Die Bäume auf und am Rheindamm gefährden dessen Stabilität, argumentieren die Planer der Sanierung. Foto: Gerold
Von Olivia Kaiser
Mannheim. Er ist schon längst fällig, jetzt könnte er tatsächlich kommen: der Planfeststellungsantrag für die Rheindammsanierung. Das zuständige Regierungspräsidium (RP) Karlsruhe will ihn noch in diesem Quartal bei der Stadt Mannheim als Unterer Wasserbehörde einreichen. Das hätte eigentlich bereits im Herbst 2020 der Fall sein sollen, doch die Abstimmung verzögerte sich auch aufgrund der Corona-Pandemie.
Ins erste Quartal fällt aber auch die Landtagswahl am 14. März. Deshalb fordert der SPD-Landtagsabgeordnete Boris Weirauch jetzt, mit dem Genehmigungsverfahren bis nach der Wahl zu warten. "Die Landesregierung hat es zwei Jahre lang nicht geschafft, ihre Rheindamm-Pläne zu einem Abschluss zu bringen, da kommt es auf drei Monate nicht mehr an. Eine neue Landesregierung sollte nicht vor vollendete Tatsachen gestellt werden", begründet Weirauch seine Forderung nach einem Moratorium.
Die geplante Sanierung des Rheindamms zwischen Lindenhof und Neckarau wird seit Jahren kontrovers und emotional diskutiert. Einzelne Bürger, Kommunalpolitiker und mehrere Bürgerinitiativen haben immer wieder Briefe an Ministerpräsident Winfried Kretschmann, Landesumweltminister Franz Untersteller und Oberbürgermeister Peter Kurz geschrieben. Darin bekräftigen sie, dass es nicht die Hochwasserschutzmaßnahme an sich ist, die sie kritisieren, sondern die Art der Durchführung, bei der mehr als 1000 Bäume gefällt werden müssen. Viele Mannheimer fürchten die Vernichtung des Waldparks, einem der beliebtesten Naherholungsgebiete der Stadt. Deshalb setzen sie sich für durchgängige Spundwände ein, sodass weniger Bäume weichen müssen.
Der über 100 Jahre alte Damm soll auf einer Strecke von 3,7 Kilometern mit Spundwänden und in Erdbauweise ertüchtigt werden. Die Bäume auf dem Damm und in unmittelbarer Nähe müssen gefällt werden, um einen jeweils zehn Meter breiten baumfreien Korridor zu schaffen. Es soll ein Dammverteidigungsweg entstehen, auf dem große Fahrzeuge fahren können. Die Wurzeln der Bäume könnten den Damm bei Hochwasser destabilisieren und Risse verursachen. Zudem könnten umgestürzte Bäume die Rettungskräfte bei der Dammverteidigung massiv behindern, so die Argumente des RP. Um wie viele Bäume es sich genau handelt, ist noch nicht bekannt. Das RP spricht von einer Gesamtfläche von sieben Hektar.
Einen Teilerfolg konnten Baumschützer für sich verbuchen, als das RP im Sommer 2019 bekannt gab, dass man in einem Abschnitt, der vorher in Erdbauweise saniert werden sollte, nun doch auf Spundwände zurückgreife. Das RP erklärt, dass nicht durchgängig Spundwände gesetzt werden können, weil aufgrund der nahen Wohnbebauung nicht überall genug Platz sei. Eine Machbarkeitsstudie, welche die Bürgerinteressengemeinschaft (BIG) Lindenhof in Auftrag gegeben hat, besagt, dass dies durchaus möglich sei.
Boris Weirauch hat sich deshalb an Winfried Kretschmann gewandt und sich für eine durchgängige Spundwand stark gemacht. Er warnt zudem, dass "ein solcher Kahlschlag" den Charakter des Waldparks gravierend und unwiederbringlich verändern würde. "Der Baum- und Pflanzenbestand trägt als klima-ökologischer Ausgleichsraum einen wesentlichen Beitrag, insbesondere in heißen Sommermonaten, zur Abkühlung der angrenzenden Stadtteile bei. Bei Umsetzung der Pläne der Landesregierung wäre dieser Ausgleichsmechanismus in hohem Maße gefährdet."
Allerdings hätten die BIG und viele Anwohner den Eindruck, beim verantwortlichen Landesumweltminister mit ihrem Anliegen kein Gehör zu finden, moniert Weirauch: "In einem Antwortbrief an die Bezirksbeiräte der betroffenen Stadtteile ist der Umweltminister mit keinem Wort auf die oben genannten Argumente für eine naturschonende Dammertüchtigung mittels einer Hochwasserschutzwand eingegangen. Auch ein gemeinsames Gespräch, das ich als zuständiger Wahlkreisabgeordneter zu vermitteln versucht habe, wurde abgelehnt."
Eine Antwort bekam der SPD-Landtagsabgeordnete jetzt von Staatsministerin Theresa Schopper. Sie schreibt, dass die Dammsanierung auf Grundlage der allgemein anerkannten Regeln der Technik geplant worden sei. "Die Gehölzfreiheit und die Anlage von sicheren Dammwegen", seien erforderlich. Die Auffassung der BIG und deren Machbarkeitsuntersuchungen hätten bei den Planungen Berücksichtigung gefunden.
Vor dem Hintergrund der besonderen Gefährdung von Mannheim sei es das Ziel, auch bei extremen Hochwasserereignissen die Befahrung und Verteidigung des Damms jederzeit gewährleisten zu können. "Bei der alternativen Spundwand-Lösung der BIG, bei der mittels einer selbsttragenden und durchgängigen Spundwand der vorhandene Damm unter Beibehaltung des Baumbestands stabilisiert wird, kann dies so nicht gewährleistet werden", so Schopper.