kein leichter Weg. Die Schwetzinger Straße und vor allem der Marktplatz sollten gestalterisch auf Vordermann gebracht werden. Nach über fünf Jahren und knapp zehn Millionen Euro ist es nun geschafft. Und es herrscht allgemeine Zufriedenheit. Eine Zufriedenheit, die so im Lauf des Projekts nicht absehbar war. Entzündete sich an dem Vorhaben doch massiver Streit, der dem Ketscher Gemeinschaftsgefühl ordentlich zusetzte.
Knackpunkt war vor drei Jahren das geplante Gebäude auf dem Marktplatz. Befürworter erkannten darin einen unverzichtbaren Rahmen, der den Marktplatz erst zur Wirkung verhelfe. Die Gegner sahen einfach nur eine unnötige Verschwendung von Haushaltsmitteln. Entschieden wurde der damalige Streit mittels eines Bürgerentscheids, und zwar gegen das Gebäude. Noch heute betont Bürgermeister Jürgen Kappenstein, dass dieser Entscheid ein Fehler gewesen sei. "Nichtsdestotrotz sind das die demokratischen Spielregeln, und so wurde die Marktplatzgestaltung ohne Gebäude verwirklicht", so der Ketscher Bürgermeister. "Das Ziel, die Aufenthaltsqualität für Menschen zu erhöhen, ist trotzdem voll erreicht worden. Auch ohne Gebäude bietet der Platz nun deutlich mehr savoir vivre".
Das sehen einige Bürger der Enderle-Gemeinde ähnlich. "Hier kann man sich wirklich wohl fühlen", sagt Erika Baur. Und das gelte auch für die Schwetzinger Straße zwischen Marktplatz und Rathaus. An dieser zentralen Achse durch Ketsch gibt es jetzt deutlich mehr Platz für Fußgänger. Am Sinn dieser knapp zehn Millionen Euro Investition zweifelt zumindest öffentlich kaum noch jemand. Für Ketsch und seine Bürger sei es "eine zielführende Maßnahme" gewesen, bekräftigt Kappenstein.
Der Kampf der Gemeinde gegen Sand- und Kiesabbau im Waldstück Entenpfuhl wird im kommenden Jahr weiter fortgeführt.Ebenfalls zehn Millionen Euro nimmt die Kommune gerade mit dem Umbau der Neurottschule in eine Gemeinschaftsschule samt Mensa-Neubau in die Hand. Leider läuft auch dabei nicht alles rund. Allerdings geht es weniger um Bürgerwiderstand, als um Probleme mit den Bauunternehmen. Eigentlich sollte die Mensa bereits in Betrieb sein, doch bis es so weit ist, wird es noch einige Monate dauern. "Das ist natürlich unerfreulich", gibt der Bürgermeister zu. Doch jetzt befände sich die Großbaustelle auf Kurs. Das Gebäude steht, und der Innenausbau ist in vollem Gange. Im ersten Halbjahr 2020 soll die Mensa denn endlich in Betrieb gehen.
"Die Kinderbetreuung ist für uns gerade ein Megathema", erklärt Jürgen Kappenstein. Sehr deutlich wird das im Bereich der Kosten. Im Grund flössen fast alle freien Mittel in die Bereiche Kinder und Jugend. Vor wenigen Monaten wurde in der Kindertagesstätte Villa Sonnenschein ein weiterer Betreuungsraum geschaffen. Ein sogenanntes Gartenhaus, das als Bewegungs- und Versammlungsraum dienen soll, befindet sich in Planung. Eine Erweiterung steht auch bei der Grundschule "Alte Schule" an. "Sie platzt aus allen Nähten" betont Kappenstein. Mit dem Erwerb eines angrenzenden Grundstücks steht der Erweiterung nichts mehr im Weg.
Probleme bereiten der Verwaltung die Hort- und Kernzeitbetreuung. Und zwar, weil sie räumlich getrennt sein müssen. "Hortzeit- und Kernzeitkinder dürfen nicht die gleichen Toiletten nutzen" erklärt der Bürgermeister. "Sogar wenn es die gleichen Kinder sind. Räumlich ist das doch der Irrsinn." Er sieht den Landtag am Zug, der "diese komplett lebensfremde Regelung" reformieren müsse. So werde künstlich Raumnot geschaffen.
Ein großes Problem sieht der Bürgermeister auch in Sachen Sand- und Kiesabbau im Entenpfuhl auf seine Gemeinde zukommen. Zwar liegt das Waldstück auf Schwetzinger Gemarkung. Doch die Ketscher Bürger dürften die Hauptlasttragenden sein. Geplant ist eine Komplettrodung des 42 Hektar umfassenden Waldes, um an die darunter liegenden Sand- und Kiesvorkommen zu gelangen. Für Kappenstein aus so ziemlich jeder Perspektive ein Unding. In Zeiten des Klimawandels so viele Bäume zu fällen und dann auch noch durch Beeinträchtigungen des Grundwassers die Wasserversorgung für über 300.000 Menschen gefährden. "Es gibt wirklich sehr viele und gute Gründe gegen dieses Vorhaben", findet er.
Eine schöne Aufgabe war für Jürgen Kappenstein die Auszeichnung von Helena Moser. Die langjährige CDU-Gemeinderätin wurde zur Ehrenbürgerin von Ketsch ernannt. Damit ist sie die erste Frau, der diese Ehrung zu teil wird. Höchste Zeit, wie der Bürgermeister betont: "Frauen tragen zum erfolgreichen Gelingen von Gemeinschaft ebenso viel bei wie Männer. Das muss sich auch in der Ehrenbürgerliste niederschlagen."