SAP-Ausbildungsleiterin Sabrina Schöner mit den Absolventen Abdalrahman Hnde, Mohamad Yaghi und Mohamad Shuker sowie Ausbilder Simon Nichterlein (v.l.) bei der Abschlussfeier im Harres. Foto: Hebbelmann
Von Sabine Hebbelmann
St. Leon-Rot. Feierlicher Rahmen, Gedecke, Tanzfläche vor der Bühne. Im Harres in St. Leon-Rot feiern 173 junge Leute ihren Ausbildungs-, Bachelor- oder Masterabschluss bei der SAP. Unter ihnen sind sechs junge Männer aus Syrien, die 2015 auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise nach Deutschland gekommen waren. Mit den anderen im Saal hatten sie im September 2016 ein Studium der Wirtschaftsinformatik an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Mannheim aufgenommen. Die ersten vier Absolventen, die als Geflüchtete zu dem Softwarekonzern kamen, wurden inzwischen übernommen. Zwei weitere sind noch in der Bewerbungsphase.
Abdalrahman Hnde hatte in Syrien IT Administration studiert. Im Asylcafé in Brackenheim im Kreis Heilbronn lernte er einen SAP-Manager kennen, der ihn über das Angebot für Geflüchtete informierte und den Kontakt herstellte. Damals war bei der renommierten Walldorfer Softwareschmiede eine internationale Studierendengruppe im Aufbau, sie wurde spontan für Geflüchtete genutzt. "Wir alle waren überrascht worden", gesteht Sabrina Schöner, die als Ausbildungsleiterin für Deutschland zuständig ist. In der akuten Situation habe sich das Unternehmen der gesellschaftlichen Verantwortung stellen wollen.
"Sie waren relativ frisch da und wir hatten keine Erfahrung", ergänzt Ausbilder Simon Nichterlein. Die Gruppe bestand zunächst aus zwölf Studierenden, elf aus Syrien und einem aus Somalia. Kultur, Sprache, alles sei für die jungen Männer neu und anders gewesen, so Nichterlein. "Stellen Sie sich vor, Sie müssten auf Arabisch studieren!"
Eigens richtete SAP daher an der Dualen Hochschule einen Vorbereitungskurs ein, der ein halbes Jahr vor Beginn des eigentlichen Studiengangs Wirtschaftsinformatik Sales & Consulting an den Start ging. Das Sprachniveau war innerhalb der Gruppe sehr unterschiedlich, die syrische Schulbildung nicht mit dem deutschen Abitur vergleichbar.
Ausbilder Nichterlein spricht von einem enormen Druck und auch von schweren Phasen. "Sie haben sich durchgekämpft", sagt er. "Alle, die hier sitzen." Er deutet über den Saal voll deutscher Absolventen, "Sie hatten grundlegende Programmierkenntnisse, eine Affinität zu Software und ein gutes Abitur. Da war schon die Frage, wo wir Zugeständnisse machen können."
Abdalrahman Hnde musste quasi von vorn anfangen. "Alles ist anders, es gibt andere Systeme und der betriebswirtschaftliche Teil war ganz neu für mich." Er zeigt sich dankbar, dass SAP den Deutschkurs an der Hochschule organisiert hatte. "Es hat alles für uns gegeben, was wir gebraucht haben." Von einem einzigartigen Programm spricht Mohamad Yaghi (28). Er hatte im ölreichen Syrien Geologie studiert. In Deutschland sah er seine Zukunft eher im IT-Bereich und suchte gezielt nach entsprechenden Karrierechancen.
Als IT-Berater im Energiesektor hat er seinen Platz bei SAP gefunden. Im Studium wurde Englisch gesprochen, jetzt bei der Arbeit unterhalten sich die Kollegen vor allem in Deutsch miteinander. Eine Herausforderung. "Mein dreijähriger Sohn spricht besser Deutsch als ich", erzählt Yaghi und lacht. Trotz Vorbereitungskurs konnte die Hälfte der Geflüchteten nicht mithalten. Zwei begannen eine Berufsausbildung bei SAP, die anderen wurden in Maßnahmen integriert oder über die IHK in Ausbildungsbetriebe vermittelt.
In den Folgejahren wurde die internationale Studierendengruppe jeweils neu aufgelegt. Mit jedem Jahr mehr, das die Geflüchteten vor dem Studium in Deutschland verbracht hatten, wurde es für sie einfacher. Ab 2018 wurden sie von Anfang an regulär in die Kurse integriert. Mohamad Shuker ist 24 Jahre alt. Seit Oktober arbeitet er als Softwareentwickler bei SAP. "Wir haben viel Unterstützung bekommen, das hat uns geholfen, die Angst loszuwerden, die wir in uns haben und unsere Zukunft hier aufzubauen", sagt er. "Wir müssen den ersten Schritt machen."