Wer etwas zu essen bekommen will, wie hier auf dem Waldhof, muss sich vorher angemeldet haben. Foto: Gerold
Von Volker Endres
"Keine Kindervesperkirche ist keine Alternative": Unter dieser Vorgabe bittet Stadtjugendreferentin Svenja Hauseur in der Vorweihnachtszeit wieder zu Tisch. Verteilt auf die Standorte in den Stadtteilen Waldhof und Rheinau erhalten Kinder auch im Corona-Jahr ein warmes Mittagessen sowie ein Spiel- und Bastelangebot. Je nach Betrachtungsweise ist es entweder die kleinste oder die größte Ausgabe der Kindervesperkirche, die diese Woche zu Ende geht.
Die Organisatorin ist so etwas wie eine Türsteherin. "Die Kinder mussten sich vorher an ihrer Schule für das Mittagessen anmelden", erklärt Hauseur, die ihre Anwesenheitsliste fest in den Händen hält und die eintreffenden Kinder einzeln abhakt. "In diesem Jahr sind allerdings keine außerschulischen Aktivitäten erlaubt." Deshalb trudeln die Schüler nicht im Klassenverbund, sondern allein, zu zweit oder auch mal zu dritt ein. Insgesamt sind es deutlich weniger als sonst. "Normalerweise haben wir hier täglich bis zu 140 Kinder. Für heute haben sich 14 angemeldet."
Die erhalten alle eine Kurzeinweisung. "Ihr könnt eure Sachen mit auf den Platz nehmen. Dann holt ihr euch vorne bei der Maja etwas zu essen, und danach geht ihr an die anderen Tische. Am einen wird gebastelt und am anderen gemalt", ruft Hauseur den Gästen zu. Im Altarraum hat das Spielmobil sein Quartier aufgeschlagen. Alles läuft natürlich in deutlich kleinerem Rahmen als in den Vorjahren ab. Und: Außerhalb des Mittagessens muss überall ein Mund-Nasen-Schutz getragen werden.
Denn: "Auch die Engel tragen Maske", heißt es unmissverständlich auf einem Hinweisschild im Kirchenschiff auf dem Waldhof. Dass die Kinder oft gemeinsam am Tisch essen und spielen, ist hingegen kein Problem. "Die sitzen ja auch in der Schule nebeneinander", erklärt Hauseur. Für die Schüler, die an diesem Tag am Standort Waldhof einlaufen, ist das schon Routine. "Viele kommen sowieso zu unserem Mittwochstisch, den wir das ganze Jahr über anbieten", sagt Hauseur. Und wer sich nicht angemeldet hat? "Der kann leider an diesem Tag nicht mitessen. So sehr mir das auch selbst wehtut."
Die Corona-Bestimmungen lassen da keine Ausnahme zu. Dafür greift hier in diesem Jahr eine andere Ausnahme: "Mit Hilfe unserer Partner haben wir 3600 Lunchpakete gepackt. Kein Kind wird hungrig weggeschickt." Diese Lunchpakete sind es auch, die aus der stark eingeschränkten lokalen Kindervesperkirche in diesem Jahr die größte ihrer Art machen.
"In einem normalen Jahr erreichen wir an zehn Veranstaltungstagen 1400 Kinder. In diesem Jahr verteilen wir allein 3600 Lunchpakete. Wir erreichen also 4000 Kinder", rechnet Hauseur vor. Die Pakete werden in den Schulen an Kinder verteilt, die in diesem Jahr nicht zur Kirche selbst kommen können. In Rheinau ist die Aktion auf die Grundschule beschränkt, und auf dem Waldhof wurden die Einladungszettel ausschließlich an die umliegenden Schulen verteilt. "Damit niemand mit dem öffentlichen Nahverkehr hierher kommen muss", erklärt Hauseur.
Dabei sind die neuen Lunchpakete der Kindervesperkirche richtige kleine Wundertüten. Denn neben der Nahrung und den gespendeten Alltagsmasken der Adler Mannheim ist darin alles enthalten, was die Kindervesperkirche ausmacht: etwas zum Basteln, zum Spielen und – ganz wichtig – der Text für das "Kindervesperkirchen-Lied". "Das gemeinsame Lied fehlt den Kindern am meisten", weiß Hauseur. Am Standort im Mannheimer Süden werden jeden Tag zwei Klassen der Rheinau-Grundschule verpflegt. Gebastelt wird in einem umgestalteten Klassenzimmer. Das Sagen hat Stadtjugendpfarrer Oliver Seel. "Gleich am ersten Tag kam ein Schüler zu mir und hat gesagt, dass das der schönste Schultag war", erzählt er.
Vor allem das gemeinsame Mittagessen habe viele Kinder beeindruckt, ergänzt Schulleiterin Twelia Wittmann: "Ein warmes gemeinschaftliches Essen kennen viele nicht von Zuhause. Es ist für sie deshalb sehr wichtig." Durch das Bastelangebot, bei dem Laternen gestaltet und Wachskerzen gezogen werden, nehmen die Grundschüler außerdem jeweils zwei Geschenke mit nach Hause.