Ingenieur Abdul Wahide Saidi von der Firma Vialytics zeigt an einem Fahrzeug des städtischen Bauhofs, wie es geht: Damit die neue App die Straßenschäden in der Rennstadt erfassen kann, muss das Smartphone an der Windschutzscheibe befestigt sein. Foto: Lenhardt
Von Harald Berlinghof
Hockenheim. Kein Schlagloch, kein Asphaltriss und kein abgesackter Kanaldeckel können sich in Hockenheim mehr vor seiner Entdeckung sicher fühlen. Die Stadtverwaltung hat sich nämlich mit dem Stuttgarter Start-up Vialytics zusammengetan, um mithilfe einer von der jungen Firma entwickelten Software und App sämtliche Schäden im Straßenraum aufzuspüren.
Was bisher mühsam und zeitaufwendig von Bauhof-Mitarbeitern durch das Befahren der Strecken und einer manuellen Notierung erledigt wurde, schafft jetzt die Künstliche Intelligenz mithilfe von Algorithmen und Fotos. Damit spart die Stadt künftig Zeit und vor allem Geld.
Rund 4000 bis 5000 Euro jährlich kostet der Einsatz der Vialytics-App – das entspricht etwa 100 Euro je Befahrungskilometer, wie Vialytics-Ingenieur Abdul Wahide Saidi erklärt. Das ist wesentlich weniger, als die Stadt bisher dafür aufbringen musste.
Zwei Mal jährlich, vor und nach dem Winter, werden Mitarbeiter der Stadt mit städtischen Fahrzeugen den Straßenraum damit überprüfen. Das Smartphone, auf dem die App geladen ist, wird an der Windschutzscheibe befestigt. Alle vier Meter wird ein Foto aufgenommen. Wenn der Fahrer dabei Tempo 30 einhält, werden die Bilder gestochen scharf.
Einfachere Erfassung dank künstlicher Intelligenz
Die künstliche Intelligenz lernt dabei von Meter zu Meter dazu und liefert denjenigen, die die Daten auswerten, eine komplette Analyse des Straßenzustands. Alle Abschnitte werden von der selbstlernenden künstlichen Intelligenz farblich markiert und bewertet.
Grün verweist auf einen guten Straßenzustand, Gelb deutet auf Schäden hin, und Rot signalisiert dringenden Handlungsbedarf. Wenn Nachbarkommunen dieselbe Software nutzen, können die Gemeinden gemarkungsübergreifende Schadensbilder schneller zusammen in Angriff nehmen. Sind Personen und Fahrzeuge auf den Bildern zu sehen, werden diese vor der Auswertung der Bilder durch den Menschen automatisch verpixelt. Dadurch würden alle Datenschutzvorgaben eingehalten, erklärt Danilo Jovicic, Gründer von Vialytics.
Oberbürgermeister Marcus Zeitler zeigte sich bei der Vorstellung der neuen App gut gelaunt. Er hatte bereits in seiner ehemaligen Funktion als Bürgermeister von Schönau gute Erfahrungen mit der Firma gemacht – und sie mit ihm. "Das war der erste Dominostein, der gefallen ist", betont Jovicic die Bedeutung von frühen Auftraggebern für ein neu gegründetes Unternehmen. Die 2008 gegründete Firma beschäftigt inzwischen 18 Mitarbeiter. Die App wird in 70 Städten und Gemeinden eingesetzt.