Großstadtflair: Der Ernst-Reuter-Platz in Charlottenburg-Wilmwersdorf. Foto: zg
Von Sarah Porz
Mannheim. Der Kurfürstendamm und die Gedächtniskirche in Berlin sind vielen ein Begriff – aber nicht alle wissen, dass sie im Stadtteil Charlottenburg-Wilmersdorf liegen, der mit Mannheim eine Städtepartnerschaft pflegt. Eine Städtepartnerschaft, die deutsch-deutsch ist, gibt es nicht so häufig. Anders als bei der ostdeutschen Stadt Riesa, ebenfalls Partnerstadt von Mannheim, liegt Charlottenburg-Wilmersdorf im alten Westteil von Berlin. "Ursprünglich wollte man mit der Partnerschaft politische Solidarität mit dem von dem ehemaligen Westdeutschland abgeschnittenen Westberlin zeigen”, erklärt Jana Garbrecht, Mitarbeiterin der Stadt Mannheim im Fachbereich Internationales, Integration und Protokoll. "Heute jedoch steht die Partnerschaft auf anderen Füßen. Es besteht ein beständiger Austausch auf politischer und bürgerlicher Ebene”, so Garbrecht weiter.
Die Kontakte zu Charlottenburg, der Teil Wilmersdorf wurde erst 2001 zugefügt, bestehen seit 1961. Sie entstanden durch verschiedene Kontakte von Jugendgruppen. Kurt Wegner, der damalige Bezirksbürgermeister von Charlottenburg regte an, den Stadtbezirk freundschaftlich mit Mannheim zu verbinden. Beide Gebiete sind ungefähr gleich groß. Ein erster offizieller Besuch der Mannheimer folgte ein Jahr später. Trotz der Tatsache, dass nie eine Urkunde unterzeichnet wurde, entwickelte sich die Partnerschaft bis in die 1970er-Jahre auf politischer und bürgerlicher Ebene.
Dann wurde es ruhiger, doch ab 2004 erhielt die Partnerschaft ein Revival, vor allem auf Verwaltungsebene, und die gemeinsamen Aktivitäten steigerten sich. "Zum Beispiel fand eine "Wander- und Schlemmerreise” statt, die Berliner Bürger durch Mannheim und Heidelberg führte”, berichtet Rüdiger Finke, Vorsitzender des Vereins für Städtepartnerschaften Mannheims. So konnten die Berliner ihre Partnerstadt besser kennenlernen. In den Folgejahren entstanden auch Austausche von Auszubildenden, Vereinskontakte und kulturelle Treffen. "Die Mannheimer nahmen ein paar Mal am Fest der Nationen teil, um gemeinsame Vielfalt zu feiern”, berichtet Jana Garbrecht. "In den letzten Jahren suchten beide Städte Gemeinsamkeiten, um sich inhaltlich auszutauschen.”
Die Vielfalt ist auf jeden Fall ein Punkt, der beide Städte auszeichnet: Integration ist ein Stichwort seit 2014. Der Charlottenburger Integrationsausschuss und der Mannheimer Migrationsbeirat sind in Kontakt. 2015 fand ein Gespräch im Pangea-Haus statt, das als interkulturelles Zentrum Heim für gemeinnützige Vereine bietet. Beide Gremien tauschen sich aus, vor allem auch in Bezug auf die Flüchtlingshilfe.
2016 wurden in Charlottenburg-Wilmersdorf zwölf Menschen getötet und 70 verletzt, als der Terrorist Anis Amri mit einem Lastwagen in den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz raste. In Mannheim wurde Trauerbeflaggung angeordnet und auch ein Jahr später dem Unglück durch eine Schweigeminute gedacht. "Gerade in traurigen Momenten möchte Mannheim als Partnerstadt mitfühlen und Solidarität zeigen”, betont Jana Garbrecht.
Die Partnerstädte diskutieren auch derzeit intensiv, wie sie die Akzeptanz der Vielfalt verbessern können. Das gilt nicht nur für Migranten, sondern auch für die Lesbische, Schwule, Bisexuelle, Transgeschlechtliche und Intergeschlechtliche, kurz die LSBTI-Gemeinde. Der Berliner Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann ist mit einem Mann verheiratet und regte mit dem LSBTI-Beauftragten in Mannheim einen Austausch an, bei dem nicht nur LSBTI, sondern auch Alter und Pflege ein denkbares Feld der Zusammenarbeit sein können. Nachhaltigkeit ist ein weiteres Thema. Zudem ist eine Kooperation für Start ups geplant – eine besondere Erweiterung, um eine aufstrebende Partnerschaft voller Gemeinsamkeiten noch vielfältiger zu gestalten.