Blick auf die GRN-Klinik in Schwetzingen, in der rund 700 Mitarbeiter beschäftigt sind. Foto: zg
Von Stefan Hagen
Rhein-Neckar. Der Rhein-Neckar-Kreis betreibt unter dem Dach der Gesundheitszentren Rhein-Neckar gGmbH (GRN) unter anderem vier Kliniken an den Standorten Weinheim, Schwetzingen, Sinsheim und Eberbach. Im Wirtschaftsjahr 2018 verzeichneten die vier Einrichtungen einen Gesamtverlust in Höhe von rund sechs Millionen Euro. Dennoch steht keiner der vier Standorte zur Debatte. Die dezentrale ärztliche Versorgung im Rhein-Neckar-Kreis ist politisch gewollt - dies hatten Landrat Stefan Dallinger und sämtliche im Kreistag vertretenen Fraktionen in der Vergangenheit wiederholt betont.
Nun sorgt eine Studie der Bertelsmann-Stiftung für Aufsehen und Aufregung. Darin heißt es unter anderem, dass mehr als jedes zweite Krankenhaus in Deutschland nach Ansicht von Fachleuten geschlossen werden sollte, damit die Versorgung der Patienten verbessert werden kann. Von den derzeit knapp 1400 Krankenhäusern sollten nur deutlich weniger als 600 größere und bessere Kliniken erhalten bleiben. Sie könnten dann mehr Personal und eine bessere Ausstattung erhalten.
Ansichten, denen GRN-Geschäftsführer Rüdiger Burger vehement widerspricht. "Mit einer Schließung von rund 1000 Kliniken sehen wir die regionale Krankenversorgung gefährdet und damit auch einen bedeutsamen Schritt weg von einer bedarfsgerechten Patientenversorgung." Bei den diskutierten Kliniken handele es sich doch zumeist um Häuser der Grund- und Regelversorgung. "Diese sind jedoch wohnortnah unverzichtbar, um gerade in ländlichen Regionen eine sichere Patientenversorgung zu garantieren." Würden diese Häuser geschlossen, "entwickeln wir uns zurück", sagt Burger. Bewährt hätten sich für die GRN-Kliniken Kooperationen mit großen Kliniken, "in die wir Patienten bei Bedarf verlegen, nachdem sie bei uns stabilisiert wurden".
Nicht jede Klinik müsse und könne alle Leistungen in allen Disziplinen anbieten, betont der GRN-Geschäftsführer. Universitätskliniken und Häuser der Maximalversorgung sollten durchaus hochspezialisierte Leistungen offerieren. Große und kritische Operationen würden in der Regel geplant - Transportzeiten würden hier weniger eine Rolle spielen.
Dann lässt Burger "Dampf" ab. "Die sogenannten Großkliniken wollen überhaupt nicht alle Leistungen anbieten. Sie überlassen heute der Grund- und Regelversorgung gerne die ,normalen’ und kostengünstigen Operationen und therapeutischen Behandlungen."
Spezialisierungen würden im ländlichen Raum keinen Sinn machen. "Wichtig ist hier vielmehr die schnelle Erstversorgung medizinischer Notfälle", weiß der GRN-Chef. Ebenso müssten geriatrische Patienten, "die den Hauptanteil unserer stationären Patienten ausmachen, wohnortnah versorgt werden".
Auch die GRN-Kliniken würden Spezialisierungen vorhalten, wie beispielsweise die kardiologischen Abteilungen mit internistischer Notfall- und Intensivmedizin sowie einer eigens für Herzinfarktpatienten eingerichteten Notfallambulanz mit "Chest-Pain"-(Brustschmerz)-Einheit und Herzkathetermessplätzen. "Damit können auch wir die adäquate Versorgung von kardialen Notfallpatienten sicherstellen."
Dann wird Burger noch deutlicher: "Zusätzlich fungieren wir an jedem Standort als zentrale Anlaufstelle für Notfallpatienten", sagt der GRN-Geschäftsführer. Man biete an jeder Klinik eine qualifizierte Anlaufstelle, bestehend aus dem KV-Notfalldienst und der zentralen Notaufnahme der Klinik, die sich in idealer Weise ergänzen würden. "Wer soll dann die Notfallversorgung übernehmen, wenn diese Kliniken geschlossen werden?", stellt Burger eine entscheidende Frage in den Raum.
Damit nicht genug: Die vier GRN-Kliniken würden "nebenbei" auch sechs Notarzteinsatzfahrzeuge im Rhein-Neckar-Kreis besetzen, die rund um die Uhr für Notfallpatienten im Einsatz seien, zählt Burger auf. In vielen Fällen seien dabei die GRN-Kliniken Anlaufstelle für die weitere Versorgung der Patienten, da längere Fahrzeiten medizinisch nicht vertretbar wären.
Als Lehrkrankenhaus des Universitätsklinikums Heidelberg beteilige man sich auch an der Weiterbildung von Fachärzten. "Eine qualitativ hochwertige Patientenversorgung ist eines unserer wichtigsten Anliegen", sagt Burger. Der Fachkräftemangel lasse sich nicht allein durch Klinikschließungen vermeiden. Es gebe viele Kliniken, die sowohl im ärztlichen als auch im pflegerischen Bereich alle Stellen besetzt hätten. In den vier GRN-Kliniken hingegen würden derzeit drei Vollkräfte im ärztlichen Dienst fehlen. Ein großes Problem würden in diesem Zusammenhang die Personaldienstleister darstellen, die mit außertariflichen Angeboten Ärzte und Pflegekräfte zu horrenden Summen vermitteln würden.
Burgers Fazit: "Pauschale Schließungskampagnen sind sicherlich nicht geeignet, um eine adäquate Patientenversorgung zu gewährleisten."