Die elektrischen Lastenfahrräder sollen zunächst an Gewerbetreibende verliehen werden. Mit einem Fassungsvermögen zwischen 20 und 2000 Litern eignen sich die Kofferräder vor allem für kleinere Paketlieferungen. Foto: Dorn
Von Harald Berlinghof
Mannheim. Es kann 2,55 Meter breit, vier Meter hoch und mit Anhänger zwölf Meter lang sein. Das sind die gesetzlich vorgeschriebenen maximalen Abmessungen für Lastenfahrräder, die mit den sogenannten Pedelecs angetrieben werden. Pedelecs, das sind Fahrräder mit Elektroantrieb, die höchstens 25 km/h schnell sein dürfen.
Verkehrsrechtlich gilt das elektrische Lastenrad als Fahrrad, für das man keinen Führerschein braucht und keinen Helm tragen muss. Es hat kein Nummernschild, und eine Versicherung muss man dafür auch nicht abschließen. Und es darf trotz seiner Breite die Fahrradwege benutzen - wenn zumutbar. Auch auf dem Gehweg parken ist möglich, vorausgesetzt es bleibt genug Platz für die Fußgänger.
Eine solche Ausreizung der gesetzlich zulässigen Abmessungen für Lastenräder, wie sie Johannes Gruber vom Institut für Verkehrsforschung innerhalb des Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrums (DLR) in Mannheim vorstellt, gibt es derzeit noch nicht. Aber das Gerät, das da vor dem Mannheimer Start-Up-Zentrum C-Hub in der Hafenstraße zur Testfahrt bereitsteht, ist ebenfalls ein Pedelec. Es trägt einen gewaltigen Kasten vor der Lenkstange, der gut zwei Kubikmeter Inhalt fasst und der vor dem Fahrer auf einer ebenen Fläche mit zwei Rädern angebracht ist.
Die Sicht über den Kasten hinweg ist alles andere als gut. Doch angeblich gibt es dazu in Deutschland bislang keine klaren gesetzlichen Vorgaben. "Kann sein, dass die kommen, wenn erst einmal tausende dieser Räder im städtischen Straßenverkehr unterwegs sind", meint Dirk Bauer von der Berliner Firma Messenger Transport und Logistik.
Es soll sogar eine Variante geben, die Stauraum für zwei Euro-Paletten bietet. Allerdings war dieses Modell nicht dabei, als die Industrie und Handelskammer (IHK) Rhein-Neckar, die Stadt Mannheim und das DLR am Mittwoch vor Ort die neuen Lastenträger vorführten. Ansonsten war alles da, was die Lastenfahrradbranche zu bieten hat: Der "Long John" mit verlängertem Radstand nach vorne, der "Longtail" mit verlängertem Radstand nach hinten, die dreirädrigen Trikes und das High-Tech-Lastenrad mit speziellem Lenkmechanismus, der die beiden vorderen Räder beim Lenken einkippen lässt.
Das DLR-Projekt "Ich entlaste Städte" richtet sich an Unternehmen und öffentliche Institutionen, nicht an Privatleute. 150 Lastenräder mit 15 verschiedenen Modellen werden dabei vom DLR für eine Mietgebühr von einem Euro pro Tag verliehen. Eine Bewerbung für den Lastenradtest, der bis Mitte 2019 läuft, muss man schriftlich stellen. Bei dem Test dokumentieren die Teilnehmer ihre Alltagserfahrungen mit dem Transport von Lasten. Die Daten sollen später dabei helfen, herauszufinden, wo und für welchen Nutzen elektrische Lastenräder am besten eingesetzt werden können. In Mannheim nutzen bereits einige Gewerbetreibende Lastenräder. Auch die Stadt Mannheim selbst hat schon drei solcher Räder angeschafft, erklärte Baubürgermeister Lothar Quast zu Beginn der Vorführung. Unter den Veranstaltern war man sich einig, dass die Städte dringend eine Verkehrsentlastung benötigt. Jedes Fahrrad, das ein Auto ersetzt, sei dabei willkommen. Insbesondere der boomende Online-Handel mit dem Lieferservice bis an die Haustür hat das Problem verschärft. Doch gerade hier werden oft nur Kleinpakete in geringen Mengen ausgeliefert. Das Lastenrad mit einem Fassungsvermögen zwischen 20 und 2000 Litern, scheint dafür wie geschaffen.
Für die Anschaffung solcher Lastenräder im Geschäftsleben gibt es Zuschüsse von Land und Bund - die Summen sind nicht unerheblich. Die Stadt Mannheim hat indes beschlossen, dass es am 16. Juni bei "Monnem Bike" keine Bratwurststände geben wird. Vielmehr soll die kulinarische Versorgung der Besucher nun mit Lastenrädern erfolgen.
In diesem Zusammenhang ist auch zu diskutieren, ob sich mit solchen Lastenrädern nicht auch neue Möglichkeiten für die Belieferung von Geschäften in Fußgängerzonen ergeben. Statt eines Lieferzeitraums von wenigen Stunden am Vormittag mit Kleintransportern könnte eine ganztägige Belieferung mit Lastenfahrrädern den Bedürfnissen der Ladenbesitzer entgegenkommen. Was die Fußgänger in den Einkaufsmeilen dazu zu sagen haben, wird die Praxis zeigen.
Info: Bewerbungen für den Lastenradtest werden unter www.lastenradtest.de eingereicht.