Nach Firmenangaben startet jeder zweite deutsche Erstklässler mit einem Scout-Ranzen in sein Schulleben. Insgesamt hat die Firma Alfred Sternjakob aus Frankenthal seit 1975 rund zehn Millionen Exemplare verkauft. Foto: Peter Dorn
Von Carsten Blaue
Frankenthal/Nürnberg. Aus für den Scout-Schulranzen in Frankenthal: Der Lederwarenhersteller Steinmann aus Nürnberg wird das Werk seines Tochterunternehmens Alfred Sternjakob schließen. Das teilte die Steinmann-Gruppe im Presseportal ihrer Homepage mit. Nur ein Werkverkauf soll erhalten bleiben. Sternjakob hatte 1975 den ersten Scout auf den Markt gebracht, der quasi über Nacht die alten, schweren Ledertaschen ablöste und heute ein Synonym für die Schultasche vor allem in den ersten Schuljahren ist. Ebenso wie die Marken 4You und Hardware soll auch Scout künftig zentralisiert, also von Nürnberg aus geführt werden.
Von der Werksschließung sind nach Angaben von Steinmann 60 Mitarbeiter betroffen. Für sie werde mit dem Betriebsrat über einen Sozialplan verhandelt. Ein offenes Verfahren. Das war für Geschäftsführer und Gesellschafter Oliver Steinmann der Grund, auf die Fragen der RNZ gestern nicht zu antworten.
So bleibt unklar, wann das Werk genau zugemacht werden soll und was aus den Firmenimmobilien wird. Auch wie die Verbesserungen und Vereinfachungen für die Kunden aussehen sollen, die sich die Steinmann-Gruppe von der Standortschließung verspricht, lässt sich nicht sagen. Schließlich war keine Auskunft zu bekommen, ob den Mitarbeitern Jobangebote in Nürnberg gemacht werden. Auch von Sternjakob-Geschäftsführer Matthias Burkhart war gestern zur Sache telefonisch nichts zu erfahren. Sein Vorzimmer verwies direkt an Oliver Steinmann.
"Emotional und schwer"
Dieser lässt sich in der Pressemitteilung mit den Worten zitieren, dass sich für die Händler nichts ändere - vorerst. Doppelstrukturen sollen abgebaut und Synergieeffekte für Lagerlogistik, IT-Strukturen und Vertriebswege genutzt werden: "Wir sind gut aufgestellt für eine Zukunft der kurzen Entscheidungswege", so Oliver Steinmann, dessen Unternehmen nach eigenen Angaben zehn Marken unter seinem Dach vereint. Zur Frankenthaler Werksschließung versicherte er auf RNZ-Anfrage immerhin: "Diese Angelegenheit ist sowohl für die Mitarbeiter und auch für uns sehr emotional und schwer." Eine Mitarbeiterin von Sternjakob sagte gestern am Telefon: "Bei uns geht es drunter und drüber. Wir sind ja alle betroffen." Mit Kritik reagierte der Ludwigshafener Bezirksleiter der Gewerkschaft IGBCE, Roland Strasser. Die Gründe seien nicht nachvollziehbar. Zudem hätten die Mitarbeiter schon in den vergangenen Jahren Abstriche gemacht. Für sie sei die Schließung "ein Schlag ins Gesicht".
Jeder zweite deutsche ABC-Schütze hat am ersten Schultag einen Scout auf dem Rücken. Rund zehn Millionen Exemplare sollen nach Unternehmensangaben bislang verkauft worden sein. Angefangen hat Alfred Sternjakob mit der Produktion von Arbeitshandschuhen und Ledertaschen, als er sein Unternehmen im Oktober 1934 in Pirmasens gründete. Kurze Zeit später verlegte er den Firmensitz aus politischen Gründen nach Frankenthal. Nach dem Zweiten Weltkrieg konzentrierte sich die neu eingerichtete Produktion zunächst auf Koffer und Taschen. Mit der Einführung des Scout-Schulranzens gelang dem Familienunternehmen eine bahnbrechende Innovation und der Aufbau einer eigenen starken Marke.
1990 verkaufte der Sohn von Alfred Sternjakob das Unternehmen an den langjährigen Geschäftspartner, Fritz Steinmann, in Nürnberg. Schon vor zehn Jahren wurden Teile der Schulranzen in China vorgefertigt, in Frankenthal war die Endmontage. Seinerzeit hatte das Unternehmen hier noch 150 Mitarbeiter.