Symbolfoto: Jan-Philipp Strobel/dpa
Von Heike Warlich-Zink
Mannheim. Vom Ehemann und Kindsvater verprügelt, vergewaltigt oder psychisch gequält, von der Familie zur Heirat gezwungen: Gewalt gegen Frauen hat viele Gesichter. Betroffene finden in ihrer Not Zuflucht und Schutz im Frauenhaus.
Oft dauert es lange, bis die Frauen diesen Schritt überhaupt wagen. Zu groß ist die Angst. Zu sehr sind sie in der Familienstruktur und der Gewaltspirale gefangen. Sind sie jedoch im Frauenhaus angekommen, dann erhalten sie dort neben Sicherheit und Unterkunft die notwendige Unterstützung für einen Neuanfang. Ein Neuanfang, zu dem auch eigene vier Wände gehören. Doch bezahlbaren Wohnraum zu finden, ist schwer. Daher hat das Heckertstift in Mannheim eine Kampagne gestartet, um potenzielle Wohnraumanbieter anzusprechen und ein Netzwerk von Vermietern aufzubauen.
"Wir suchen eine Wohnung" und "Wir packen das", ist auf den Plakaten zu lesen, die das Frauen- und Kinderschutzhaus der Caritas in Mannheim platziert hat. Begleitet wird die Aktion von Flyern, Postkarten und einem Video. "Unsere Frauen sind tolle Mieterinnen", sagt Heckertstift-Leiterin Ruth Syren. "Sie hhaben Gewalt überwunden und sind gestärkt aus einer schwierigen Situation herausgegangen. Sie sind bereit, den Neuanfang zu wagen." Die Frauenhausleiterin nennt dazu Zahlen. Demnach zieht etwa ein Drittel der aufgenommen Frauen in eine eigene Wohnung oder kehrt durch eine Wohnungsüberlassung in die eheliche Wohnung ohne den Gewalttäter zurück. Ein weiteres Drittel kommt bei Freunden unter oder zieht in ein anderes Frauenhaus oder eine soziale Einrichtung. Etwa ein Drittel kehrt in die von Gewalt geprägte Situation zurück.
"Der Einzug in ein Frauenhaus bedeutet nicht in jedem Fall auch eine dauerhafte Trennung vom Gewalttäter. Zum Teil gibt es großen Druck aus der Familie", weiß Syren. Fragen wie "Wovon sollen wir leben? Wo wohnen? Schaffen wir es allein?", beschäftigen die Frauen. Wenn diese Existenzängste mit einer erfolglosen Wohnungssuche einhergehen, kann die Frauen auch der Mut verlassen. "Oft dauert es Monate, bis wir eine Wohnung gefunden wird", berichtet die Heckerstift-Leiterin. So bleiben die Frauen länger als notwendig in der Einrichtung und belegen die Plätze, die dringend für andere von Gewalt betroffene Frauen benötigt würden.
"Mit unserer Kampagne schaffen wir keinen neuen Wohnraum, aber wir wollen dafür sensibilisieren, dass unser Frauen, alleinerziehende Mütter und ihre Kinder eine Chance erhalten, auf dem heiß umkämpften Wohnungsmarkt berücksichtigt zu werden", erklärt Ruth Syren. Gesucht werden Wohnungen für Frauen, die aus Mannheim kommen oder die in Mannheim gut angekommen sind. Frauen, die eine Arbeit oder einen Ausbildungsplatz gefunden haben, und deren Kinder in Kindertageseinrichtungen betreut werden. Die Suche ist deshalb auf die Quadratestadt beschränkt, weil laut Ruth Syren ein Wohnortwechsel keinen Sinn macht. "Die Frauen würden unter Umständen alles verlieren, was sie sich in der Kürze des Frauenhausaufenthaltes aufgebaut haben".
Die Kampagne ist Teil des neuen Heckertstift-Projekts "Step 2 im Quadrat", das vom baden-württembergischen Ministerium für Soziales und Integration ein Jahr finanziell gefördert wird. Ein weiterer Projektbaustein ist die Unterstützung durch eine zusätzlich eingestellte Sozialarbeiterin. Ines Schramm begleitet die Frauen zu Besichtigungsterminen, unterstützt beim Möbelkauf und Einrichten. Sie hilft beim Einleben, indem sie beispielsweise eine Kinderbetreuung organisiert. Sie besucht die Frauen in ihren neuen vier Wänden und ist Ansprechpartnerin bei Problemen. Der Caritasverband will zudem eine Immobilienkauffrau einstellen, die besondere Expertise für die Wohnungssuche mitbringt.
Info: Wer Wohnung in Mannheim anbieten möchte, kann sich unter Telefon 0621/41 10 68 oder per Email an heckertstift@caritas-mannheim.de melden.